|
II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat zu Unrecht die vom Kläger aufgewandten Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd berücksichtigt. |
|
|
1. Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt (§ 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes –EStG–). Gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 29. September 1989 III R 129/86, BFHE 158, 380, BStBl II 1990, 418, und vom 26. Juni 2014 VI R 51/13, BFHE 246, 326, BStBl II 2015, 9). |
|
|
2. Bei den Kosten eines Zivilprozesses sprach nach der langjährigen Rechtsprechung des BFH eine Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit (Senatsurteil vom 22. August 1958 VI 148/57 U, BFHE 67, 379, BStBl III 1958, 419; BFH-Urteile vom 18. Juli 1986 III R 178/80, BFHE 147, 171, BStBl II 1986, 745; vom 9. Mai 1996 III R 224/94, BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596; vom 4. Dezember 2001 III R 31/00, BFHE 198, 94, BStBl II 2002, 382; vom 18. März 2004 III R 24/03, BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und vom 27. August 2008 III R 50/06, BFH/NV 2009, 553). Solche Kosten wurden nur als zwangsläufig erachtet, wenn auch das die Zahlungsverpflichtung oder den Zahlungsanspruch adäquat verursachende Ereignis zwangsläufig war (BFH-Urteil in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596). Daran fehlte es nach der Rechtsprechung des BFH im Allgemeinen bei einem Zivilprozess (BFH-Urteile in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und in BFH/NV 2009, 553). Als zwangsläufige Aufwendungen erkannte die Rechtsprechung Zivilprozesskosten nur an, wenn der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührte. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, könne er trotz unsicherer Erfolgsaussichten gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen (BFH-Urteile in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596, und in BFH/NV 2009, 553). |
|
|
Dagegen nahm der Senat in seiner Entscheidung in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 die Unausweichlichkeit von Zivilprozesskosten unter der Voraussetzung an, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg biete und nicht mutwillig erscheine. Diese Auffassung hat auch das FG dem angefochtenen Urteil zugrunde gelegt. |
|
|
Der Senat hält an seiner in dem Urteil in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 vertretenen Auffassung allerdings nicht mehr fest. Wie er in seinem Urteil vom 18. Juni 2015 VI R 17/14 (BFHE 250, 153, BStBl II 2015, 800) entschieden hat, kehrt er unter Aufgabe seiner in dem Urteil in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 vertretenen Ansicht zu der früheren Rechtsprechung des BFH zur Abziehbarkeit der Kosten eines Zivilprozesses als außergewöhnliche Belastung zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf das Senatsurteil in BFHE 250, 153, BStBl II 2015, 800 Bezug genommen. |
|
|
3. Nach diesen Maßstäben ist auch im Streitfall zu prüfen, ob die geltend gemachten Kosten für die zivilprozessuale Auseinandersetzung als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind. Zivilprozesskosten sind demnach nur insoweit abziehbar, als der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, kann der Steuerpflichtige auch bei unsicheren Erfolgsaussichten aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen, so dass die Prozesskosten zwangsläufig i.S. von § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen. |
|
|
a) Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung hat daher keinen Bestand. |
|
|
b) Der Senat kann auf Grundlage der vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen auch in der Sache selbst entscheiden. Die vom Kläger getragenen Prozesskosten sind danach nicht als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd zu berücksichtigen. Die vom Kläger geltend gemachte Vollstreckungsabwehrklage betraf vermeintliche Abwehransprüche aus vom Kläger abgeschlossenen Rechtsgeschäften, dem Grundstückskaufvertrag und dem damit verbundenen Darlehensvertrag. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der freiwillige Abschluss der Verträge durch den Kläger ursächlich für die daraus entstandenen und vom Kläger bestrittenen Zahlungsverpflichtungen gewesen war, so dass es grundsätzlich schon deshalb an der Zwangsläufigkeit der entstandenen Aufwendungen fehlt. Nach einem Vertragsabschluss zu einem Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang führende Unklarheiten über das Bestehen und die Reichweite der vertraglichen Ansprüche kann der Steuerpflichtige im Allgemeinen durch eine entsprechende Gestaltung seiner Rechtsbeziehungen von vornherein ausschließen, indem er seine vertraglichen Rechte und Pflichten ausreichend klar und eindeutig regelt. Hat er das versäumt und lässt er sich dennoch auf einen Rechtsstreit ein, kann sich der Steuerpflichtige auf die Zwangsläufigkeit der ihm daraus entstehenden Aufwendungen nicht berufen. Denn diese Aufwendungen sind dann letztlich darauf zurückzuführen, dass er die Vereinbarungen nicht so getroffen hat, dass die dadurch begründeten Ansprüche und Verpflichtungen zuverlässig zu ermitteln sind (BFH-Urteil in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596). |
|
|
Im hier gegebenen Streitfall sind schließlich auch keine existenziell wichtigen Bereiche oder der Kernbereich menschlichen Lebens betroffen. Denn zu diesen Bereichen kann zwar unter Umständen auch die Absicherung des existenziellen Wohnbedarfs eines Steuerpflichtigen zählen; solche liegen hier aber offenkundig nicht vor. Denn der Grundstückskauf diente nach den Feststellungen des FG der Einkünfteerzielung und Vermögensverwaltung in Form der mietweisen Überlassung der Wohnung. |
|
|
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. |
|