Die steuerliche Berücksichtigung von Unterkunftskosten bei einer beruflich bedingten doppelten Haushaltsführung im Ausland ist ein komplexes Thema. Mit einem aktuellen Urteil vom 9. August 2023 (Aktenzeichen VI R 20/21) hat der Bundesfinanzhof (BFH) klargestellt, wie diese Kosten in der Steuererklärung zu berücksichtigen sind. Das Urteil widerspricht der bisherigen Verwaltungsmeinung des Bundesfinanzministeriums und hat weitreichende Auswirkungen für Arbeitnehmer mit doppeltem Haushalt im Ausland.
Doppelte Haushaltsführung und Unterkunftskosten – Die Grundlagen
Gemäß § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer aufgrund einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen, als Werbungskosten abzugsfähig. Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt.
Seit 2014 enthält das EStG eine spezielle Regelung für Unterkunftskosten im Inland. Hierbei entfällt die Prüfung der notwendigen Mehraufwendungen. Allerdings ist diese Regelung explizit auf Haushalte im Inland beschränkt, was bedeutet, dass für Zweithaushalte im Ausland andere Regeln gelten.
Unterkunftskosten bei doppelter Haushaltsführung im Ausland
Für Auslandssachverhalte bleiben die Unterkunftskosten als Werbungskosten abzugsfähig, jedoch nur in der Höhe, die objektiv zur Zweckverfolgung erforderlich ist. Die im Inland geltende Typisierung, dass Unterkunftskosten bis zum Durchschnittsmietzins einer 60 m² großen Wohnung am Beschäftigungsort abzugsfähig sind, findet im Ausland keine Anwendung. Dies hat der BFH in seinem Urteil vom 9. August 2023 ausdrücklich klargestellt und sich damit gegen die Verwaltungsanweisung des Bundesfinanzministeriums aus dem Jahr 2020 gestellt.
Warum gilt die »60 qm–Rechtsprechung« nicht für das Ausland?
Der BFH begründet seine Entscheidung damit, dass die sogenannte »60 qm–Rechtsprechung« auf den inländischen sozialhilferechtlich anerkannten Mindestbedarf für Unterkunft und Wohnen basiert. Diese Typisierung wurde an die finanziellen Verhältnisse und Standards im Inland angepasst und dient lediglich einer existenziellen Versorgung. Eine Übertragung dieser Typisierung auf Auslandssachverhalte ist daher nicht angemessen, da sich die Verhältnisse und typischen Kosten im Ausland erheblich von den inländischen Bedingungen unterscheiden.
Darüber hinaus ist eine solche Typisierung im Ausland nicht praktikabel, da belastbare Vergleichszahlen zum ortsüblichen Mietzins für eine durchschnittliche Wohnung im Ausland oft nicht verfügbar sind. Der BFH führt weiter aus, dass die örtlichen Gegebenheiten in verschiedenen Ländern so unterschiedlich sind, dass es keinen „typischen Fall“ gibt, an dem man sich orientieren könnte.
Was bedeutet das für die Steuererklärung?
Der BFH hat klargestellt, dass bei einer doppelten Haushaltsführung im Ausland stets im Einzelfall geprüft werden muss, welche Unterkunftskosten als notwendig und somit als Werbungskosten abzugsfähig sind. Dies bedeutet, dass die tatsächlichen Kosten der Zweitwohnung berücksichtigt werden können, sofern sie nach objektiven Maßstäben zur Zweckverfolgung erforderlich sind.
Wichtig: Die Unterkunftskosten müssen durch den Arbeitnehmer belegt und im Detail nachgewiesen werden. Der Abzug ist somit nicht pauschal begrenzt, wie es bei einer doppelten Haushaltsführung im Inland der Fall sein kann. Entscheidend ist, dass die Kosten im Rahmen der individuellen Verhältnisse und des Beschäftigungsortes objektiv angemessen sind.
Fazit
Mit diesem Urteil hat der Bundesfinanzhof eine klare Absage an die bisherige Verwaltungsmeinung erteilt, die auch für Auslandsfälle eine Begrenzung der Unterkunftskosten nach der »60 qm–Regel« vorsah. Stattdessen müssen bei einer doppelten Haushaltsführung im Ausland die tatsächlichen Unterkunftskosten berücksichtigt werden, sofern sie notwendig und objektiv zur Zweckverfolgung erforderlich sind. Dies schafft Klarheit und ermöglicht Arbeitnehmern mit doppeltem Haushalt im Ausland, realitätsnah ihre Mehraufwendungen steuerlich geltend zu machen.
Praxistipp: Wer eine doppelte Haushaltsführung im Ausland hat, sollte alle Belege und Nachweise zu den Unterkunftskosten sorgfältig sammeln und aufbewahren. Da der Einzelfall entscheidet, ist es ratsam, sich bei der Steuererklärung von einem Steuerberater unterstützen zu lassen, um die erforderlichen Nachweise korrekt aufzubereiten und einzureichen.