Wann sind Steuerbescheide nichtig?

Wann sind Steuerbescheide nichtig?

Kernaussage

Erheblich voneinander abweichende Schätzungen des Finanzamtes sind nicht nichtig, solange sich die Ergebnisse nicht in Bescheiden niedergeschlagen haben.

Sachverhalt

Die Kläger betrieben einen Döner-Imbiss. Für die Jahre 2003 bis 2008 führte das Finanzamt eine Betriebsprüfung durch, die eine Verkürzung von Einnahmen und Ausgaben ergab. Nach Einleitung des Steuerstrafverfahrens fand ein erster Erörterungstermin statt, in dem die zu erwartenden Mehrsteuern auf ca. 800.000 EUR geschätzt wurden. In einem weiteren Termin wurde die Schätzung auf 550.000 EUR reduziert. Ferner bot das Finanzamt bei einer mit weiteren Auflagen verbundenen tatsächlichen Verständigung einen Zahlbetrag von 170.000 EUR an. Schließlich ergingen Steuerbescheide, die aufgrund von Hinzuschätzungen wegen Buchführungsmängel Mehrsteuern von 480.000 EUR festsetzten. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens änderte das Finanzamt nochmals die Höhe der Hinzuschätzungen. Die Kläger sind der Auffassung, dass derart unterschiedliche Schätzungsergebnisse als willkürlich angesehen werden müssen und damit nichtig sind.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Zwischen den Schätzergebnissen besteht zwar eine erhebliche Differenz, die Ergebnisse haben sich aber nicht in Bescheiden niedergeschlagen. Diese sind jedoch Voraussetzung dafür, dass eine willkürliche Schätzung anfechtbar wird. Selbst grobe Schätzfehler, die auf Nachlässigkeit oder auf Verkennung der Verhältnisse des Einzelfalls beruhen, machen Bescheide im Übrigen nur rechtswidrig und nicht nichtig. Auch wenn auf die Kläger durch die erste höchste Steuernachforderung im Hinblick auf die strafrechtlichen Folgen Druck ausgeübt wurde, führt dies nicht zur Nichtigkeit der späteren Bescheide. Wegen der von den Klägern zu vertretenden mangelnden Überprüfungsmöglichkeiten war lediglich eine grobe Schätzung geboten, für die verschiedene Schätzungsmethoden zur Verfügung stehen. Das Finanzamt hat zu Recht seiner Schätzung kombinierte Mittelwerte aus der amtlichen Rechtssatzsammlung für Imbisse, Pizzerien und Gaststätten zu Grunde gelegt.

Konsequenz

Die Steuerpflichtigen gaben durch ihren groben Pflichtverstoß Anlass zu einer Schätzung, deren Unsicherheiten nicht zu Lasten des Finanzamtes gehen dürfen, solange sich die Behörde innerhalb des Schätzungsrahmens bewegt.