Finanzgericht Köln, 10 V 1706/18
Der Körperschaftsteuerbescheid 2016 wird i.H.v. 11.520 Euro von der Vollziehung ausgesetzt.
Der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer wird i.H.v. 358.938 Euro von der Feststellung ausgesetzt.
Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin zu 60 % und der Antragsgegner zu 40 %.
1
Gründe:
2I.
3Die Beteiligten streiten in der Hauptsache noch im Einspruchsverfahren um die Anwendbarkeit der Vorschrift des § 8d KStG.
4Die Antragstellerin ist eine GmbH, bei der im Jahr 2016 unstrittig Anteilsübertragungen stattgefunden haben, durch die mehr als 50 % der Anteile an der Gesellschaft übertragen wurden. Am 18. April 2018 reichte der steuerliche Berater der Antragstellerin die Körperschaftsteuererklärung in elektronischer Form ein. Dabei unterließ er es, einen Antrag nach § 8d KStG, der in der Anlage WA hätte enthalten sein müssen, zu stellen.
5Daraufhin stellte der Antragsgegner unter Anwendung der Vorschrift des § 8c KStG mit Bescheid vom 30. Mai 2018 den verbleibenden Verlustvortrag auf den 31.12.2016 mit 0 Euro fest und setzte gegenüber der Antragstellerin eine Körperschaftsteuer i.H. von 11.520 Euro fest. Mit Bescheid vom 11. Juni 2018 stellte er unter Anwendung des § 10a Abs. 8 GewStG i.V. mit § 8c KStG den vortragsfähigen Gewerbeverlust ebenfalls mit 0 Euro fest.
6Mit Schreiben vom 22. Juni 2018 (gegen Bescheide vom 30. Mai 2018) und vom 11. Juli 2018 (gegen Bescheid vom 11. Juni 2018) legte die Antragstellerin fristgerecht Einspruch ein und reichte am 24. Juni 2018 zur Begründung des Einspruchs eine geänderte Körperschaftssteuererklärung 2016 ein, die in der Anlage WA den Antrag auf Anwendung des § 8d KStG enthielt. Gleichzeitig begehrte sie Aussetzung der Vollziehung.
7Diesen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 9.7.2018 bezüglich der Körperschaftsteuer sowie der Feststellung eines Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2016 mit der Begründung ab, dass die Formulierung des § 8d KStG auch eine zeitliche Komponente beinhalte. Der Antrag sei in der Steuererklärung zu stellen und könne nicht nach § 8d Abs. 1 S. 5 KStG in einem Verfahren zur Berichtigung der Steuererklärung nachgeholt werden.
8Einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes stellte die Antragstellerin nicht mehr, da ihrem Berater telefonisch erklärt worden sei, dass ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung auch für die Gewerbesteuer abgelehnt würde, wenn ein solcher gestellt werden würde.
9Nach Auffassung der Antragstellerin bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte, so dass eine Aussetzung der Vollziehung geboten sei. Der Antragsgegner lege die Norm des § 8d KStG zu eng aus. Aus dem Wortlaut sei keine Einschränkung dahingehend zu erkennen, dass der Antrag nur bei erstmaliger Einreichung der Steuererklärung gestellt werden könne. Weder dem Wortlaut noch der Begründung des ursprünglichen oder des Gesetz gewordenen Entwurfs sei eine zeitliche Komponente zu entnehmen. Vielmehr sei die Formulierung so zu verstehen, dass der Antrag –ebenso wie die Steuererklärung– auf elektronischem Wege und unter Beachtung der Formvorschriften für die Steuererklärung, also nicht formlos, zu stellen sei. § 8d KStG enthalte auch im Unterschied zu § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 4 EStG sowie § 3 Abs. 2 Satz 2 und § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG gerade keine zeitliche Formulierung („spätestens“), mit der ein genauer letzter Zeitpunkt für die Antragstellung festgelegt werde. Gerade durch die Verwendung dieses Wortes sehe der Bundesfinanzhof (BFH , in seinem Urteil vom 28. Juli 2015 VIII R 50/14, BStBl. II, 849) jedoch den eindeutigen gesetzgeberischen Willen zum Ausdruck gebracht, die Ausübung des Wahlrechts durch die Abgabe der Einkommensteuererklärung (respektive der Schlussbilanz) zeitlich zu befristen.
10Für die weiteren –rein vorsorglich– dargestellten Erwägungen zur Verfassungswidrigkeit des § 8c KStG wird auf den Vortrag im Schreiben der Antragstellerin vom 16. Juli 2018 verwiesen.
11Die Antragstellerin beantragt,
12den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2016 vom 30.5.2018 i.H. von 358.938 Euro von der Vollziehung auszusetzen
13den Bescheid über die gesonderte Festsetzung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2016 vom 11.6.2018 i.H. von 283.823 Euro von der Vollziehung auszusetzen
14den Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2016 vom 30.5.2018 insoweit von der Vollziehung auszusetzen, als in ihm kein Verlustvortrag i.H. von 435.740 Euro berücksichtigt wurde.
15Der Antragsgegner beantragt,
16den Antrag abzuweisen.
17Die Argumentation der Antragstellerin begründe keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide. Nach der bestehenden Rechtslage sei der Antrag bei erstmaliger Abgabe der Steuererklärung für die Veranlagung des Veranlagungszeitraums zu stellen, in den der schädliche Beteiligungserwerb falle. Regelungen, die die Stellung des Antrags bis zur Unanfechtbarkeit des Körperschaftsteuerbescheids bzw. solange eine Änderung nach den Vorschriften der AO oder von Einzelsteuergesetzen noch möglich sei, vorsähen, gebe es derzeit nicht.
18II.
19Dem Antrag auf Aussetzung des Körperschaftsteuerbescheids 2016 wird in Höhe von 11.520 Euro, dem Antrag auf Aussetzung des Bescheids über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2016 wird in Höhe von 358.938 Euro entsprochen (s. dazu 2.). Der Antrag bleibt bezüglich der Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2016 sowie in Bezug auf die weitere Aussetzung des Körperschaftsteuerbescheids ohne Erfolg (s. dazu 1.).
201. Die Anträge sind teilweise unzulässig.
21a) Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Bescheids über die gesonderte Festsetzung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2016 ist unzulässig, da die Antrastellerin nach eigenem Vortrag bisher beim Antragsgegner keinen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt hat. Dies wie die nachfolgende Ablehnung dieses Antrags ist aber nach § 69 Abs. 4 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (-FGO-) unabdingbare Zulässigkeitsvoraussetzung für die Stellung eines Antrags bei Gericht. Die Darstellung der Antragstellerin ihr sei telefonisch mitgeteilt worden, dass auch dieser Antrag abgelehnt werden würde, wenn er gestellt würde, ersetzt die tatsächliche Stellung eines Antrags nicht.
22b) Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Körperschaftsteuerbescheids 2016 ist gemäß § 69 Abs. 3 und 4 FGO insoweit zulässig, als die Aussetzung der festgesetzten Körperschaftsteuer i.H. von 11.520 Euro begehrt wird. Insbesondere sind hier auch die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO erfüllt, nachdem der Antragsgegner die seitens der Antragstellerin beantragte Vollziehungsaussetzung mit Schreiben vom 9.7.2018 abgelehnt hat.
23Soweit die Antragstellerin jedoch darüber hinaus die Aussetzung der Vollziehung des Körperschaftsteuerbescheides 2016 begehrt, ist ihr Begehren unzulässig. Die von der Antragstellerin begehrte über die tatsächlich festgesetzte Steuer hinausgehende Vollziehungsaussetzung kann nur im Wege der Aussetzung der Vollziehung des Bescheids über die gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer 2016 erlangt werden. Für eine über die festgesetzte Steuer hinausgehende Aussetzung der Vollziehung des Körperschaftsteuerbescheids fehlt es der Antragstellerin am Rechtsschutzbedürfnis. Das Rechtsschutzbedürfnis setzt voraus, dass vorläufiger Rechtsschutz durch die Aussetzung der Vollziehung erreichbar ist. Dies wiederum ist (nur) bei vollziehbaren Verwaltungsakten der Fall, d.h. bei solchen, von deren Inhalt (Wirkungen) in irgendeiner Weise Gebrauch gemacht werden kann (vgl. BFH-Beschluss vom 18. September 1995 X B 134/91, BFH/NV 1996, 232; BFH-Beschluss vom 19. Dezember 2014 II B 115/14, BFH/NV 2015, 473). Dies ist bei Körperschaftsteuerbescheiden nur in Höhe der festgesetzten Steuer der Fall, darüber hinaus sind solche Bescheide nicht vollziehbar (vgl. Stapperfend in Gräber, § 69 FGO, Rz. 69, 90; Gosch in Beermann/Gosch, § 69 FGO, Rz. 39, 102).
24Vollziehbar sind zwar nicht nur Verwaltungsakte, die dem Adressaten eine Leistungspflicht auferlegen, sondern auch Grundlagenbescheide. Denn ihre Bindungswirkung führt zum Erlass oder der Änderung des Folgebescheids (Stapperfend in Gräber, § 69 FGO, Rz. 38). Allerdings sind diese Voraussetzungen im Verhältnis von Einkommen- und Körperschaftsteuerbescheiden zu Verlustfeststellungsbescheiden nicht gegeben. Etwas Anderes folgt auch nicht aus § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG in der Fassung des JStG 2010. Diese Regelung ist hier unstreitig anwendbar, da sie für alle Erklärungen gilt, die nach dem 13.12.2010 eingereicht wurden (vgl. § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG in der Fassung des JStG 2010). Allerdings wirkt sich die hierin vorgesehene Bindungswirkung der Besteuerungsgrundlagen aus dem Körperschaftsteuerbescheid 2016 für die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf Grund des eindeutigen Wortlauts entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht im Rahmen einer Vollziehungsaussetzung aus. Denn § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG erklärt, worauf der Antragsgegner zutreffend hinweist, zwar ausdrücklich § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 351 Abs. 2 AO für entsprechend anwendbar, nicht aber § 361 Abs. 3 Satz 1 AO und § 69 Abs. 2 Satz 4 FGO (so auch: BMF-Schreiben vom 11.4.2016, BStBl. I 2016, 450). Gründe für eine abweichende Auslegung sind auch aus den Gesetzesmaterialien nicht erkennbar (vgl. BT-Drucksache 17/2249, S. 52). Selbst bei einer Nullfestsetzung muss daher der Körperschaftsteuerbescheid zwar angefochten werden, die Vollziehungsaussetzung wegen der streitigen Besteuerungsgrundlagen kann jedoch nur im Wege eines Antrags auf Aussetzung der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags erlangt werden (so auch im Beschluss des FG Köln vom 23.6.2016, 13 V 436/16, juris).
25c) Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2016 ist zulässig, da wegen der Ablehnung des Aussetzungsantrags der Antragstellerin mit Bescheid vom 9.7.2018 die Voraussetzungen des § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO erfüllt sind und die Antragstellerin ihr Rechtsschutzbegehren nur im Wege der Aussetzung der Vollziehung dieses Bescheids erlangen kann (s.o.).
262. Die Anträge sind – soweit zulässig – begründet.
27Die seitens der Antragstellerin vorgetragenen Argumente zur Auslegung des § 8d Abs. 1 Satz 5 KStG lassen beim beschließenden Senat ernstliche Zweifel sowohl an der Rechtmäßigkeit des in der Hauptsache angefochtenen Körperschaftsteuerbescheids 2016 wie auch an der Rechtmäßigkeit des ebenfalls in der Hauptsache angefochtenen Bescheids über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2016 entstehen.
28a) Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V. mit Abs. 2 Satz 2 FGO soll auf Antrag die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn u.a. ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen.
29Ernstliche Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts neben den für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (vgl. BFH-Beschluss vom 10.02.1967 – III B 9/66, BStBl III 1967, 182; seitdem ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 13.03.2012 – I B 111/11, BStBl II 2012, 611 und vom 09.05.2012 – I B 18/12, BFH/NV 2012, 1489). Bei der notwendigen Abwägung der im Einzelfall entscheidungsrelevanten Umstände und Gründe sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 10.07.1980 – IV B 77/79, BStBl II 1980, 697; vom 12.11.1992 – XI B 69/92, BStBl II 1993, 263; vom 16.10.1991 – I B 227/90, I B 228/90, I B 227/90, I B 228/90, BFH/NV 1992, 341). Die Aussetzung der Vollziehung setzt jedoch nicht voraus, dass die gegen die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründe überwiegen. Vielmehr genügt es, dass der Erfolg des Rechtsbehelfs ebenso wenig auszuschließen ist wie sein Misserfolg (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 23.08.2007 – VI B 42/07, BStBl II 2007, 799). Ist die Rechtslage nicht eindeutig, so ist im AdV-Verfahren nicht abschließend zu entscheiden, sondern im Regelfall die Vollziehung auszusetzen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 19.05.2010 – I B 191/09, BStBl II 2011, 156; vom 26.08.2010 – I B 85/10, BFH/NV 2011, 220).
30Die Prüfung, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts vorliegen, erfolgt im Rahmen einer lediglich summarischen Prüfung. Dabei beschränkt sich der Prozessstoff wegen der Eilbedürftigkeit des Verfahrens auf die dem Gericht vorliegenden Unterlagen, insbesondere auf die Akten der Finanzbehörde und andere präsente Beweismittel. Weitere Maßnahmen zur Ermittlung des Sachverhalts muss das Gericht nicht ergreifen (vgl. BFH-Beschluss vom 14.02.1989 – IV B 33/88, BStBl II 1989, 516).
31b) Unter Berücksichtigung dieser – vom beschließenden Senat geteilten – Grundsätze bestehen im Streitfall nach summarischer Prüfung der präsenten Beweismittel und vorgelegten Akten ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide.
32aa) Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass bei der Antragstellerin die Voraussetzungen des § 8c KStG wie dem Grunde nach auch des § 8d KStG vorliegen. Streitig ist lediglich, ob die Antragstellerin den Antrag nach § 8d Abs. 1 Satz 5 KStG erstmalig im Einspruchsverfahren durch Abgabe einer geänderten Steuererklärung stellen durfte. Dies ist bei summarischer Prüfung der Fall.
33Der Gesetzeswortlaut des § 8d Abs. 1 Satz 5 enthält keine Ausschlussfrist des Inhalts, dass der Antrag nach § 8d Abs. 1 KStG in der Erst-KSt-Erklärung – und nur dort – gestellt werden kann, sondern lediglich, dass der „Antrag in der Steuererklärung für die Veranlagung des VZ zu stellen ist“. Die in der amtlichen Gesetzesbegründung (BR-Drs. 544/16, 8) enthaltene Formulierung, dass ein Antrag nach § 8d Abs. 1 Satz 5 „bis zum Ende des Wj.“ beantragt werden kann, hat keinen Eingang in das Gesetz gefunden und ist daher – jedenfalls bei summarischer Prüfung – unbeachtlich. Insbesondere hat der Gesetzgeber auf eine ausdrückliche Antragsbefristung – anders als z. B. in § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG – verzichtet (z.B. Suchanek/ Rüsch in Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zum EStG/KStG § 8d Rz 41 m.w.N. auch zur Gegenansicht z.B. von Frotscher in Frotscher/Drüen, Kommentar zum KStG § 8d Rz. 146 ff, Brandis in Blümich, Kommentar zum EStG/KStG § 8d Rz. 41). Insoweit weist die Antragstellerin zutreffend darauf hin, dass der Wortlaut sich gerade im entscheidenden Punkt („spätestens“) auch wesentlich vom Wortlaut des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG, auf den der Antragsgegner seine Argumentation stützt, unterscheidet.
34Auch materiell-rechtliche Gründe zur Beschränkung eines Antrags nach § 8d KStG auf die Erst-Erklärung sind bei summarischer Prüfung nicht ersichtlich (vgl. hierzu auch FG Thüringen v. 5.10.2018, 1 K 348/18, EFG 2018, 1907). Vielmehr wählt der Steuerpflichtige mit einem Antrag nach § 8d KStG eine von § 8c KStG abweichende Art der Verlustnutzung, die eigenen Regeln folgt. Der insoweit eingeräumte Verlustabzug steht unter dem Vorbehalt, dass in der Zukunft bis zum Verlustverbrauch kein schädliches Ereignis i. S. des § 8d Abs. 2 KStG eintritt. In einem solchen Fall ginge der dann noch vorhandene fortführungsgebundene Verlustvortrag vollständig unter.
35Gegen die Lesart des Antragsgegners spricht schließlich auch die fehlende Möglichkeit bei nachträglichem Entstehen eines Verlustes nach § 8 c KStG (z. B. nach einer Bp, in der erstmals ein Verlustabzug nach § 8c KStG beschränkt wurde) einen Antrag nach § 8d KStG zu stellen. Würde man § 8d Abs. 1 Satz 5 KStG als gesetzliche Ausschlussfrist begreifen, würde der betroffenen Körperschaft im Fall des nachträglichen Entstehens eines Verlustes die gesetzlich vorgesehene – von § 8c KStG abweichende – Verlustbehandlung genommen. Auch hierfür ist bei summarischer Prüfung ein sachlicher Grund nicht erkennbar.
36Zu Recht weisen Suchanek/ Rüsch in ihrer Kommentierung auch darauf hin, dass die Unterbringung dieses Antrags im Erklärungsformular noch in Bearbeitung ist und der Steuerpflichtige bis zur Umsetzung dieser Lösung den Antrag in der Anlage WA stellen muss. Dies bedeutet ein erhöhtes Fehlerrisiko für die Steuerpflichtigen. Ein Erfolg des Rechtsbehelfs der Antragstellerin erscheint dem erkennenden Senat unter diesen Umständen keinesfalls unwahrscheinlich. Zudem ist zur Frage der Auslegung des § 8d Abs. 1 Satz 5 KStG – soweit ersichtlich – bislang (noch) kein Verfahren beim Bundesverfassungsgericht oder beim Bundesfinanzhof anhängig.
37bb) Angesichts dieses Ergebnisses war eine Befassung mit der hilfsweise von der Antragstellerin ins Feld geführten Verfassungswidrigkeit des § 8c KStG entbehrlich.
383. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 S. 1 FGO. Es erscheint sachgerecht die Kosten des Verfahrens mit einer Quote von 60 % auf die Antragstellerin und nur mit 40 % auf den Antragsgegner aufzuteilen. Diese Quote ergibt sich unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Antragstellerin in einem erheblichen Umfang (je 10 % der Antragssumme auf Berücksichtigung eines Verlustvortrags im Körperschaftsteuerbescheid sowie auf Aussetzung des Bescheids über die Festsetzung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes, insgesamt i.H. von 70.804 Euro) unzulässig war. Hingegen war die Antragstellerin mit ihrem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Körperschaftsteuerbescheids 2016 i.H. von 11.520 € sowie bezüglich der Aussetzung des Bescheids über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2016 (ebenfalls bemessen mit 10 % der Antragssumme) i.H. von 47.458 Euro erfolgreich.