Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) zu Veräußerungsverlusten bei wesentlichen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften liefert wichtige Erkenntnisse für die steuerliche Behandlung solcher Transaktionen. Hier sind die Kernpunkte des Urteils:
- Gewinnerzielungsabsicht: Der BFH hat klargestellt, dass sich die Gewinnerzielungsabsicht, die für Einkünfte aus § 17 EStG erforderlich ist, auf die gesamte Beteiligung des Steuerpflichtigen an der Kapitalgesellschaft beziehen muss, nicht nur auf den einzelnen veräußerten Geschäftsanteil.
- Kein Gestaltungsmissbrauch: Die gezielte Herbeiführung eines Verlusts durch die Veräußerung eines GmbH-Geschäftsanteils, dessen Anschaffungskosten aufgrund eines Aufgelds (Agio) über dem Verkehrswert liegen, ist nicht automatisch als rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 42 AO anzusehen. Der BFH erkennt an, dass es legitime wirtschaftliche Gründe für eine Kapitalerhöhung mit Zahlung eines Agios gibt, wie etwa die Stärkung der finanziellen Ausstattung der GmbH.
- Relevanz der Neuregelung: Das Urteil bezieht sich auf Gestaltungen, die bis zum 31. Juli 2019 durchgeführt wurden. Ab dem 1. August 2019 verhindert eine Neuregelung im § 17 Abs. 2a Satz 5 EStG, die mit dem Jahressteuergesetz 2019 eingeführt wurde, solche Gestaltungen, indem Anschaffungskosten nicht mehr einem bestimmten Gesellschaftsanteil zugeordnet werden können.
- Behandlung von Aufgeldern: Unter der neuen Gesetzeslage müssen bei Erwerb von Anteilen an derselben Kapitalgesellschaft zu verschiedenen Zeitpunkten die Anteile und ihre Anschaffungskosten gesondert ermittelt und festgehalten werden. Eine Zusammenrechnung der einzelnen Anteile und die Bildung eines durchschnittlichen Anschaffungspreises sind nicht zulässig. Aufgelder bei einer Überpari-Emission sind gleichmäßig auf alle Anteile des Gesellschafters zu verteilen.
Dieses Urteil hat somit Auswirkungen auf die steuerliche Planung und Gestaltung beim Erwerb und Verkauf von Anteilen an Kapitalgesellschaften, insbesondere im Hinblick auf die Nutzung von Veräußerungsverlusten zur Steuerminderung. Steuerpflichtige und ihre Berater müssen diese Entscheidung und die gesetzlichen Änderungen berücksichtigen, um steuerliche Risiken zu vermeiden und die steuerlichen Folgen solcher Transaktionen korrekt zu behandeln.