Finanzgericht Köln, 7 K 2827/13
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung der Klägerin als Bevollmächtigte.
3Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft britischen Rechts mit Sitz in Großbritannien und einer Niederlassung in den Niederlanden. Gesellschafter und Geschäftsführer („director") sind Herr A und Frau B. Herr A war in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) als Steuerberater bestellt gewesen. Seine Bestellung hat das Finanzministerium Nordrhein-Westfalen im Jahr 2000 wegen Vermögensverfalls widerrufen (§ 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes in der für 2013 geltenden Fassung – StBerG). Der Widerruf ist seit dem Jahr 2002 rechtskräftig. Frau B gehört nicht zu dem Personenkreis des § 3 Nr. 1 StBerG.
4Die Klägerin ist in Deutschland nicht als Steuerberatungsgesellschaft nach § 32 Abs. 3, §§ 49 ff. StBerG anerkannt. Gegenstand der geschäftlichen Tätigkeit der Klägerin ist die Wirtschafts- und Steuerberatung und das Rechnungswesen. Mit diesem Firmenzweck ist sie in das niederländische Handelsregister eingetragen. Sie berät mehrere in Deutschland ansässige Mandanten in steuerlichen Angelegenheiten und tritt für diese als Bevollmächtigte in steuerlichen Verfahren auf.
5Für Postsendungen benannte die Klägerin als Zustellungsbeauftragte zunächst die Z Ltd. (Z-Ltd) und später die W Ltd. (W-Ltd) jeweils mit Sitz in der C-Straße ..., ... D, Deutschland.
6Am 10.10.2011 schloss die Klägerin mit Rückwirkung ab 1.10.2011 eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für die gesetzliche Haftpflicht aus der Hilfeleistung in Steuersachen gem. § 3a StBerG (vom Ausland aus) ab. Wegen der Einzelheiten wird auf die zu den Gerichtsakten des Verfahrens 7 K 615/14 (Bl. 184 f. dieser Gerichtsakte) gereichte Kopie der Versicherungspolice verwiesen.
7Mit Schreiben vom 30.7.2013 legte die Klägerin für den in Deutschland, M-Straße ..., ... D, wohnhaften Herrn Q Einspruch gegen eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung ein, mit der der Beklagte bei Herrn Q wegen Einkommensteuer 2009 vollstreckte.
8Unter dem 1.8.2013 übersandte der Beklagte der Klägerin ein mit dem Betreff „Zurückweisung wegen unbefugter Hilfeleistung in Steuersachen“ überschriebenes Schreiben ohne Rechtsbehelfsbelehrung. Darin heißt es, die Klägerin habe „geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen geleistet (Einspruch gegen die Einkommensteuer 2009) ohne dazu befugt zu sein (§ 5 Abs. 1 StBerG).“ Die Klägerin werde als Bevollmächtigte ihres Auftraggebers zurückgewiesen (§ 80 Abs. 5 der Abgabenordnung in der bis einschließlich 2016 geltenden Fassung - AO). Verfahrenshandlungen, die die Klägerin trotz dieser Zurückweisung für die Vollmachtgeberin vornehme, seien unwirksam. Herr Q als ihr Auftraggeber werde entsprechend unterrichtet (§ 80 Abs. 8 AO). Das Schreiben vom 1.8.2013 wurde der Klägerin am 6.8.2013 unter der o.g. Adresse in D, C-Straße ..., mit Postzustellungsurkunde zugestellt.
9Am 5.9.2013 hat die Klägerin die vorliegende Klage gegen ihre am 6.8.2013 zugestellte Zurückweisung als Bevollmächtigte des Herrn Q vom 1.8.2013 „als Klage auf Feststellung der Nichtigkeit und ohne Vorverfahren (als) Anfechtungsklage in Form der Sprungklage“ erhoben. Der Beklagte hat der Sprungklage fristgerecht zugestimmt.
10Die Klägerin macht geltend, die Zurückweisung gemäß § 80 AO sei so eindeutig rechtswidrig, dass man sogar von einer Nichtigkeit gemäß § 125 AO und damit deren Unwirksamkeit gemäß § 124 Abs. 3 AO ausgehen könne. Weil im konkreten Fall überhaupt kein physischer Grenzübertritt des Dienstleisters zur Erbringung der konkreten Dienstleistung stattgefunden habe, habe die Dienstleistungsbefugnis nach Gemeinschaftsrecht in dem Umfang bestanden, in dem sie am Ort der beruflichen Niederlassung bestanden habe bzw. bestehe. Die Klägerin sei befugt, Herrn Q ihre Dienstleistungen von ihrem Sitz in den Niederlanden aus anzubieten und sie ihm gegenüber zu erbringen. Der angefochtene Verwaltungsakt beschwere die Klägerin in Form der Beeinträchtigung ihrer Rechte aus der EU-Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV, auch in Ausgestaltung durch die EU-Richtlinien 2000/31/EG, 2005/36/EG und 2006/123/EG.
11Für die Beurteilung des Streitfalles, komme es ausschließlich auf die Rechtsprechung des EuGH an, dessen Entscheidungen für alle europäischen Behörden und Gerichte Bindungswirkung hätten. Maßgeblich sei vorliegend das EuGH-Urteil vom 17.12.2015 (C-342/14, DB 2016, 47). Die dortige Auslegung des Gemeinschaftsrechts betreffe Art. 56 AEUV und dessen Vorgängernorm Art. 49 EGV. Diese Norm habe im entscheidungserheblichen Zeitraum bis heute keine Änderungen erfahren, die die Aussage des EuGH-Urteils infrage stellen könnten. Dementsprechend gelte weiter, dass jeder Dienstleister im Sinne des Art. 57 AEUV von seiner Niederlassung aus seine Dienstleistung jedem in der EU Ansässigen anbieten und diesem gegenüber in dem Umfang seiner Befugnisse nach dem Recht des Staates seiner Niederlassung erbringen dürfe. Dementsprechend dürfe die Klägerin von ihrem Sitz in R (NL) aus jedem in der EU Ansässigen die Dienstleistungen anbieten und erbringen, zu denen sie nach dem Recht der Niederlande befugt sei. Diese Befugnis dürfe auch durch keine nationale Norm eines anderen Mitgliedstaates, konkret auch nicht durch § 3a StBerG, beschränkt werden. Der EuGH habe konkret festgestellt, dass auch die Dienstleistung der Klägerin für in Deutschland ansässige nicht unter die Norm des § 3a StBerG falle. Es gebe keine Norm im Recht der Niederlande, die der Klägerin untersagen würde, ihre Dienstleistungen einschließlich der in Deutschland reglementierten Steuerberatungsleistungen gegenüber einem in Deutschland Ansässigen zu erbringen. Deutschland habe bis heute seine Verpflichtungen aus der Berufsqualifikation-Anerkennungsrichtlinie (Richtlinie 2005/36/EG, ergänzt durch die Richtlinie 2013/55/EU) nicht erfüllt. Auch mit der redaktionellen Änderung des § 3a StBerG, die seither als „neue Fassung“ bzw. als „neues Recht“ bezeichnet werde, sei der deutsche Staat diesen Verpflichtungen nicht nachgekommen.
12Soweit das Gericht seine Anfragen vom 2.9.2019 (wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben des Gerichts unter Bl. 161 f. der FG Akte verwiesen) auf die BFH-Entscheidung vom 19.10.2016 II R 44/12 (BStBl. II 2017, 727) stütze, liege den Fragen eine unzutreffende Auslegung des BFH-Urteils zugrunde. Der BFH bezeichne die Auflagen, wie sie in § 3a StBerG formuliert seien, als Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit. Dies müsse demnach auch dann gelten, wenn solche Beschränkungen außerhalb des Textes dieser Bestimmung formuliert würden. Dementsprechend würden die Hinweise des BFH nur für die Fälle gelten, in denen § 3a StBerG auch tatsächlich zur Anwendung komme. Dies sei aber nur dann der Fall, wenn der Dienstleister ganz oder temporär seine Dienstleistungen von einer Niederlassung in Deutschland aus erbringe. (Nur) für Tätigkeiten, die in der deutschen Niederlassung erbracht würden, könnten Einschränkungen erfolgen, wie § 3a StBerG sie vorsehe. Sollte das BFH-Urteil vom 19.10.2016 IIR 44/12 (BStBl. II 2017, 727) tatsächlich anders zu verstehen sein, so wäre dies durch eine (weitere) höchstrichterliche Entscheidung zu klären. Schon aus diesem Grund sei bei einem klageabweisenden Urteil die Revision zuzulassen.
13Obwohl es im Streitfall nicht darauf ankomme, sei im Übrigen festzustellen, dass im Zweifel auch die Voraussetzungen des § 3a StBerG erfüllt gewesen seien bzw. erfüllt seien. Die Klägerin habe sofort bei Inkrafttreten des § 3a StBerG im Jahr 2008 eine Meldung bei der Steuerberaterkammer Y erstattet. Diese Anmeldung sei auch jährlich wiederholt worden, solange das für vorsorglich sinnvoll gehalten worden sei. Für das Streitjahr sei dies auf jeden Fall noch erfolgt. Die Meldungen seien auch vollständig gewesen. Dies ergebe sich eindeutig, wenn man die Akten der Steuerberaterkammer Y hinzuziehe und die enthaltenen Meldungen mit dem Text des § 3a StBerG vergleiche. Die Steuerberaterkammer Y in Person eines Herrn T behaupte zwar permanent, die Meldungen seien unvollständig. Es werde aber auch bei Nachfrage nicht dargelegt, welche konkreten Unterlagen fehlten.
14Die Klägerin habe der Steuerberaterkammer Y auch für das Streitjahr, die Eintragung im Register der Kamer van Koophandel (KvK) vorgelegt. Damit seien die Anforderungen nach § 3a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 7 StBerG erfüllt. Weitere Nachweise seien nicht erforderlich. Die im Hinblick auf die BFH-Entscheidung vom 19.10.2016 II R 44/12 (BStBl. II 2017, 727, Rz. 59, 61) in Bezug auf § 3a Abs. 2 Satz 3 Nr. 7 geforderten Nachweise darüber, dass sich die Berufsausübung in den vergangenen Jahren nicht ausschließlich auf grenzüberschreitende Beratungsleistungen für deutsche Steuerpflichtige beschränkten, würden schon aus Gründen des Steuergeheimnisses nicht vorgelegt. Im Übrigen sei gerichtsbekannt, dass die Klägerin in den Niederlanden eine Niederlassung habe von der aus sie in den letzten zehn Jahren mindestens zwei Jahre lang ihre steuerberatende Tätigkeit ausgeübt habe.
15Die erforderliche Berufsqualifikation werde in den Niederlanden im Bereich der Steuerberatung alleine durch die Eintragung im Register der KvK erworben. Die so erworbene Berufsqualifikation sei entsprechend der vorgenannten Richtlinien EU-weit anzuerkennen, soweit der Beruf dort ein Jahr lang (vormals zwei Jahre lang) praktisch ausgeübt worden sei. Die Berufsausübung müsse in den Niederlanden erfolgt sein, unabhängig davon, für wen sie ausgeübt worden sei. Dafür, dass sie, wie es hier als „Andeutung“ im Raum stehe, für „Niederländer“ erfolgt sein müsse, gebe es keine Rechtsgrundlage und werde eine solche auch nicht benannt. Dies sei reines Wunschdenken der Finanzverwaltung. Im Gegenteil sage etwa die Centros-Entscheidung (Rs. C-212/97, DB 1999, 695, Rn. 27.) etwas anderes aus.
16Die Steuerberaterkammer Y vertrete zu Unrecht die Auffassung, dass sich deutsche Staatsbürger nicht auf § 3a StBerG berufen könnten. Dies soll auch dann gelten, wenn der deutsche Staatsangehörige seine Steuerberaterqualifikation in einem anderen Mitgliedsstaat der EU erworben habe und von diesem Staatsgebiet aus Dienstleistungen nach Deutschland erbringen möchte.
17Der Nachweis der Eintragung in das Register der KvK enthalte die Auskünfte zu § 3a Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 7 StBerG. Zur Erfüllung der Nr. 8 des § 3a Abs. 2 Satz 2 StBerG werde auf die Versicherungspolice verwiesen, wie sie dem Gericht in dem Verfahren ... mit Schreiben vom 17.7.2018 vorgelegt worden sei (Bl. 184 f. dieser Gerichtsakte).
18Eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung sei nach dem Recht der Niederlande für alle Dienstleistungen von der dortigen Niederlassung aus nicht vorgesehen. Im Verlangen danach liege eine verbotene Beeinträchtigung der Dienstleistungsfreiheit. Es gebe dafür auch nach deutschem Recht keine Rechtsgrundlage. Eine solche sei vom BFH in seinem Urteil vom 16.09.2016 II R 44/12 (BStBl. II 2017, 797) auch nicht benannt worden. Soweit der BFH in einer früheren Entscheidung (Urteil vom 21.7.2011 II R 6/10, BStBl II 2011, 906) auf § 51 DVStB Bezug nehme, sei diese Regelung für Dienstleistungen der Klägerin von der Niederlassung in den Niederlanden aus nicht anwendbar.
19Die Klägerin habe gleichwohl eine solche Versicherung abgeschlossen und im Streitjahr 2013 eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für ihre Tätigkeit gehabt. Nach dem vorgelegten Versicherungsschein der U AG vom ....2011 zur Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung ... sei vom ....2011 an bis zum ....2014 die gesetzliche Haftpflicht für Vermögensschäden in der Eigenschaft als Hilfeleister in Steuersachen gemäß § 3a StBerG (vom Ausland aus) mit einer Versicherungssumme pro Versicherungsfall i.H.v. 1.000.000 € und einer Höchstleistung pro Versicherungsjahr i.H.v. 2.000.000 € für die Klägerin versichert gewesen. Die Klägerin reicht außerdem ein Schreiben der U AG an das Finanzgericht Niedersachsen vom 15.08.2017 ein. Darin heißt es u. a.:
20„Der Versicherungsschutz bezieht sich auf die Tätigkeit im Namen und auf Rechnung der F Ltd.
21Wir versichern die erlaubte Tätigkeit nach § 3 Buchst. a StBerG, somit auch die vorübergehende und gelegentliche geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen vom Staat der Niederlassung aus. …
22Die Versicherung besteht aktuell.“
23Der Versicherungsschutz umfasse auch „Beratungsleistungen, die die Klägerin von den Niederlanden aus erbringe, ohne dass die handelnden Personen physisch die Grenze in Deutschland überschritten“. Der Wortlaut in der Versicherungspolice sei insoweit eindeutig. Dies könne auch durch einen von der Versicherung zu benennenden Dezernenten belegt werden. Die gegenteilige Auffassung des Niedersächsischen Finanzgerichts in seiner Entscheidung vom 14.09.2017 6 K 438/16 (juris) sei nicht nachvollziehbar.
24Die Klägerin verfüge in Deutschland über keinerlei Räume und über keinerlei „ständige Präsenz“. Es gebe nichts, das die Anwendung der Niederlassungsfreiheit bewirken könne. In dem Streitjahren 2013 (wie in allen anderen Jahren) habe die Klägerin alle ihre Tätigkeiten, auch für deutsche Mandanten, auch die in dem Streitfall gegenständlichen, in ihrem Büro in R, Niederlande, vorgenommen.
25Soweit allgemein von „den Räumen in der C-Straße“ gesprochen werde, sei klarzustellen, dass es dort verschiedene Räume gebe. Es handele sich um ein gewerbliches Mehrparteien-Objekt. Das sei dem Beklagten aufgrund diverser Steuerfahndungsprüfungen auch gut bekannt. Im vorderen Gebäude befänden sich im Erdgeschoss Büroräume, zu denen auch der Keller gehöre. Diese Räume würden derzeit von der W-Ltd benutzt. Davor sei die Z-Ltd. dort ansässig gewesen. Im Obergeschoss befänden sich Wohnräume, die von Frau B benutzt würden und seit Zwangsanmeldung auch als Meldeadresse für Herrn A fungierten. Im Zwischentrakt hinter dem Vorderhaus befinde sich eine ... mit Sanitär- und Nebenräumen, zu der auch die auf der gegenüberliegenden Grundstücksseite bestehende Ausstellungshalle gehöre. Diese Räume würden im Wesentlichen von der W-Ltd in Verbindung mit zwei Vereinen zur ... benutzt. Dies sei alles ordnungsgemäß angemeldet und geführt. Auf dem hinteren Grundstücksteil bestehe eine gewerbliche Lagerhalle mit Bürotrakt und Sanitäranlagen, die seit langem leer stehe und derzeit umfassend renoviert werde. Eine Niederlassung der Klägerin im Sinne des BFH-Urteils vom 19.10.2016 II R 44/12 (BStBl. II 2017, 797, Rn. 40 f.) bestehe in diesen Räumen nicht. Das Gegenteil wäre auch nach Auffassung des BFH in dem zuvor benannten Urteil vom 19.10.2016 II R 44/12 (BStBl. II 2017, 797, Rn. 47.) vom Beklagten zu beweisen.
26Soweit der BFH in seinem Urteil vom 19.10.2016 II R 44/12 (BStBl. II 2017, 797, dort Rn. 46 f.) ausdrücken wolle, dass das Vorhandensein einer „Niederlassung“ in Deutschland eine Tätigkeit im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit von einer Niederlassung in einem anderen EU-Mitgliedsstaat ausschließe, fehle es hierzu an einer Rechtsgrundlage. Bei mehreren Niederlassungen sei die Dienstleistungserbringung von jeder Niederlassung aus möglich und zulässig. Dies sei selbstverständliches Recht.
27Soweit der Beklagte unter Bezugnahme auf eine Auskunft der IZA des Bundeszentralamtes für Steuern (BZSt) in Frage stelle, dass die Klägerin in R, Niederlande, eine ortsansässige Geschäftsleitung habe, sei dies völlig abwegig.
28Entgegen anderweitiger unzutreffender Behauptungen des Beklagten bzw. des BZSt sei die Klägerin Mieterin des gesamten Erdgeschosses in der N-Straße ... in R, Niederlande. Hierbei handele es sich um das von vorne zugängliche ehemalige Ladenlokal sowie um den von der Parkplatzseite aus mit gesondertem Eingang zugänglichen Büroteil. Beide Seiten seien intern auch miteinander verbunden. Die Straßenfront zur N-Straße sei durch einen großen Rolladen geschützt, so dass die Firmenschilder im Eingangsbereich selbstverständlich nicht zu erkennen seien. Die Klägerin beschäftige dort auch Mitarbeiter. In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass z.B. Herr A von seiner Meldeadresse in D schneller in R, Niederlande, sei, als z.B. in E oder je nach Verkehrslage auch beim Finanzgericht Köln.
29Die grundsätzliche Klärung der Fragen zur EU-Dienstleistungsfreiheit durch Vorlage an den EuGH würde, egal wie der EuGH entscheide, Verfahren wie diese erübrigen und alle Dissonanzen im Bereich der Fiskalwelt auflösen. Die Finanzverwaltung bemühe sich unter Einsatz von fragwürdigen Mitteln und unter Begehen von Straftaten, der Klägerin eine Niederlassung in der BRD anzudichten. Die Aussage, alle Dienstleistungen, die gegenüber Steuerpflichtigen erbracht würden, die in der BRD ansässig seien, gelten jedenfalls als in der Bundesrepublik Deutschland erbracht, sei nicht haltbar. Nach der amtlichen Fassung der Dienstleistungsrichtlinie (RiL 2006/123/EG, dort Vorbemerkung 37) bestimme der Dienstleister vielmehr selbst, wo das Zentrum seiner jeweiligen Tätigkeit liegen soll.
30Mit Urteil vom 17.12.2015, C-342/17 (HFR 2016, 290) habe der EuGH festgestellt, dass die Klägerin befugt sei, ihre Dienstleistungen EU-weit zu erbringen, und zwar in dem Umfang, in dem sie an ihrem Sitz in R in den Niederlanden (NL) berechtigt und befugt sei. Nationale Bestimmungen, konkret deutsche, dürften dieses Recht nicht beeinträchtigen.
31Dementsprechend habe der BFH mit Urteil vom 19.10.2016 II R 44/12 (BStBl II 2017, 797) bestätigt, dass die Klägerin im Umfang ihrer Berechtigung in R (Niederlanden) berechtigt sei, EU-weit, also auch für Wirtschaftsteilnehmer in Deutschland, Dienstleistungen zu erbringen. Bestimmungen, die dieses Recht beschränkten, seien wirkungslos. Hinsichtlich der weiteren umfangreichen Ausführungen wird insoweit auf die „Stellungnahme zum Urteil des EuGH vom 17.12.2015“ (Bl. 128 ff. der FG-Akte) verwiesen.
32Das FG Niedersachsen gehe in seinem Urteil vom 14.9.2017 6 K 438/1 (juris) zwar zu Recht davon aus, dass die Klägerin keine Niederlassung in Deutschland unterhalte und nach deutschem Recht nicht zur Steuerberatung befugt sei. Es versuche allerdings zu Unrecht, § 3a StBerG so auszulegen, dass die dort festgelegten Voraussetzungen für eine Tätigkeit „auf deutschem Boden“ auch für Leistungen gefordert würden, die ohne konkreten Grenzübertritt aus den Niederlanden erbracht würden. Dass die Voraussetzungen für den Zugang zur Steuerberatertätigkeit noch nicht harmonisiert seien, bedeute nicht, dass die EU-weite Berufsausübungsberechtigung grenzüberschreitend eingeschränkt, behindert oder gar verhindert werden dürfe. Dies habe der EuGH in seinem Urteil vom 17.12.2015 C-342/17 (HFR 2016, 290) unmissverständlich klargestellt. In Textziffer 57-59 seiner Entscheidung habe der EuGH festgestellt, dass insbesondere § 3a StBerG auf die Tätigkeit der Klägerin nicht anwendbar sei. Das Niedersächsische FG stelle mit seiner Entscheidung das Urteil des EuGH „auf den Kopf“.
33Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 4.9.2013 (Bl. 1 ff. der FG-Akte), vom 17.7.2018 (Bl. 123 ff. der FG-Akte), vom 4.9.2019 (Bl. 158 ff. der FG-Akte), vom 8.10.2019 (Bl. 188 der FG-Akte) und vom 7.11.2019 (Bl. 212 der FG-Akte) Bezug genommen.
34Die Klägerin beantragt sinngemäß,
351. in der Sache, unter Feststellung dessen Nichtigkeit den angefochtenen Bescheid aufzuheben,
362. hilfsweise, den Bescheid als rechtswidrig aufzuheben,
373. im Unterliegensfall die Revision zuzulassen,
384. zum Verfahren
39a) das Verfahren auszusetzen und dem europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 AEUV die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
40„Steht Art. 56 AEUV, insbesondere in Ausgestaltung der Richtlinien 2000/31/EG, 2005/36 EG und 2006/123/EG einer nationalen Regelung entgegen, wie der des deutschen Steuerberatungsgesetzes, die es einem in den Niederlanden ansässigen Dienstleister auf dem Gebiet der Steuerberatung untersagt, diese Dienstleistung von seinem Sitz in den Niederlanden aus, ohne dabei die Grenze physisch zu überschreiten, auch in Deutschland ansässigen Wirtschaftsteilnehmern anzubieten und an sie zu erbringen und die es damit einem in Deutschland ansässigen Wirtschaftsteilnehmer verbietet - zumindest erheblich erschwert - die Dienstleistungen eines solchen in den Niederlanden ansässigen Dienstleisters in dem Umfang, den dieser in den Niederlanden zur Erbringung der Dienstleistungen befugt ist, in Anspruch zu nehmen?“
41„Steht Art. 56 AEUV, insbesondere in Ausgestaltung der Richtlinien 2000/31/EG, 2005/36 EG und 2006/123/EG einer nationalen Regelung entgegen, wie der des deutschen Steuerberatungsgesetzes, die es einem in den Niederlanden ansässigen Dienstleister auf dem Gebiet der Steuerberatung auferlegt, diese Dienstleistung von seinem Sitz in den Niederlanden aus, ohne dabei die Grenze physisch zu überschreiten, nur an in Deutschland ansässige Wirtschaftsteilnehmer anzubieten und zu erbringen, wenn er eine Versicherung abschließt, die abzuschließen das Recht des Niederlassungsstaates Niederlande nicht vorsieht?“
42„Steht Art. 56 AEUV, insbesondere in Ausgestaltung der Richtlinien 2000/31/EG, 2005/36 EG und 2006/123/EG einer nationalen Regelung entgegen, wie der des deutschen Steuerberatungsgesetzes, die grundsätzlich die grenzüberschreitende Tätigkeit eines in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleistungserbringers auf Ausnahmen beschränkt (§ 3a StBerG – „vorübergehend und gelegentlich“)?“
43b) die Akten des Beklagten beizuziehen,
44c) die sonstigen Akten beizuziehen, wie in der Folge und im weiteren Verfahren benannt,
45d) nach Zuziehung von Akten - gegebenenfalls jeweils - Akteneinsicht zu gewähren, insbesondere zu dem Zweck, dass die Klägerin ihren Vortrag darauf stützen kann,
46e) im Fall des Bestreitens dessen Beweis zu erheben durch dann ladungsfähig zu benennende Zeugen zu der Frage, dass die Klägerin zum Zweck der konkreten Dienstleistung nicht einmal physisch die Grenze von den Niederlanden nach Deutschland überschritten hat,
47f) Beweis zu erheben, wie in der Folge und im weiteren Verfahren beantragt wird.
48Der Beklagte beantragt,
49die Klage abzuweisen.
50Er ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine Zurückweisung nach § 80 Abs. 5 AO gegeben seien, weil die Klägerin nicht zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt sei. Zur Begründung verweist er im Wesentlichen auf das BFH-Urteil vom 19.10.2016 II R 44/12 (BStBl II 2017, 797). Außerdem stellt er unter Hinweis auf eine Auskunft der Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen (IZA) des Bundeszentralamtes für Steuern vom 6.6.2019 (Bl. 173 ff. der FG-Akte) in Frage, ob die Klägerin in den Niederlanden überhaupt eine ortsansässige Geschäftsleitung habe. Es sei daher zweifelhaft, ob im Streitfall überhaupt ein europarechtlicher Bezug bestehe.
51Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
52Das Gericht hat die Akten der Verfahren ... und ... zu dem Verfahren hinzugezogen. Die Hinzuziehung der Akten wurde den Beteiligten mit Schreiben vom 18.11.2019 (Bl. 225 der FG Akte) mitgeteilt. Die Übersendung der Steuerakten durch den Beklagten wurde der Klägerin am 3.5.2018 angezeigt (Bl. 114 der FG Akte).
53In dem Verfahren ... hat die Steuerberaterkammer Y mit Schreiben vom 13.11.2018 (Bl. 202 ff. der FG-Akte ...) auf entsprechende Anfrage des 4. Senates des Finanzgerichts Köln mitgeteilt, dass weder für die Klägerin noch für deren Direktoren jemals eine vollständige Meldung gemäß § 3a Abs. 2 Satz 3 StBerG vorgelegen habe. Die Voraussetzungen für einen vorübergehenden Eintrag in das Berufsregister der Steuerberaterkammer Y nach § 3a StBerG seien weder vollständig dargelegt noch belegt worden. Eine Eintragung sei hier zu keiner Zeit erfolgt. Dabei wurde auch darauf hingewiesen, dass eine Klage gegen die StBK Y mit dem Ziel eines vorübergehenden Eintrags in das Berufsregister der Steuerberaterkammer Y nach § 3a StBerG vom FG Düsseldorf (Urteil des FG Düsseldorf v. 10.04.2013 2 K 4114/11 StB) abgewiesen worden sei und der BFH die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen (BFH-Beschluss v. 30.101013 VII B 91/13) habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schreibens verwiesen (Bl. 202 ff. der FG-Akte ...).
54Entscheidungsgründe:
55I. Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung.
56II. Die Klage hat insgesamt keinen Erfolg.
571. Die Klage ist als Anfechtungsklage in Form der Sprungklage (§ 40 Abs. 1 i.V.m. § 45 Abs. 1 Satz 1 FGO) zulässig.
58a) Für die Einordnung und Würdigung einer Klageart kommt es nicht auf die Bezeichnung, sondern auf den Inhalt des Klagebegehrens an, der ggf. im Wege der Auslegung zu ermitteln ist (vgl. BFH-Urteil vom 19.10.2016 II R 44/12, BStBl II 2017, 797). Hiervon ausgehend ist die Klage nicht (auch) als Feststellungsklage i.S. des § 41 Abs. 1 FGO, sondern lediglich als Anfechtungsklage i.S. des § 40 Abs. 1 FGO zu verstehen.
59Die Klägerin begehrt nicht nur die Feststellung der Nichtigkeit des Bescheids vom 1.8.2013, sondern darüber hinaus die Aufhebung des Bescheids. Dieses Klagebegehren ist im Wege der Anfechtungsklage zu verfolgen, zumal dem Vorbringen der Klägerin zu entnehmen ist, dass der Bescheid auch im Falle der Rechtswidrigkeit aufgehoben werden soll (vgl. BFH-Urteil vom 19.10.2016 II R 44/12, BStBl II 2017, 797).
60b) Da der Beklagte der Klage ohne Vorverfahren zugestimmt hat, ist sie als Sprungklage nach § 45 Abs. 1 Satz 1 FGO zulässig.
612. Die Klage ist unbegründet.
62Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 S. 1 FGO). Die Klägerin war bereits nach ihrem eigenen Sachvortrag weder nach nationalem (a.) noch nach europäischem Recht (b.) in Deutschland zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen berechtigt. Es kann deshalb dahinstehen, ob die Bedenken des Beklagten gegen eine ortsansässige Geschäftsleitung der Klägerin in den Niederlanden tatsächlich durchgreifen.
63Nach § 80 Abs. 5 AO sind Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, ohne dazu befugt zu sein. Hilfeleistung in diesem Sinne ist auch die Mitwirkung bei der Anfertigung und Abgabe von Steuererklärungen oder wie im Streitfall die Unterstützung gegen Vollstreckungsmaßnahmen der Finanzverwaltung (vgl. BFH-Urteil vom 19.10.2016 II R 44/12, BStBl II 2017, 797).
64a) Die Klägerin war bei Ergehen des Bescheids vom 1.8.2013 nach nationalem Recht nicht zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt.
65aa) Die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen darf nach § 2 Satz 1 StBerG nur von Personen und Vereinigungen ausgeübt werden, die hierzu befugt sind. § 2 Satz 1 StBerG gilt auch für Steuerberatungsgesellschaften, die - wie die Klägerin nach ihrem Vortrag - ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) haben und von einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat (Niederlande) aus Hilfe in Steuersachen für inländische Steuerpflichtige leisten (vgl. BFH-Urteil vom 19.10.2016 II R 44/12, BStBl II 2017, 797).
66Zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen sind nach § 3 Nr. 3 StBerG Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungs-gesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften befugt. Steuerberatungsgesellschaften bedürfen der Anerkennung (§ 32 Abs. 3 Satz 1 StBerG). Die Anerkennung setzt den Nachweis voraus, dass die Gesellschaft von Steuerberatern, die bestellt sein müssen, verantwortlich geführt wird (§ 32 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 StBerG).
67Die Klägerin ist keine solche Gesellschaft.
68bb) Auch die Voraussetzungen des § 3a StBerG für eine vorübergehende und gelegentliche Hilfeleistung in Steuersachen liegen im Streitfall nicht vor.
69Nach § 3a Abs. 1 Satz 1 StBerG sind Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU beruflich niedergelassen sind und dort befugt geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen nach dem Recht des Niederlassungsstaates leisten, zur vorübergehenden und gelegentlichen geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen auf deutschem Gebiet befugt. Der Umfang der Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen im Inland richtet sich nach dem Umfang dieser Befugnis im Niederlassungsstaat (§ 3a Abs. 1 Satz 2 StBerG). Bei ihrer Tätigkeit im Inland unterliegen sie denselben Berufsregeln wie die in § 3 StBerG genannten Personen (§ 3a Abs. 1 Satz 3 StBerG). Wenn weder der Beruf noch die Ausbildung zu diesem Beruf im Staat der Niederlassung reglementiert ist, gilt die Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen im Inland nur, wenn die Person den Beruf dort während der vorhergehenden zehn Jahre mindestens zwei Jahre ausgeübt hat (§ 3a Abs. 1 Satz 4 StBerG). Die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen nach § 3a Abs. 1 StBerG ist nur zulässig, wenn die Person vor der ersten Erbringung im Inland der zuständigen Stelle schriftlich Meldung erstattet (§ 3a Abs. 2 Satz 1 StBerG).
70§ 3a StBerG erlaubt unter den im Einzelnen festgelegten Voraussetzungen eine vorübergehende und gelegentliche Hilfeleistung in Steuersachen "auf" deutschem Gebiet. Die Vorschrift dient der Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG in Bezug auf die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen in Deutschland durch Personen und Vereinigungen aus einem anderen Mitgliedstaat der EU. Nach Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36/EG gelten die Bestimmungen zur Dienstleistungsfreiheit (Titel II) nur für den Fall, dass sich der Dienstleister zur vorübergehenden und gelegentlichen Ausübung des Berufs nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2005/36/EG in den Aufnahmemitgliedstaat begibt. Der zur Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG eingefügte § 3a StBerG ist deshalb nur anwendbar, wenn die Hilfeleistung in Steuersachen auf deutschem Hoheitsgebiet erbracht wird. Eine Anwendung des § 3a StBerG scheidet dagegen aus, wenn die Hilfe in Steuersachen ohne physischen Grenzübertritt des Dienstleisters oder der für ihn handelnden Personen in einem anderen Mitgliedstaat der EU erbracht wird (vgl. BFH-Urteil vom 19.10.2016 II R 44/12, BStBl II 2017, 797).
71Hiervon ausgehend ist § 3a StBerG nach dem Sachvortrag der Klägerin im Streitfall (bereits) deshalb nicht einschlägig, weil sie nach ihren Angaben im Streitjahr (wie in den anderen Jahren) alle ihre Tätigkeiten ausschließlich in ihrem Büro in R, Niederlande, vorgenommen hat. Für diesen Fall ist § 3a StBerG von vornherein nicht anwendbar, weil keine Dienstleistung "auf" deutschem Hoheitsgebiet vorliegt (vgl. BFH-Urteil vom 19.10.2016 II R 44/12, BStBl II 2017, 797).
72Darüber hinaus sind die Voraussetzungen des § 3a StBerG aber auch deshalb nicht erfüllt, weil die Klägerin die nach § 3a Abs. 1 Satz 5, Abs. 2 StBerG erforderlichen Nachweise nicht umfassend erbracht hat. Die Klägerin hat auf jeden Fall keinen Nachweis darüber vorgelegt, dass sie ihren Beruf im Staat ihrer Niederlassung mindestens zwei Jahre ausgeübt hat (§ 3a Abs. 2 Satz 3 Nr. 7 StBerG).
73Die Klägerin hat zwar geltend gemacht, sie habe der Steuerberaterkammer Y auch für das Streitjahr, die Eintragung im Register der Kamer van Koophandel (KvK) vorgelegt, womit die Anforderungen nach § 3a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 7 StBerG erfüllt seien. Weitere Nachweise halte sie nicht für erforderlich. Die im Hinblick auf die BFH-Entscheidung vom 19.10.2016 II R 44/12 (BStBl. II 2017, 727, Rz. 59, 61) in Bezug auf § 3a Abs. 2 Satz 3 Nr. 7 geforderten Nachweise darüber, dass sich die Berufsausübung in den vergangenen Jahren nicht ausschließlich auf grenzüberschreitende Beratungsleistungen für deutsche Steuerpflichtige beschränkten, würden schon aus Gründen des Steuergeheimnisses nicht vorgelegt. Im Übrigen sei gerichtsbekannt, dass die Klägerin in den Niederlanden eine Niederlassung habe, von der aus sie in den letzten zehn Jahren mindestens zwei Jahre lang ihre steuerberatende Tätigkeit ausgeübt habe.
74Damit räumt die Klägerin aber auch selbst ein, dass sie der Steuerberaterkammer Y in Bezug auf § 3a Abs. 2 Satz 3 Nr. 7 StBerG keinerlei Nachweise dazu vorgelegt hat, dass sich die Berufsausübung in den vergangenen Jahren nicht ausschließlich auf grenzüberschreitende Beratungsleistungen für deutsche Steuerpflichtige beschränkte (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 19.10.2016 II R 44/12, BStBl. II 2017, 727, Rz. 59, 61).
75Die von der Klägerin angeregte Beiziehung der Akten der Steuerberaterkammer Y erübrigt sich daher. Der Senat hält nämlich im Hinblick auf die Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 19.10.2016 II R 44/12, BStBl. II 2017, 727, Rz. 59, 61) eine Meldung nach § 3a Satz 3 StBerG nur für vollständig, wenn sie auch Nachweise dazu enthält, dass die Berufsausübung in dem anderen Mitgliedstaat sich nicht von vornherein darauf beschränkt, ausschließlich grenzüberschreitende Beratungsleistungen für inländische Steuerpflichtige zu erbringen. Diese Nachweise finden sich nach dem Vortrag der Klägerin in den Akten der Steuerberaterkammer aber nicht. Dementsprechend erübrigt sich auch eine Vernehmung der zuständigen Sachbearbeiter der Steuerberaterkammer Y als Zeugen. Im Übrigen ergibt sich auch aus der Auskunft der Steuerberaterkammer Y vom 13.11.2018 (Bl. 202 ff. der FG-Akte ...) in dem Verfahren ..., dass weder für die Klägerin noch für deren Direktoren jemals eine vollständige Meldung gemäß § 3a Abs. 2 Satz 3 StBerG vorgelegen habe.
76b) Eine Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung ergibt sich für die Klägerin auch nicht aus der unionsrechtlich gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit (Art. 56, 57 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV).
77Bei dieser Beurteilung kann der Sachvortrag der Klägerin, wonach sie keine Niederlassung in Deutschland unterhält und im Streitfall ausschließlich von den Niederlanden aus tätig geworden ist, als zutreffend unterstellt werden.
78aa. Nach Art. 56 Abs. 1 AEUV sind Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Union für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten.
79Dienstleistungen im Sinne der Verträge sind Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen (Art. 57 Abs. 1 AEUV). Als Dienstleistungen gelten insbesondere freiberufliche Tätigkeiten (Art. 57 Abs. 2 Buchst. d AEUV). Unbeschadet des Kapitels über die Niederlassungsfreiheit kann der Leistende zwecks Erbringung seiner Leistungen seine Tätigkeit vorübergehend in dem Mitgliedstaat ausüben, in dem die Leistung erbracht wird, und zwar unter den Voraussetzungen, welche dieser Mitgliedstaat für seine eigenen Angehörigen vorschreibt (Art. 57 Abs. 3 AEUV).
80bb) Der EuGH hat mit Urteil X-Steuerberatungsgesellschaft vom 17.12.2015 C-342/14 (EU:C:2015:827) entschieden, dass Art. 56 AEUV dahin auszulegen ist, dass er es nicht zulässt, dass eine Regelung eines Mitgliedstaats, in der die Voraussetzungen für den Zugang zur Tätigkeit der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen festgelegt sind, die Dienstleistungsfreiheit einer Steuerberatungsgesellschaft beschränkt, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats, in dem sie niedergelassen ist, gegründet wurde und in diesem Mitgliedstaat, in dem die steuerberatende Tätigkeit nicht reglementiert ist, eine Steuererklärung für einen Leistungsempfänger im erstgenannten Mitgliedstaat erstellt und an die Finanzverwaltung dieses Mitgliedstaats übermittelt, ohne dass die Qualifikation, die diese Gesellschaft oder die natürlichen Personen, die für sie die Dienstleistung der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen erbringen, in anderen Mitgliedstaaten erworben haben, ihrem Wert entsprechend anerkannt und angemessen berücksichtigt wird.
81Die EuGH-Entscheidung betrifft eine Dienstleistung mit grenzüberschreitendem Charakter, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU für einen inländischen Steuerpflichtigen erbracht wird, ohne dass sich der Dienstleister oder die für ihn handelnden Personen auf deutsches Hoheitsgebiet begeben (EuGH-Urteil X-Steuerberatungsgesellschaft, EU:C:2015:827, Rz 34). Eine solche Dienstleistung fällt weder unter Art. 5 der Richtlinie 2005/36/EG noch unter Art. 16 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2006/123/EG (vgl. EuGH-Urteil X-Steuerberatungsgesellschaft, EU:C:2015:827, Rz 40; BFH-Urteil vom 19. 10. 2016 II R 44/12, BStBl II 2017, 797, Rn. 54).
82cc) Fehlen, wie im Streitfall, nationale Regelungen, die eine Berücksichtigung der in anderen Mitgliedstaaten erworbenen Qualifikation einer Gesellschaft oder der für sie handelnden Personen zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen erlauben, gebietet es nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. EuGH-Urteil X-Steuerberatungs-gesellschaft, EU:C:2015:827) die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV, eine solche Qualifikation ihrem Wert entsprechend anzuerkennen und angemessen zu berücksichtigen. Da der EuGH hierzu keine Rechtsgrundsätze aufgestellt hat, obliegt es den nationalen Behörden und Gerichten, festzulegen, unter welchen Voraussetzungen eine in anderen Mitgliedstaaten erworbene Qualifikation eine Befugnis des Dienstleisters zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen durch grenzüberschreitende Dienstleistungen für inländische Steuerpflichtige begründet (BFH-Urteil vom 19.10.2016 II R 44/12, BStBl II 2017, 797, Rn. 57).
83Für die Festlegung, welche in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Qualifikationen für eine Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen maßgeblich sind, geben die nationalen Regelungen in § 3a Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 Nrn. 6 und 7 StBerG einen Anhaltspunkt. Die dort für die vorübergehende und gelegentliche Hilfeleistung auf deutschem Hoheitsgebiet genannten Voraussetzungen stellen auf die berufliche Qualifikation eines Dienstleisters ab und sind deshalb auch als sachgerechte Anforderungen für den Fall geeignet, dass ein Dienstleister von einem anderen Mitgliedstaat aus ohne Grenzübertritt eine geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen für inländische Steuerpflichtige ausüben will. Die berufliche Qualifikation kann sich aufgrund einer abgeschlossenen Berufsausbildung, die Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung einer steuerberatenden Tätigkeit in dem anderen Mitgliedstaat vermittelt, oder, falls eine solche in dem anderen Mitgliedstaat nicht erforderlich ist, aufgrund der dort im Zusammenhang mit der Steuerberatung gewonnenen Berufserfahrung ergeben (BFH-Urteil vom 19.10.2016 II R 44/12, BStBl II 2017, 797, Rn. 58).
84Ist weder der Beruf noch die Ausbildung zu diesem Beruf in dem anderen Mitgliedstaat reglementiert, genügt in Anlehnung an § 3a Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 Nr. 7 StBerG, dass die Person den Beruf im Staat der Niederlassung während der vorhergehenden zehn Jahre mindestens zwei Jahre ausgeübt hat. Die Berufsausübung in dem anderen Mitgliedstaat darf sich in diesem Fall aber nicht von vornherein darauf beschränken, ausschließlich grenzüberschreitende Beratungsleistungen für inländische Steuerpflichtige zu erbringen. Die aufgrund der Berufserfahrung erworbene Qualifikation eines in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleisters ist nur anzuerkennen, wenn sie auf einer Beratungstätigkeit beruht, die ihn unionsrechtlich dazu befugt, für inländische Steuerpflichtige tätig zu werden. Da in Deutschland die steuerberatende Tätigkeit reglementiert ist, liegt eine unionsrechtlich zulässige Beratungstätigkeit nicht vor, wenn der Dienstleister ausschließlich grenzüberschreitende Beratungsleistungen für inländische Steuerpflichtige erbringt, ohne vorher eine berufliche Qualifikation in dem anderen Mitgliedstaat erworben zu haben. Denn erst die in dem anderen Mitgliedstaat erworbene berufliche Qualifikation berechtigt den Dienstleister aus unionsrechtlicher Sicht zu den grenzüberschreitenden Dienstleistungen für inländische Steuerpflichtige (vgl. EuGH-Urteil X-Steuerberatungsgesellschaft, EU:C:2015:827, Rz 54). Insoweit reicht es nicht aus, dass der Dienstleister über Berufserfahrung aus einer in Deutschland ausgeübten steuerberatenden Tätigkeit verfügt (vgl. BFH-Urteil vom 19.10.2016 II R 44/12, BStBl II 2017, 797, Rn. 59).
85dd) Ist der Dienstleister eine in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassene Gesellschaft, ist sie zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen in Form grenzüberschreitender Dienstleistungen befugt, wenn der verantwortliche Geschäftsführer über die erforderliche Qualifikation verfügt und ihm die steuerberatende Tätigkeit obliegt. Sind bei einer Steuerberatungsgesellschaft mehrere Geschäftsführer bestellt, ist die Gesellschaft nur zu grenzüberschreitenden Dienstleistungen in Steuersachen für inländische Steuerpflichtige befugt, wenn der die Dienstleistung erbringende Geschäftsführer die in dem anderen Mitgliedstaat erworbene Qualifikation besitzt (vgl. BFH-Urteil vom 19. 10. 2016 II R 44/12, BStBl II 2017, 797, Rn. 61).
86ee) Eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige, nicht in Deutschland niedergelassene Steuerberatungsgesellschaft kann unter Berufung auf die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) grenzüberschreitende Beratungsleistungen für inländische Steuerpflichtige nur erbringen, wenn sie über eine Berufshaftpflichtversicherung oder einen anderen individuellen oder kollektiven Schutz in Bezug auf die Berufshaftpflicht verfügt. Hat die Gesellschaft eine nach deutschem Recht erforderliche Berufshaftpflichtversicherung für die steuerberatende Tätigkeit abgeschlossen, muss der Versicherungsschutz Beratungsleistungen umfassen, die die Gesellschaft von einem anderen Mitgliedstaat aus für inländische Steuerpflichtige erbringt, ohne dass die handelnden Personen physisch die Grenze zu Deutschland überschreiten. Ein Versicherungsschutz für Beratungsleistungen i.S. des § 3a StBerG reicht nicht aus. Denn diese Beratungsleistungen werden auf deutschem Hoheitsgebiet erbracht (vgl. BFH-Urteil vom 19.10.2016 II R 44/12, BStBl II 2017, 797, Rn. 62, m.w.N.).
87ff) Die für die Anwendung der Dienstleistungsfreiheit notwendigen Voraussetzungen (Niederlassung und geschäftliche Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat, Erbringung der Dienstleistung von der ausländischen Niederlassung aus, im anderen Mitgliedstaat erworbene berufliche Qualifikation, Versicherungsschutz) sind von dem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Dienstleister in geeigneter Weise darzulegen und nachzuweisen (vgl. BFH-Urteil vom 19.10.2016 II R 44/12, BStBl II 2017, 797, Rn. 64).
88gg) Allerdings sind an den vom Dienstleister zu erbringenden Nachweis in formeller Hinsicht keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Insbesondere kann die Befugnis eines in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Dienstleisters zu grenzüberschreitenden Steuerberatungsleistungen nicht deshalb abgelehnt werden, weil er nicht die Nachweise i.S. des § 3a Abs. 2 Satz 3 Nrn. 5 bis 7 StBerG für eine vorübergehende und gelegentliche Hilfeleistung in Steuersachen auf deutschem Hoheitsgebiet erbracht hat. Denn diese Regelungen gelten nicht für eine von einem anderen Mitgliedstaat aus erbrachte Steuerberatungsdienstleistung ohne physischen Grenzübertritt der handelnden Personen, auch wenn der Inhalt der Regelungen zum Teil bei der Berücksichtigung der in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Qualifikationen herangezogen wird. Der Grundsatz der Rechtssicherheit gebietet es, dass Rechtsvorschriften, vor allem dann, wenn sie nachteilige Folgen für Einzelne und Unternehmen haben können, klar, bestimmt und in ihren Auswirkungen voraussehbar sein müssen (EuGH-Urteil X-Steuerbe-ratungsgesellschaft, EU:C:2015:827, Rz 58; (vgl. BFH-Urteil vom 19.10.2016 II R 44/12, BStBl II 2017, 797, Rn. 65).
89hh) Unter Anwendung dieser vom BFH abgeleiteten Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, lässt sich selbst in dem Fall, dass die Klägerin keine Niederlassung in Deutschland hat und ausschließlich von den Niederlanden aus tätig wurde, aus der unionsrechtlich gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit keine Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung ableiten.
90Der Senat kann nicht feststellen, dass die erforderlichen Voraussetzungen für eine Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen gegeben waren.
91Die Klägerin hat insbesondere nicht dargelegt und nachgewiesen, dass sie während der letzten zehn Jahren den steuerberatenden Beruf in den Niederlanden für mindestens zwei Jahre in einer Art und Weise ausgeübt hat, die sich nicht auf die Erbringung grenzüberschreitender Beratungsleistungen für inländische Steuerpflichtige beschränkte. Der Auszug aus dem niederländischen Handelsregister ist insoweit nicht ausreichend. Die Klägerin hat auf Aufforderung des Gerichts lediglich unzureichend vorgetragen, dass gerichtsbekannt sei, dass sie in den Niederlanden eine Niederlassung habe von der aus sie in den letzten zehn Jahren mindestens zwei Jahre lang ihre steuerberatende Tätigkeit ausgeübt habe. Nachweise dafür, dass sich die Berufsausübung in den vergangenen Jahren nicht ausschließlich auf grenzüberschreitende Beratungsleistungen für deutsche Steuerpflichtige beschränkt habe, würden schon aus Gründen des Steuergeheimnisses nicht vorgelegt.
92Das Gericht erforscht zwar den Sachverhalt von Amts wegen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO). Da aber ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen ist, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, bestehen erhöhte Mitwirkungspflichten der Beteiligten (§ 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 AO). Der Dienstleister, der sich auf die Dienstleistungsfreiheit beruft, trägt insoweit die Feststellungslast für alle Tatsachen, die für eine Anwendung der Dienstleistungsfreiheit erforderlich sind (vgl. BFH-Urteil vom 19.10.2016 II R 44/12, BStBl II 2017, 797, Rn. 64).
93Offenbleiben kann daher, ob die von der Klägerin abgeschlossene Haftpflichtversicherung die vom BFH insoweit aufgestellten Anforderungen an den erforderlichen Versicherungsschutz erfüllt.
94ii) Aus anderen europarechtlichen Normen lässt sich eine Befugnis der Klägerin zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen nicht ableiten. Auch insoweit verweist der Senat auf die Ausführungen des EuGH und des BFH (EuGH, Urteil X-Steuerberatungsgesellschaft vom 17. Dezember 2015 C-342/14, EU:C:2015:827, Rn. 40 zu Art. 5 Richtlinie 2005/36/EG und zu Art. 16 Abs. 1 und 2 Richtlinie 2006/123/EG bzw. BFH-Urteil vom 19.10.2016 - II R 44/12, BStBl II 2017, 797, Rn. 54 und 80 ff. zu Richtlinie 2000/31/EG).
95c) Der Zurückweisungsbescheid ist im Übrigen auch nicht nichtig. Gemäß § 125 Abs. 1 AO ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Ein besonders schwerwiegender Fehler liegt nur vor, wenn der Verwaltungsakt die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellenden Anforderungen in einem so erheblichen Maß verletzt, dass von niemanden erwartet werden kann, ihn als verbindlich anzuerkennen (BFH-Beschluss vom 1. Oktober 1981 IV B 13/81, BStBl II 1982, 133; BFH-Beschluss vom 14. April 1989 III B 5/89, BStBl II 1990, 351). Der Verwaltungsakt muss schlechterdings unerträglich erscheinen, d.h. mit den tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten Wertvorstellungen unvereinbar sein (BFH-Beschluss vom 30. November 1987 VIII B 3/87, BStBl II 1988, 183). Da der vorliegende Bescheid aber den gesetzlichen Wertungen des § 80 Abs. 5 AO entspricht und rechtmäßig istt, kann ein schwerwiegender Fehler im genannten Sinne nicht vorliegen.
96Weitere Gründe, die eine Nichtigkeit des Bescheides bewirken würden, sind nicht ersichtlich. Insbesondere verstößt der Erlass eines Zurückweisungsbescheids für sich genommen auch nicht gegen die guten Sitten (§ 125 Abs. 2 Nr. 4 AO). Vielmehr entspricht es der gesetzlich vorgesehenen Verpflichtung der Finanzbehörde, einen Bevollmächtigten, der geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leistet, ohne dazu befugt zu sein, zurückzuweisen (§ 80 Abs. 5 AO). Der Bescheid enthält keinerlei unsachliche, als sittenwidrig zu wertende Erwägungen.
973.
98a. Den in den Schriftsätzen gestellten Beweisanträgen musste das Gericht nicht nachgehen. Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen und erhebt die erforderlichen Beweise (§§ 76 Abs. 1 S. 1, 81 Abs. 1 S. 2 FGO). Einem Beweisantrag braucht das Gericht nicht nachzukommen, soweit die darin benannte Tatsache nicht entscheidungserheblich ist (vgl. BFH-Beschluss vom 01.06.2015 X B 6/15, BFH/NV 2015, 1265).
99Die Klägerin hat Beweis angeboten dazu, dass die Klägerin zum Zweck der konkreten Dienstleistung nicht einmal physisch die Grenze von den Niederlanden nach Deutschland überschritten hat. Der Senat braucht dieser Behauptung nicht nachzugehen, da sie nicht entscheidungserheblich ist. Die Klage ist auch abzuweisen, wenn diese Aussage der Klägerin als zutreffend unterstellt wird.
100b. Die Akten des Beklagten wurden zu dem Verfahren hinzugezogen. Die Klägerin wurde darüber wie über sämtliche weiteren Beiziehungen von Akten langfristig informiert. Sie hatte dementsprechend hinreichend Gelegenheit zur Akteneinsicht. Die von der Klägerin angeregte Beiziehung der Akten der Steuerberaterkammer Y erübrigte sich aus den unter II. 2. a) bb) genannten Gründen.
101c. Eine Aussetzung des Verfahrens zur Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens war nicht geboten. Wie sich aus Art. 267 AEUV ergibt, besteht keine Verpflichtung eines nationalen Gerichts zur Vorlage an den EuGH, wenn dessen Entscheidung nicht unanfechtbar ist. Ein Vorabentscheidungsverfahren hält der Senat im Übrigen auch deshalb nicht für erforderlich, weil die aufgeworfenen Rechtsfragen durch den EuGH bereits ausreichend geklärt sind. Einer Vorlage bedarf es dann nicht (vgl. EuGH-Urteil CILFIT vom 6.10.1982 Rs. 283/81, EU:C:1982:335).
1024. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.
1035. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.