Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat am 12. Dezember 2023 in den Urteilen 5 C 9.22 und 5 C 10.22 eine wichtige Entscheidung bezüglich der Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen getroffen. Diese Entscheidung betrifft Eltern, die getrennt leben und bei denen der barunterhaltspflichtige Elternteil sich an der Betreuung des Kindes beteiligt, aber den Mindestunterhalt nicht leistet.
Wesentliche Punkte der Entscheidung:
- Anspruch auf Unterhaltsvorschuss: Ein Anspruch auf Unterhaltsvorschussleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG) besteht nur dann, wenn der Mitbetreuungsanteil des barunterhaltspflichtigen Elternteils unter 40 Prozent liegt.
- Fallbeispiel: Im konkreten Fall beantragte die Klägerin Unterhaltsvorschuss für ihre siebenjährigen Zwillinge. Der Vater betreute die Kinder vierzehntägig von Mittwochnachmittag bis Montagmorgen, was einem Betreuungsanteil von 36 Prozent während der Schulzeiten entsprach.
- Begründung des Gerichts: Das Bundesverwaltungsgericht hob die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts auf und verwies die Sache zurück. Es betonte, dass der Anspruch auf Unterhaltsvorschuss neben ausbleibenden Unterhaltszahlungen voraussetzt, dass das Kind hauptsächlich bei einem Elternteil lebt und von diesem betreut wird. Eine wesentliche Entlastung des betreuenden Elternteils, die den Anspruch auf Unterhaltsvorschuss ausschließt, liegt vor, wenn der andere Elternteil einen Betreuungsanteil von 40 Prozent oder mehr hat.
- Berechnung des Betreuungsanteils: Die Berechnung des Betreuungsanteils erfolgt ausschließlich nach den Zeiten der tatsächlichen Betreuung, ohne Wertung und Gewichtung einzelner Betreuungsleistungen. Bei wechselweiser Betreuung wird typisierend darauf abgestellt, wo sich das Kind zu Beginn des Tages aufhält.
- Bedeutung von Kindergeld und Sorgerecht: Dem Bezug des Kindergeldes und Vereinbarungen zum Umgangsrecht kommt nur eine indizielle Bedeutung zu, während das Bestehen eines gemeinsamen Sorgerechts grundsätzlich keine Rolle spielt.
Auswirkungen der Entscheidung:
Diese Entscheidung hat wichtige Implikationen für getrennt lebende Eltern und die Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen. Sie klärt, unter welchen Umständen ein Anspruch auf Unterhaltsvorschuss besteht, wenn beide Elternteile sich an der Betreuung beteiligen. Dies ist besonders relevant in Fällen, in denen der barunterhaltspflichtige Elternteil zwar keine Unterhaltszahlungen leistet, aber einen erheblichen Teil der Betreuung übernimmt.