Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Einzweckguthabenkarten in der Telekommunikation

HIerzu: BMF-Schreiben vom 24. September 2012 – IV D 2 – S 7100/08/10004 :004 –

“Mit Urteil vom 3. Mai 2012, C-520/10, BStBl II Seite XXX,1 hat der EuGH entschieden, dass ein Telefonanbieter, der an einen Vertriebshändler Telefonkarten verkauft, die alle notwen-digen Informationen zur Tätigung internationaler Anrufe über die von diesem Anbieter zur Verfügung gestellte Infrastruktur enthalten und die der Vertriebshändler im eigenen Namen und für eigene Rechnung entweder unmittelbar oder über andere Unternehmer – wie Groß- oder Einzelhändler – an Endnutzer weiterverkauft, eine entgeltliche Telekommunikations-dienstleistung an den Vertriebshändler erbringt. […]“

Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Einzweckguthabenkarten in der Telekommunikation (PDF, 34,3 KB)

Bundesfinanzministerium (BMF)

 

Auswirkungen des EuGH-Urteils vom 3. Mai 2012, Lebara Ltd., C-520/10 

Mit Urteil vom 3. Mai 2012, C-520/10, BStBl II Seite XXX,1 hat der EuGH entschieden, dass ein Telefonanbieter, der an einen Vertriebshändler Telefonkarten verkauft, die alle notwen-digen Informationen zur Tätigung internationaler Anrufe über die von diesem Anbieter zur Verfügung gestellte Infrastruktur enthalten und die der Vertriebshändler im eigenen Namen und für eigene Rechnung entweder unmittelbar oder über andere Unternehmer – wie Groß- oder Einzelhändler – an Endnutzer weiterverkauft, eine entgeltliche Telekommunikations-dienstleistung an den Vertriebshändler erbringt. In dem entschiedenen Fall konnte der Leis-tungsempfänger das Guthaben ausschließlich für Telefongespräche nutzen. Eine Verwendung des Guthabens für andere Leistungen war technisch ausgeschlossen. Der betreffende Anbieter erbringt keine zweite entgeltliche Dienstleistung an den Endnutzer, wenn dieser, nachdem er die Telefonkarte erworben hat, von dem Recht Gebrauch macht, mit Hilfe der Informationen auf der Karte Anrufe zu tätigen.

1 Das Urteil wird zeitgleich im Bundessteuerblatt II veröffentlicht.

 

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt hinsichtlich der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Einzweckguthabenkar-ten (Monofunktionskarten) in der Telekommunikation Folgendes:

 

1. Art der Leistung 

Bei der entgeltlichen Abgabe von Telefonkarten,

– mit denen es dem Abnehmer ermöglicht wird, Anrufe über die zur Verfügung gestellte Infrastruktur zu tätigen,

– bei denen die Verwendung des Guthabens für andere Leistungen technisch ausge-schlossen ist und

– die alle zur Tätigung der Anrufe notwendigen Informationen enthalten,

handelt es sich um die Erbringung von Telekommunikationsdienstleistungen. Diese Leistun-gen werden bereits mit der Abgabe der Telefonkarten ausgeführt; wann das Guthaben tat-sächlich für Telefongespräche in Anspruch genommen wird, ist unerheblich. Es liegt keine Lieferung vor, da das wirtschaftliche Interesse des Kartenerwerbers nicht auf das Erlangen der Verfügungsmacht an der Karte gerichtet ist, sondern darauf, mit Hilfe der auf der Karte befindlichen Information Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. 

 

Werden ein oder mehrere Händler in den Vertrieb der Telefonkarten eingeschaltet, ist auf jeder Handelsstufe zu ermitteln, ob eine Telekommunikationsdienstleistung oder eine Ver-mittlungsleistung vorliegt. Sofern der Händler im eigenen Namen auftritt, erbringt er an seinen Abnehmer eine Telekommunikationsdienstleistung. Wenn er dabei für fremde Rech-nung tätig wird, gilt die Telekommunikationsdienstleistung nach § 3 Absatz 11 UStG als an ihn und von ihm erbracht. Agiert der Händler im fremden Namen und für fremde Rechnung, erbringt er eine Vermittlungsleistung.

 

2. Entstehung der Steuer

Die Steuer entsteht nach § 13 Absatz 1 Buchstabe a Satz 1 UStG bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistung (die Ermöglichung der Inanspruchnahme von Telefondienstleistungen oder die Ver-mittlungsleistung) ausgeführt worden ist.

 

3. Anwendungsregelung

Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Für vor dem 1. Januar 2013 entgeltlich abgegebene Einzweckguthabenkarten wird es nicht beanstandet, wenn der Unternehmer den vereinnahmten Betrag unter Berufung auf das BMF-Schreiben vom 3. Dezember 2001 – IV B 7 – S 7100 – 292/01 -, BStBl I Seite 1010, erst bei Aktivierung des Kartenguthabens als Anzahlung nach § 13 Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 UStG ver-steuert und nachfolgend das Telefonieren des Endnutzers als umsatzsteuerrechtliche Leistung behandelt.