|
|
|
II. Die Revision führt zwar aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der Senat entscheidet aufgrund seiner Befugnis aus § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der Sache selbst und weist die Klage auf der Grundlage der fortgeltenden finanzgerichtlichen Feststellungen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 12. September 2007 VIII R 38/04, BFH/NV 2008, 37, m.w.N.) als unbegründet ab. Die streitigen Umsätze sind einheitliche sonstige Leistungen und im Inland mit dem Regelsteuersatz steuerbar (§ 3 Abs. 9 Satz 1 i.V.m. § 3a Abs. 1, § 12 Abs. 1 UStG). |
|
|
1. Das FG hat über den angefochtenen Umsatzsteuerbescheid vom 17. Juli 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. August 2003 entschieden. An die Stelle dieses Bescheids traten während des Revisionsverfahrens die Änderungsbescheide vom 24. April 2006 und vom 17. Juli 2006. Damit liegt dem FG-Urteil ein in seiner Wirkung suspendierter Bescheid zugrunde mit der Folge, dass auch das FG-Urteil insoweit keinen Bestand mehr haben kann (vgl. BFH-Urteile vom 6. Dezember 2007 V R 61/05, BFHE 221, 55, BStBl II 2008, 695; in BFH/NV 2008, 37; vom 13. Dezember 2006 VIII R 62/04, BFHE 216, 199, BStBl II 2007, 568, und vom 28. August 2003 IV R 20/02, BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10). |
|
|
Die Änderungsbescheide vom 24. April 2006 und vom 17. Juli 2006 wurden nach § 68 Satz 1 i.V.m. § 121 Satz 1 FGO Gegenstand des Revisionsverfahrens (vgl. BFH-Urteil in BFHE 221, 55, BStBl II 2008, 695). Da sich hinsichtlich der streitigen Punkte durch diese Bescheide keine Änderungen ergeben haben und die Klägerin auch keinen weitergehenden Antrag gestellt hat, bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache gemäß § 127 FGO. Das finanzgerichtliche Verfahren leidet nicht an einem Verfahrensmangel, sodass die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen durch die Aufhebung des Urteils nicht weggefallen sind; sie bilden nach wie vor die Grundlage für die Entscheidung des Senats (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2008, 37, m.w.N.). |
|
|
Die Verschmelzung der ursprünglichen Klägerin, der S-GmbH, auf die K-GmbH führte zur Gesamtrechtsnachfolge (vgl. BFH-Urteil vom 9. August 2007 V R 27/04, BFHE 217, 314) und damit zum gesetzlichen Beteiligtenwechsel (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Umwandlungsgesetzes). Die K-GmbH ist daher an Stelle der S-GmbH nunmehr als Klägerin beteiligt. |
|
|
2. Die Mailingaktionen der S-GmbH sind vom FG zu Recht als jeweils einheitliche Leistung beurteilt worden. |
|
|
a) Für die Annahme einer einheitlichen Leistung sind im Wesentlichen die folgenden gemeinschaftsrechtlich geklärten Grundsätze zu berücksichtigen (vgl. z.B. Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften –EuGH– vom 25. Februar 1999 Rs. C-349/96 –CPP–, Slg. 1999, I-973, Umsatzsteuer-Rundschau –UR– 1999, 254, Randnrn. 28 ff., und vom 27. Oktober 2005 Rs. C-41/04 –Levob Verzekeringen und OV Bank–, Slg. 2005, I-9433, BFH/NV Beilage 2006, 38, Randnrn. 19 ff.; BFH-Urteile vom 9. Juni 2005 V R 50/02, BFHE 210, 182, BStBl II 2006, 98; vom 6. Dezember 2007 V R 66/05, BFHE 221, 60, BStBl II 2008, 638, und vom 24. Januar 2008 V R 12/05, BFHE 221, 310, BStBl II 2009, 60, m.w.N.): Zum einen ist jede Leistung in der Regel als eigene, selbständige Leistung zu betrachten, zum anderen darf eine wirtschaftlich einheitliche Leistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Daher ist das Wesen bzw. sind die charakteristischen Merkmale des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Steuerpflichtige dem Verbraucher mehrere selbständige Hauptleistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt. Dabei ist auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen. |
|
|
Tragen mehrere, untereinander gleich zu wertende Faktoren zur Erreichung eines Zieles bei und gehören sie aus diesem Grunde zusammen, so ist die Annahme einer einheitlichen Leistung nur gerechtfertigt, wenn die einzelnen Faktoren so ineinander greifen, dass sie bei natürlicher Betrachtung hinter dem Ganzen zurücktreten (vgl. BFH-Urteil vom 15. September 1994 XI R 51/91, BFH/NV 1995, 553; BFH-Beschluss vom 18. Dezember 1980 V B 24/80, BFHE 132, 147, BStBl II 1981, 197). Nach dem EuGH-Urteil in Slg. 2005, I-9433, BFH/NV Beilage 2006, 38 (Levob Verzekeringen und OV Bank) ist bei einem Umsatz, der ein Leistungsbündel darstellt, eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, um zu bestimmen, ob zwei oder mehrere getrennte Leistungen vorliegen oder eine einheitliche Leistung und ob im letztgenannten Fall diese einheitliche Leistung als Dienstleistung einzustufen ist. |
|
|
b) Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG ist im Streitfall bei der jeweiligen Mailingaktion von einer einheitlichen Leistung auszugehen. Aus der maßgeblichen Sicht des Durchschnittsverbrauchers bot die S-GmbH ein Leistungsbündel an, in dem die einzelnen Leistungen aufeinander abgestimmt waren, um die Spendenbereitschaft der Adressaten der Spendenbriefe zu wecken. Dadurch, dass die S-GmbH anhand der Kennziffern auf den Überweisungsträgern die Spender feststellen konnte, war sie in der Lage, gezielt erneute Spendenbriefe als sog. Housemailings nur an diejenigen Adressaten zu versenden (Nachfassaktion), die bereits auf frühere Mailings der jeweiligen Organisation reagiert hatten. Grundlage hierfür war aber die erstmalige Beschaffung der Adressen geeigneter potentieller Spender von den Listeneignern durch die S-GmbH. Die Leistungen der S-GmbH bauten somit aufeinander auf und gingen über die schlichte Herstellung und Versendung der Informationsschriften bzw. Mailings hinaus, wobei die einzelnen Leistungen jeweils ineinander griffen. Eine Herauslösung etwa der Beschaffung der Adressenlisten aus dem von der S-GmbH geschuldeten Leistungsbündel erschiene danach künstlich. Das wird im Revisionsverfahren von der Klägerin auch zu Recht nicht mehr in Frage gestellt. |
|
|
3. Die jeweiligen Mailingaktionen der S-GmbH sind einheitliche sonstige Leistungen und keine steuerbegünstigten Lieferungen von Druckwerken (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 49 der Anlage zum UStG). |
|
|
a) Gemäß § 3 Abs. 1 UStG sind Lieferungen eines Unternehmers Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht). Sonstige Leistungen sind gemäß § 3 Abs. 9 UStG Leistungen, die keine Lieferungen sind. |
|
|
Ob bei einer einheitlichen Leistung, die sowohl Lieferungselemente als auch Elemente sonstiger Leistungen aufweist, der Umsatz als Lieferung von Gegenständen oder als Dienstleistung (sonstige Leistung) zu beurteilen ist, richtet sich im Wesentlichen nach folgenden gemeinschaftsrechtlich geklärten Grundsätzen: Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ist das Wesen des Vorgangs zu ermitteln; maßgebend ist die Sicht des Durchschnittsverbrauchers (vgl. EuGH-Urteile in Slg. 1999, I-973, UR 1999, 254, Randnr. 28; vom 17. Mai 2001 Rs. C-322/99 und C-323/99 –Fischer und Brandenstein–, Slg. 2001, I-4049, BFH/NV Beilage 2001, 177, Randnr. 62, und in Slg. 2005, I-9433, BFH/NV Beilage 2006, 38; BFH-Urteile vom 9. Oktober 2002 V R 5/02, BFHE 200, 135, BStBl II 2004, 470, und in BFHE 210, 182, BStBl II 2006, 98). Wenn die Lieferungen nur einen Teil des Umsatzes darstellen, die Dienstleistungen aber qualitativ überwiegen, ist der Umsatz als Dienstleistung zu beurteilen (vgl. EuGH-Urteile in Slg. 2001, I-4049, BFH/NV Beilage 2001, 177, Randnr. 62; vom 2. Mai 1996 Rs. C-231/94 –Faaborg-Gelting Linien–, Slg. 1996, I-2395, BStBl II 1998, 282, Randnr. 14; BFH-Urteil vom 18. Dezember 2008 V R 55/06, BFHE 223, 539). |
|
|
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen stellt sich bei einer Gesamtbetrachtung der von der S-GmbH entfalteten komplexen Tätigkeit die jeweilige Mailingaktion ihrem gesamten Wesen und ihrer Zielsetzung nach als einheitliche sonstige Leistung dar. |
|
|
Bei einer qualitativen Abwägung zwischen den Lieferelementen und den Leistungselementen überwiegen die Dienstleistungselemente. Denn der wirtschaftliche Gehalt des Umsatzes liegt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht in der Zuwendung eines in den Werbebriefen verkörperten Sachwerts und dem Bedrucken von Papier durch die damit beauftragten Druckereien (Lieferung), sondern darin, durch ein abgestuftes und aufeinander abgestimmtes Vorgehen möglichst gezielt geeignete potentielle Spender der jeweiligen Organisationen anzusprechen und ein möglichst hohes Spendenaufkommen zu erreichen. Unter den Einzelleistungen überwiegen diejenigen mit Dienstleistungscharakter, nämlich die Anmietung der Adressenlisten "spendenaffiner" Personen, die Erfolgskontrolle anhand der Spendeneingänge zur Optimierung weiterer Aktionen und die der Durchführung zugrunde liegende Gesamtkonzeption; der Lieferung der Informationsschriften allein ist im Vergleich hierzu kein vergleichbares Gewicht beizumessen. Dass die Informationsschriften einen für die Gesamtleistung notwendigen Teil darstellen, ändert insoweit nichts, denn dies gilt gleichermaßen für die Anmietung der Adressen und die nachträgliche Erfolgskontrolle. |
|
|
c) Gemäß § 3a Abs. 1 UStG wurden die streitigen Dienstleistungen an dem Ort ausgeführt, von dem aus die S-GmbH ihr Unternehmen betrieben hat. Sie sind somit im Inland steuerbar und steuerpflichtig. Dass sich der Leistungsort im Streitfall aufgrund von Sonderregelungen –etwa des § 3a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3a Abs. 4 UStG– nicht nach § 3a Abs. 1 UStG bestimmt, ist weder vorgetragen noch anhand der Feststellungen des FG ersichtlich. |
|
|
4. Das Vorbringen, das FG habe es versäumt, Beweis zu erheben über die "Tatsachenfrage", ob die S-GmbH "Komplettdienstleistungen im Bereich des Spendenmarketings" erbrachte, ist nicht geeignet, einen Verfahrensmangel des FG darzulegen. Die Frage, ob es sich im Streitfall um "Komplettdienstleistungen im Bereich des Spendenmarketings" handelt, ist anhand der einzelnen vom FG festgestellten Teilelemente des Leistungsprogramms der S-GmbH und der sonstigen Begleitumstände zu beurteilen. Welche konkreten Sachverhalte noch weiterer Aufklärung bedurften und was dazu zu veranlassen gewesen wäre, hat die Klägerin nicht dargetan. Sie trägt insoweit lediglich vor, die Herstellung und der Versand der Informationsschriften seien das Ziel gewesen und die anderen Tätigkeiten lediglich das Mittel zu diesem Zweck. Damit gibt sie aber nur ihre Wertung des Sachverhalts wieder und benennt keine Tatsachen, die zusätzlich zu den Feststellungen des FG konkret zu beweisen wären. Im Grunde wendet sie sich gegen die rechtliche Wertung ihrer Leistungen als Dienstleistungen und nicht als Lieferungen. Dies ist aber keine Tat- sondern eine Rechtsfrage. |
|
|
5. Aus den von der Klägerin vorgelegten unverbindlichen Zolltarifauskünften, in denen die Mailings zolltariflich als steuerbegünstigte Lieferungen klassifiziert wurden, folgt nicht, dass die Leistungen der S-GmbH dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Ausgangspunkt für die Bestimmung des Steuersatzes ist zunächst die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung, ob eine Lieferung oder sonstige Leistung vorliegt. Erst wenn geklärt ist, dass die Lieferung eines Gegenstands vorliegt, kann geprüft werden, ob der Gegenstand unter eine Nummer der Liste der dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Gegenstände fällt (vgl. Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, § 141 Rz 116 und 121). Da die S-GmbH im Streitfall sonstige Leistungen erbracht und es somit bereits an der Lieferung eines Gegenstands gefehlt hat, kommt der zollrechtlichen Tarifierung keine Bedeutung zu. |
|
|
6. Die Revision hat auch mit ihrem Hilfsantrag keinen Erfolg. Der Auffassung, die jeweils erbrachte Leistung sei entsprechend dem Urteil des FG Köln in EFG 2003, 810 als zwei (selbständige) –unterschiedlichen Steuersätzen unterliegende– Hauptleistungen zu beurteilen (25 % der Umsätze für die Adressengestellung und die restlichen 75 % für die Informationsschriften), ist aus dem unter II.2. angeführten Gründen nicht zu folgen. |
|