Finanzgericht Köln, 7 K 585/15
Die Klage wird abgewiesen.Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten über die Freistellung des Arbeitslohns der Klägerin nach § 34 c Abs. 5 EStG i.V.m. dem Auslandstätigkeitserlass (ATE).
3Die Klägerin war vom 12.04.2009 bis zum 31.10.2012 bei der Entwicklungshilfegesellschaft A mbH (A mbH, im Folgenden: A) mit Sitz in K nichtselbstständig als Projektleiterin beschäftigt. Sie arbeitete aufgrund eines projektbefristeten Anstellungsvertrags im Rahmen der Micro Projects Programme in Afrika. Dabei handelte es sich um ein - ganz oder teilweise - mit EU-Mitteln (EUROPEAID/125800/D/SER/NG; 7. und 9. European Development Fund), jedenfalls nicht durch die BRD finanziertes Projekt. Wohnort und Lebensmittelpunkt der Klägerin waren in dieser Zeit E, Beschäftigungsort war W in Afrika.
4Einem Antrag des Arbeitgebers auf Freistellung des Arbeitslohns nach dem ATE für die Zeit vom 12.04.2009 bis 11.04.2011 war durch das Finanzamt K v. d. Höhe stattgegeben worden. Der Arbeitgeber hatte für die Streitjahre 2011 und 2012 keine Lohnsteuer von dem Arbeitslohn der Klägerin einbehalten und abgeführt.
5In Afrika war ebenfalls keine Versteuerung des Arbeitslohnes der Klägerin erfolgt.
6Auf den elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen der Klägerin sind steuerfreier Arbeitslohn nach ATE für 2011 i.H.v. 90.422 € und für 2012 i.H.v. 87.473 € sowie steuerfreie Arbeitgeberleistungen bei doppelter Haushaltsführung für 2011 i.H.v. 12.000 € und für 2012 i.H.v. 10.800 € ausgewiesen.
7Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung bei der A stellte das zuständige Finanzamt fest, dass die Finanzierung des Projektes nicht durch den Bund oder die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit, sondern durch die EU erfolgt war, und bat den Beklagten darum, den Arbeitslohn der Klägerin im Rahmen von Einkommensteuerveranlagungen der Besteuerung zu unterwerfen.
8Mit Bescheiden vom 13.02.2014 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2011 auf 26.961 € und die Einkommensteuer 2012 auf 24.600 € fest. Dabei berücksichtigte er die Bruttoarbeitslöhne der Klägerin vermindert um die dazu erklärten Werbungskosten i.H.v. 1.346 € für 2011 und i.H.v. 1.100 € für 2012 als steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit.
9Mit ihren Einsprüchen vom 05.03.2014 wies die Klägerin auf das EuGH-Urteil vom 28.02.2013 C-544/11 hin und beantragte die Steuerfreistellung ihres Arbeitslohns. Bei ihrer Tätigkeit habe es sich um die Mitarbeit in einem Projekt im Rahmen der Entwicklungshilfe gehandelt. Es könne nicht zu ihren Lasten gehen, dass die Projektförderung unter Beteiligung der EU erfolgt sei. Die Förderung von Entwicklungshilfeprojekten deutscher Unternehmen durch EU-Mittel könne nicht anders beurteilt werden als die Förderung aus deutschen Mitteln. Auch eine EU-gestützte Förderung eines inländischen Unternehmens diene letztendlich volkswirtschaftlichen Zwecken wie der Förderung der deutschen Außenwirtschaft und deren Konkurrenzfähigkeit sowie der Steigerung der Bereitschaft von Arbeitnehmern zu Auslandseinsätzen. Der ATE dürfe nicht wörtlich ausgelegt werden, ansonsten käme es zu einer höheren steuerlichen Belastung von Arbeitnehmern, die für Entwicklungshilfeprojekte tätig seien, die nicht unter die deutsche öffentliche Entwicklungshilfe fielen, gegenüber solchen Arbeitnehmern, die Tätigkeiten im Sinne der deutschen öffentlichen Entwicklungshilfe ausüben würden. An einer solchen Einschränkung des ATE auf Tätigkeiten, die allein die deutsche öffentliche Entwicklungshilfe beträfen, bestünden Zweifel im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht.
10Wenn also bereits der Fall der Nichtbegünstigung von Arbeitslohn eines Arbeitnehmers eines dänischen Unternehmens - wie in dem durch dem EuGH entschiedenen Fall - als ungerechtfertigt gewertet werde, müsse erst recht die Nichtbegünstigung von Arbeitslohn von Mitarbeitern aus EU Projekten inländischer Unternehmen als nicht gerechtfertigt angesehen werden. Es sei Zweck der EU, eine koordinierte Politik auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit zu fördern. Stelle sie die Mittel dafür bereit, sollten die damit in Verbindung stehenden Konsequenzen genauso gehandhabt werden wie bei einer Unterstützung aus inländischen Mitteln. Durch die Ungleichbehandlung und die damit verbundene höhere steuerliche Belastung werde das Arbeitsverhältnis für Mitarbeiter in EU-Projekten weniger attraktiv. Es käme zu einer Ungleichbehandlung zwischen den Mitarbeitern, die vergleichbare Tätigkeiten in EU-Projekten ausüben würden, und solchen, die ihre Tätigkeiten in Projekten der deutschen öffentlichen Entwicklungshilfe ausüben würden. Es bestehe kein Rechtfertigungsgrund für eine Ungleichbehandlung von Arbeitgebern in EU Projekten gegenüber Arbeitnehmern in Projekten der deutschen öffentlichen Entwicklungshilfe.
11Mit Entscheidung vom 10.02.2015 wies der Beklagte den Einspruch zurück mit der Begründung, dass bei einer Auslandstätigkeit im Zusammenhang mit der Entwicklungshilfe aus Mitteln der EU die Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit nach § 34c Abs. 5 EStG i.V.m. dem ATE nicht vorlägen. Die Inanspruchnahme der Steuerfreistellung setze das Vorliegen deutscher öffentlicher Entwicklungshilfe im Rahmen der technischen oder finanziellen Zusammenarbeit voraus. Dies erfordere, dass der Arbeitslohn im Rahmen einer Projektförderung mindestens zu 75 % durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung oder über die bundeseigene Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH getragen werde, was vorliegend unstreitig nicht der Fall sei. Das EuGH-Urteil in der Rechtssache C-544/11 habe nur insoweit Einfluss auf die Regelungen des ATE, als auch Arbeitnehmer von Arbeitgebern mit Sitz in den übrigen Mitgliedstaaten der EU oder des EWR bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen begünstigt seien.
12Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Steuerfreistellung des Arbeitslohns weiter.
13Ohne die Steuerbefreiung hätte für sie der Anreiz gefehlt, für die A in dem Krisenland Afrika tätig zu werden. Die Steuerfreiheit des Arbeitslohnes sei ihr zugesagt worden und Voraussetzung für das Zustandekommen des Anstellungsvertrages gewesen.
14Das EuGH-Urteil vom 28.2.2013 stelle nicht nur klar, dass die Anwendbarkeit des ATE nicht davon abhänge, ob es sich um ein in Deutschland oder einem anderen EU-Staat ansässiges Unternehmen handle. Es stelle indirekt auch fest, dass die Anwendbarkeit des ATE auch nicht davon abhänge, dass es sich um eine deutsche öffentliche Finanzierung handle, da auch dies gegen Europarecht verstoßen würde. Aus dem Urteil folge, dass die Natur der Finanzierung - deutsche öffentliche oder andere nationale öffentliche - für die Steuerfreiheit der Einkünfte nach ATE keine Rolle spiele. Es könne daher auch keine Rolle spielen, ob die Finanzierung national europäisch oder supranational europäisch sei. In dem Urteilsfall habe das im europäischen Ausland ansässige Arbeitgeber Unternehmen sicher keine deutsche öffentliche Finanzierung erhalten. Die Natur der Finanzierung sei daher für den EuGH ohne Bedeutung gewesen.
15Außerdem würden die das Projekt in Afrika finanzierenden europäischen Budgets aus deutschen Geldern gespeist.
16Die Klägerin beantragt,
17die Einkommensteuerbescheide 2011 und 2012 vom 13.02.2014 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 10.02.2015 ersatzlos aufzuheben,
18hilfsweise die Revision zuzulassen.
19Der Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Er verweist vollinhaltlich auf die Ausführungen in seiner Einspruchsentscheidung.
22Entscheidungsgründe
23I.
24Die zulässige Klage ist nicht begründet.
25Die angefochtenen Einkommensteuerfestsetzungen sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO).
26Der Beklagte hat die Einkünfte aus der nichtselbständigen Tätigkeit der Klägerin bei der A zutreffend der deutschen Einkommensbesteuerung unterworfen.
271.
28Die Klägerin war in den Streitjahren unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gem. § 1 Abs. 1 S. 1 EStG, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Denn sie hatte einen Wohnsitz in Deutschland.
29Die unbeschränkte Steuerpflicht erfasst sämtliche inländischen und ausländischen Einkünfte, somit auch die Einkünfte der Klägerin aus ihrer nichtselbständigen Tätigkeit i.S.v § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG bei der A in Afrika.
302.
31Eine Steuerfreistellung des von der Klägerin bezogenen Arbeitslohnes ist nicht bereits im Hinblick auf die Freistellungsbescheinigung des für den Arbeitgeber zuständigen Finanzamtes K v. d. Höhe geboten. Diese stellt keinen Grundlagenbescheid i.S.v. § 171 Abs. 10 AO dar, der für die Einkommensteuerfestsetzung der Klägerin bindend über die Steuerfreistellung des Arbeitslohnes entschieden hätte (vgl. FG Köln, Urteil vom 22.3.2001, 7 K 1709/99, EFG 2001, 974 m. w. N.).
323.
33Für die streitigen Einkünfte der Klägerin kommt keine Steuerermäßigung nach § 34c EStG in Betracht.
34a.
35Gemäß § 34c Abs. 5 EStG können die obersten Finanzbehörden der Länder oder die von ihnen beauftragten Finanzbehörden mit Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen die auf ausländische Einkünfte entfallende deutsche Einkommensteuer ganz oder zum Teil erlassen oder in einem Pauschbetrag festsetzen, wenn dies aus volkswirtschaftlichen Gründen zweckmäßig ist. Es handelt sich hierbei nicht um einen Erlass i.R.d. Steuererhebungsverfahrens gem. § 227 AO, sondern um eine auf Festsetzungsebene zu prüfende Steuerermäßigung (vgl. § 2 Abs. 6 EStG sowie Überschriften von Abschnitt V. und V.I des EStG).
36Derartige „volkswirtschaftliche Gründe“ i.S.d. Vorschrift liegen nur dann vor, wenn die Steuerbegünstigung der deutschen Außenwirtschaft und deren Konkurrenzfähigkeit dient (vgl. Entscheidung des BVerfG vom 19.4.1978 2 BvL 2/75, BStBl II 1978, 548, zu dem damaligen § 34c Abs. 3 EStG).
37Auf der Ermächtigungsgrundlage des § 34c Abs. 5 EStG basiert der ATE vom 31.10.1983 (Bundesministerium der Finanzen vom 31.10.1983, IV B 6-S 2293-50/83, BStBl I 1983, 470).
38Danach wird von der Besteuerung des Arbeitslohns abgesehen, den ein Arbeitnehmer eines inländischen Arbeitgebers auf Grund eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses für eine begünstigte Tätigkeit im Ausland erhält. Nach Abschnitt I Nr. 1 – 4 des ATE sind verschiedene Auslandstätigkeiten für einen inländischen Lieferanten, Hersteller, Auftragnehmer oder einen Inhaber ausländischer Mineralaufsuchungs- oder-gewinnungsrechte begünstigt. Zu den begünstigten Aufgabenbereichen zählt u.a. die deutsche öffentliche Entwicklungshilfe im Rahmen der Technischen oder Finanziellen Zusammenarbeit (Abschnitt I Nr. 4 ATE). Die hiernach steuerfrei gestellten Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit unterliegen dem Progressionsvorbehalt gemäß Abschnitt IV des ATE.
39Der ATE stellt eine Verwaltungsanweisung dar, durch welche die Finanzverwaltung ihr Ermessen selbst gebunden hat; soweit daher die Voraussetzungen des ATE vorliegen, kann der Steuerpflichtige auf den Erlass der Billigkeitsmaßnahme vertrauen (Ermessensreduzierung auf Null; vgl. Schleswig-Holsteinisches FG, Beschluss vom 23.12.2013 3 V 101/12, EFG 2014, 643). Bei der Anwendung des ATE ist jedoch zu beachten, dass Verwaltungsanweisungen nicht wie Gesetze auslegbar sind. Ist objektiv zweifelhaft, ob ein bestimmter Fall unter die Verwaltungsanweisung fällt, so ist es Sache der Verwaltungsbehörden zu entscheiden, ob die Regelung anzuwenden ist oder nicht; diesen steht es frei, im Zweifelsfall von der Anwendung des Erlasses abzusehen (vgl. BFH-Urteil vom 21.10.1999 I R 68/98, BFH/NV 2000, 891; Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.12.2014 4 K 4264/11, EFG 2015, 928; FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22.1.2013 4 K 1779/10, EFG 2013, 1555). Somit können die Finanzgerichte die Verwaltungsbehörden nicht zwingen, eine Verwaltungsanweisung auch auf einen Fall anzuwenden, bei dem objektive Zweifel an seiner „Tatbestandsmäßigkeit“ bestehen und bei dem die Behörde ohne Willkür von der Anwendung der Anweisung Abstand nahm (BFH-Urteile vom 26.1.1968 VI R 224/66, BStBl II 1968, 362; vom 5.10.1977 I R 250/75, BStBl II 1978, 50; Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.12.2014 4 K 4264/11, EFG 2015, 928; Schleswig-Holsteinisches FG, Beschluss vom 23.12.2013 3 V 101/12, EFG 2014, 643). Eine erweiternde oder analoge Anwendung des ATE kommt nicht in Betracht (Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.12.2014 4 K 4264/11, EFG 2015, 928; Schleswig-Holsteinisches FG, Beschluss vom 23.12.2013 3 V 101/12, EFG 2014, 643).
40b.
41Der Anwendung des ATE im Streitfall stehen nicht vorrangige Regelungen in einem Doppelbesteuerungsabkommen entgegen (vgl. auch § 34c Abs. 6 EStG), da die Bundesrepublik Deutschland und Afrika ein solches Abkommen nicht abgeschlossen haben.
42Jedoch scheitert die Anwendung des ATE daran, dass dessen vorliegend allein in Betracht kommende Regelung des Abschnittes I Nr. 4 allein deutsche öffentliche Entwicklungshilfe begünstigt und nicht etwa auch internationale oder europäische Entwicklungshilfe.
43Zwar ist in der Vorschrift nicht weiter definiert, was unter „deutscher öffentlicher Entwicklungshilfe“ zu verstehen ist. Insbesondere bleibt offen, ob eine lediglich teilweise Finanzierung der Entwicklungshilfe aus Mitteln der Bundesrepublik Deutschland genügt, um „deutsche Entwicklungshilfe“ annehmen zu können, ob – wie der Beklagte meint – erforderlich ist, dass der Arbeitslohn mindestens zu 75 % durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung oder über die bundeseigene Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH getragen wird, oder ob eine vollständige Finanzierung der Projektförderung aus deutschen Mitteln zu fordern ist.
44Allerdings scheidet nach Auffassung des Senates die Annahme deutscher Entwicklungshilfe jedenfalls dann aus, wenn - wie im Streitfall - die Gelder für die Projektförderung nicht einmal zum Teil unmittelbar aus inländischen öffentlichen Kassen stammen. Es handelt sich vorliegend um ein vollständig aus Mitteln der European Development Funds - und wohl des afrikanischen Staates - finanziertes Projekt, das damit in keiner Weise als „deutsche öffentliche Entwicklungshilfe“ beurteilt werden kann.
45In diesem Zusammenhang hält der Senat es für unmaßgeblich, dass laut der Klägerin mittelbar auch Zahlungen des deutschen Staates in die Finanzierung auf EU-Ebene geflossen sein mögen. Zum einen ist ein so weitgehendes Verständnis der Verwaltungsanweisung, das letztlich jede entfernte Berührung der Projetförderung mit nationalen Geldmitteln genügen ließe, ihrem Wortlaut nicht zu entnehmen; zum anderen rechtfertigt das Regelungsziel des ATE, die Förderung der nationalen Wirtschaft, die Beschränkung der Begünstigung auf unmittelbar durch den deutschen Staat geschaffene oder zumindest finanzierte Entwicklungshilfeprojekte.
46Die Entscheidung des EuGH vom 28.2.2013 (C-544/11, BStBl II 2013, 847), auf die sich die Klägerin zu ihren Gunsten beruft, bzw. die dieser zugrunde liegenden Vorschriften des AEUV führen zu keiner anderen Beurteilung der Rechtslage im Streitfall, insbesondere nicht zu einer erweiterten Anwendung des ATE auch auf supranational europäische Entwicklungshilfe. Der EuGH hat eine unzulässige Diskriminierung darin gesehen, dass Arbeitnehmer von Arbeitgebern im EU-Ausland von der Begünstigung nach § 34c Abs. 5 EStG i.V.m. dem ATE ausgeschlossen sind und damit gegenüber Arbeitnehmern inländischer - deutscher - Arbeitgeber benachteiligt werden. Er hat festgestellt, dass die Vorschrift des Art. 45 AEUV einer solchen Ungleichbehandlung von Arbeitgebern unterschiedlicher Mitgliedsstaaten der EU entgegenstehe, da sie zu einer verbotenen Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit führe. Vorliegend gibt es jedoch keine solche Benachteiligung von anderen Mitgliedsstaaten gegenüber Deutschland und eine Diskriminierung von EU- oder EWR-Ausländern durch Ausschluss von einer nationalen Begünstigung. Anders als in dem durch den EuGH entschiedenen Sachverhalt, wird vorliegend nicht ein Arbeitnehmer oder Arbeitgeber im Hinblick auf die Herkunft aus dem EU-Ausland schlechter gestellt. Soweit der ATE damit geeignet ist, Arbeitnehmer von der Annahme einer Beschäftigung bei einem Arbeitgeber abzuhalten, der ein Entwicklungshilfeprojekt betreibt, das mit EU-Mitteln gefördert ist statt mit nationalen Mitteln, so kann der Senat darin keine durch die Grundfreiheiten der EU verbotene Freizügigkeitsbeschränkung erkennen. Dürfte der ATE nunmehr von der Verwaltung im Rahmen unionsrechtskonformen Handels auf sämtliche EU-Arbeitgeber angewandt werden und damit im Ergebnis den Interessen der gesamten EU-nationalen Wirtschaft dienen, so ist gleichwohl das EuGH-Urteil nicht so zu verstehen, dass jede Entwicklungshilfe mit wie auch immer geartetem, nationalem oder supranationalem europäischen Bezug den Anwendungsbereich des ATE eröffnen müsse.
47Zwar mag der Zweck des ATE - die Förderung der deutschen Wirtschaft - nach dem EuGH-Urteil leerlaufen und der ATE für überaltert gehalten und seine Ausdehnung auf Entwicklungshilfeprojekte der EU gefordert werden (vgl. Wagner in: Blümich EStG 140. Auflage 2018 § 34c Rn. 124, 126). Es ist jedoch nicht Aufgabe und Befugnis des Gerichtes dies zu korrigieren und einen Erlass der Verwaltung in seinem Sinne erweiternd auszulegen oder die vorliegende, objektiv nachvollziehbare und nicht willkürliche Ermessensentscheidung der Verwaltung zu korrigieren.
484.
49Weil danach eine Begünstigung des Arbeitslohnes der Klägerin bereits nach dem Wortlaut des ATE ausscheidet, kann der Senat offen lassen, ob eine Freistellung nach § 34c Abs. 5 EStG i.V.m. dem ATE letztlich auch an der fehlenden Besteuerung der streitigen Einkünfte in dem Tätigkeitsstaat In Afrika scheitern würde.
50Da die Vorschrift des § 34c EStG im Zusammenhang mit der Vermeidung einer doppelten Besteuerung zu sehen ist (vgl. § 34c Abs. 6 EStG), ließe sich mit dem BFH (vgl. Urteil vom 20.4.1988 I R 197/84, BStBl II 1988, 983; so wohl auch Wagner in: Blümich EStG 140. Auflage 2018 § 34c Rn. 124) die Auffassung vertreten, § 34c EStG setze in allen seinen Regelungen voraus, dass der Steuerpflichtige mit seinen ausländischen Einkünften einer ausländischen Besteuerung unterworfen worden sei und mit denselben Einkünften auch der Besteuerung im Inland unterliege (a.A. FG Köln, Urteil vom 22.3.2001, 7 K 1709/99, EFG 2001, 974 m. w. N.). Folge davon wäre, dass ihre Anwendung - wie im Streitfall - ausschiede, wenn sie zu einer Nichtbesteuerung von Einkünften führen würde.
51II.
52Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
53III.
54Die Revision war nach § 115 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zuzulassen.