Vereinfachung der elektronischen Rechnungsstellung zum 1. Juli 2011 durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011
Durch die Neufassung des § 14 Absatz 1 und 3 UStG durch Artikel 5 Nr. 1 des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vom 1. November 2011 (BGBl. I S. 2131) sind die umsatzsteuer-rechtlichen Regelungen für elektronische Rechnungen zum 1. Juli 2011 neu gefasst worden. Eine elektronische Rechnung ist nach § 14 Absatz 1 Satz 8 UStG n. F. eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird. Die Anforderungen an die Übermittlung elektronischer Rechnungen sind gegenüber der bisherigen Rechtslage deutlich reduziert. Nunmehr können u. a. auch Rechnungen, die per E-Mail (ggf. mit Bilddatei- oder Textdokumentanhang) übermittelt werden, zum Vorsteuerabzug berechtigen.
Bisher wurden auf elektronischem Weg übermittelte Rechnungen umsatzsteuerlich nur anerkannt, wenn eine qualifizierte elektronische Signatur (§ 14 Absatz 3 Nummer 1 UStG a. F.) oder ein EDI-Verfahren (§ 14 Absatz 3 Nummer 2 UStG a. F.) verwendet wurden. Dies entsprach den unionsrechtlichen Regelungen nach Artikel 233 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe a und b und Absatz 2 MwStSystRL. Der Gesetzgeber hat nunmehr von der Option nach Artikel 233 Absatz 1 Satz 2 MwStSystRL Gebrauch gemacht, die es den Mitgliedstaaten freistellt, auch Rechnungen anzuerkennen, die auf andere Weise elektronisch übermittelt oder bereitgestellt werden.
In Anlehnung an Artikel 233 MwStSystRL in der ab dem 1. Januar 2013 geltenden Fassung (Änderung durch die Richtlinie 2010/45/EU des Rates zu den Rechnungsstellungsvorschriften vom 13. Juli 2010, ABl. EU 2010 L 189 Seite 1) sind Papier- und elektronische Rechnungen ab dem 1. Juli 2011 umsatzsteuerrechtlich gleich zu behandeln (§ 14 Absatz 1 UStG n. F.). Die Gleichstellung führt zu keiner Erhöhung der Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit einer Papierrechnung.
Sowohl bei Papier- als auch bei elektronischen Rechnungen müssen nach § 14 Absatz 1 UStG n. F. die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rech-nung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung herstellen können. § 14 Absatz 3 Nummer 1 und 2 UStG n. F. nennt deshalb die qualifizierte elektronische Signatur oder die qualifizierte elektronische Signatur mit Anbieter-Akkreditierung nach dem Signaturgesetz und den elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustauschs (ABl. EG 1994 L 338 Seite 98) nur noch als Beispiele für Technologien, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts einer elektronischen Rechnung gewährleisten. Dies entspricht Artikel 233 Absatz 2 MwStSystRL in der Fassung der Richtlinie 2010/45/EU des Rates zu den Rechnungsstellungsvorschriften vom 13. Juli 2010, a.a.O.
Das innerbetriebliche Kontrollverfahren im Sinne des § 14 Absatz 1 UStG n. F. dient nicht dazu, die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15 UStG zu überprüfen. Ebenso wenig soll die inhaltliche Ordnungsmäßigkeit der Rechnung hinsichtlich der nach §§ 14 Absatz 4, 14a UStG erforderlichen Angaben gewährleistet werden. Mit dem innerbetrieblichen Kontrollverfahren soll lediglich die korrekte Übermittlung der Rechnungen sichergestellt werden. Eine inhaltlich richtige Rechnung (gemeint: richtige Leistung, richtiger Leistender, richtiges Entgelt, richtiger Zahlungsempfänger) rechtfertigt die Annahme, dass bei der Übermittlung keine die Echtheit der Herkunft oder die Unversehrtheit des Inhalts beeinträchtigenden Fehler vorgekommen sind. D. h. die Rechnung wurde weder ge- noch verfälscht oder auf andere Weise verändert; die Rechnung entspricht der erbrachten Leistung. Die Anforderungen an das innerbetriebliche Kontrollverfahren haben sich an dieser Zielrichtung zu orientieren.
In der Praxis werden sich die Durchführung des Kontrollverfahrens und die Prüfung der Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs in Teilen überschneiden. Ist der Nachweis erbracht, dass die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15 UStG gegeben sind, kommt der Frage der Durchführung des innerbetrieblichen Kontrollverfahrens in dem konkreten Einzelfall keine eigenständige Bedeutung mehr zu und kann insbesondere nicht mehr zur Versagung des Vorsteuerabzugs führen. Unter innerbetrieblichen Kontrollverfahren im Sinne des § 14 Absatz 1 UStG n. F. sind Verfahren zu verstehen, die der Unternehmer zum Abgleich der Rechnung mit seinen Zahlungsverpflichtungen einsetzt. Der Unternehmer ist in der Wahl des Verfahrens frei. Er wird im eigenen Interesse insbesondere überprüfen, ob:
- die Rechnung in der Substanz korrekt ist, d. h. ob die in Rechnung gestellte Leistung tatsächlich in dargestellter Qualität und Quantität erbracht wurde,
- der Rechnungsaussteller also tatsächlich den behaupteten Zahlungsanspruch hat,
- die vom Rechnungssteller angegebene Kontoverbindung korrekt ist und ähnliches,
um zu gewährleisten, dass er tatsächlich nur die Rechnungen begleicht, zu deren Begleichung er auch verpflichtet ist.
Ein innerbetriebliches Kontrollverfahren erfüllt die Anforderungen des § 14 Absatz 1 UStG n. F., wenn es einen verlässlichen Prüfpfad gibt, durch den ein Zusammenhang zwischen der Rechnung und der zugrunde liegenden Leistung hergestellt werden kann. Dies kann im Rah-men eines entsprechend eingerichteten Rechnungswesens erfolgen, aber z. B. auch durch einen manuellen Abgleich der Rechnung mit vorhandenen geschäftlichen Unterlagen (z. B. Kopie der Bestellung, Auftrag, Kaufvertrag, Lieferschein, Überweisungs- oder Zahlungs-beleg). Es werden keine technischen Verfahren vorgegeben, die die Unternehmen verwenden müssen. Das innerbetriebliche Kontrollverfahren unterliegt keiner gesonderten Dokumen-tationspflicht. Allerdings ist der Steuerpflichtige nach wie vor verpflichtet, die Vorausset-zungen des geltend gemachten Vorsteuerabzugs nachzuweisen.
Papier- und elektronische Rechnungen sind nach § 14b UStG zehn Jahre aufzubewahren. Während des gesamten Aufbewahrungszeitraums müssen die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden (§ 14b Absatz 1 Satz 2 UStG n. F.).
Die Vorschriften der Abgabenordnung (insbesondere §§ 146, 147, 200 AO), die „Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme – GoBS –“ (Anlage zum BMF-Schreiben vom 7. November 1995, BStBl I Seite 738) sowie die „Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen“ (GDPdU) bleiben unberührt.
Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Satz 2 UStG voraus, dass der Unternehmer eine nach §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Dass der Unternehmer hinsichtlich der Rechnung auch die Anforderungen an die Aufbewahrung nach § 14b UStG, §147 AO einschließlich GoBS und GDPdU erfüllt, ist danach nicht Voraussetzung für den Vorsteuerabzug. Verletzt der Unternehmer seine Aufbewahrungs-pflichten nach § 14b UStG, kann dies als eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 26a Absatz 1 Nummer 2 UStG geahndet werden. Der Anspruch auf Vorsteuerabzug nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 UStG bleibt hiervon zwar unberührt, der Unternehmer trägt nach allgemeinen Grundsätzen jedoch die objektive Feststellungslast für alle Tatsachen, die den Anspruch begründen. Sind Unterlagen für den Vorsteuerabzug unvollständig oder nicht vorhanden, kann der Unternehmer den Nachweis, dass er eine ordnungsgemäße Rechnung besaß, mit allen verfahrensrechtlich zulässigen Mitteln führen (vgl. Abschnitt 15.11 Absatz 1 Satz 2 UStAE). Im Übrigen kann das Finanzamt die abziehbare Vorsteuer unter bestimmten Voraussetzungen schätzen oder aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise anerkennen, sofern im Übrigen die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug vorliegen (vgl. Abschnitt 15.11 Absatz 5 ff UStAE).
Werden für ein und dieselbe Leistung mehrere Rechnungen ausgestellt, ohne dass sie als Duplikat oder Kopie gekennzeichnet werden, schuldet der Unternehmer den hierin ausgewiesenen Steuerbetrag nach § 14c Absatz 1 UStG (vgl. Abschnitt 14c.1 Absatz 4 UStAE). Dies gilt jedoch nicht, wenn inhaltlich identische (s. § 14 Absatz 4 UStG) Mehrstücke derselben Rechnung übersandt werden. Besteht eine Rechnung aus mehreren Dokumenten, sind diese Regelungen für die Dokumente in ihrer Gesamtheit anzuwenden.
Auf Grund der Vereinfachung der elektronischen Rechnungsstellung ist zur Sicherstellung einer effektiven Umsatzsteuerkontrolle § 27b Absatz 2 UStG ergänzt worden. Mit der Änderung wird geregelt, dass bei den der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalten der Unternehmer dem Amtsträger auf Verlangen Einsicht in die gespeicherten Daten zu gewähren hat, die mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt wurden (§ 27b Absatz 2 Satz 2 UStG); es reicht nicht aus, wenn der Unternehmer nur entsprechende Papier-ausdrucke aus dem Datenverarbeitungssystem bereitstellt. Soweit dies für die Feststellung der der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte erforderlich ist, hat der die Um-satzsteuer-Nachschau durchführende Amtsträger das Recht, hierfür die eingesetzten Daten-verarbeitungssysteme zu nutzen.
I. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass vom 1. Oktober 2010 (BStBl I S. 846), der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 19. Juni 2012 – IV D 3 – S 7170/10/10012 (2012/0542896), BStBl I S. xxx – geändert worden ist, wie folgt geändert:
1. Abschnitt 14.4 wird wie folgt neu gefasst:
„14.4 Echtheit und Unversehrtheit von Rechnungen
(1) 1Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Rechnungsempfängers elektronisch zu übermitteln (§ 14 Abs. 1 Satz 7 UStG).
2Die Zustimmung des Empfängers der elektronisch übermittelten Rechnung bedarf dabei keiner besonderen Form; es muss lediglich Einvernehmen zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger darüber bestehen, dass die Rechnung elektronisch übermittelt werden soll. 3Die Zustimmung kann z. B. in Form einer Rahmenvereinbarung (z. B. in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen) erklärt werden. 4Sie kann auch nachträglich erklärt werden. 5Es genügt aber auch, dass die Beteiligten diese Verfahrensweise tatsächlich praktizieren und damit stillschweigend billigen.
(2) 1Eine elektronische Rechnung im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 8 UStG ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird. 2Der Rechnungsaussteller ist – vorbehaltlich der Zustimmung des Rechnungsempfängers – frei in seiner Entscheidung, in welcher Weise er elektronische Rechnungen übermittelt. 3Elektronische Rechnungen können z. B. per E-Mail (ggf. mit Bilddatei- oder Textdokumentanhang) oder De-Mail (vgl. De-Mail-Gesetz vom 28. 4. 2011, BGBl. I S. 666), per Computer-Fax oder Faxserver, per Web-Download oder per EDI übermittelt werden. 4Eine von Standard-Telefax an Standard-Telefax oder von Computer-Telefax/Fax-Server an Standard-Telefax übermittelte Rechnung gilt als Papierrechnung.
(3) 1Papier- und elektronische Rechnungen werden ordnungsgemäß übermittelt, wenn die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet sind; sie sind auch inhaltlich ordnungsgemäß, wenn alle erforderlichen Angaben nach § 14 Abs. 4 und § 14a UStG enthalten sind. 2Die Echtheit der Herkunft einer Rechnung ist gewährleistet, wenn die Identität des Rechnungsausstellers sichergestellt ist. 3Die Unversehrtheit des Inhalts einer Rechnung ist gewährleistet, wenn die nach dem UStG erforderlichen Angaben während der Übermittlung der Rechnung nicht geändert worden sind. 4Eine Rechnung gilt als lesbar, wenn sie für das menschliche Auge lesbar ist; Rechnungsdaten, die per EDI-Nachrichten, XML-Nachrichten oder anderen strukturierten elektronischen Nachrichten-formen übermittelt werden, sind in ihrem Originalformat nicht lesbar, sondern erst nach einer Konvertierung.
Innerbetriebliche Kontrollverfahren
(4) Die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung müssen, sofern keine qualifizierte elektronische Signatur verwendet oder die Rechnung per elektronischen Datenaustausch (EDI) übermittelt wird (vgl. Absätze 7 bis 10), durch ein innerbetriebliches Kontrollverfahren, das einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen kann, gewährleistet werden (§ 14 Abs. 1 Satz 5 und 6 UStG).
(5) 1Als innerbetriebliches Kontrollverfahren im Sinne des § 14 Abs. 1 UStG ist ein Verfahren ausreichend, das der Unternehmer zum Abgleich der Rechnung mit seiner Zahlungsverpflichtung einsetzt, um zu gewährleisten, dass nur die Rechnungen beglichen werden, zu deren Begleichung eine Ver-pflichtung besteht. 2Der Unternehmer kann hierbei auf bereits bestehende Rechnungsprüfungssysteme zurückgreifen. 3Es werden keine technischen Verfahren vorgegeben, die der Unternehmer verwenden muss. 4Es kann daher ein EDV-unterstütztes, aber auch ein manuelles Verfahren sein.
(6) 1Ein innerbetriebliches Kontrollverfahren erfüllt die Anforderungen des § 14 Abs. 1 UStG, wenn es einen verlässlichen Prüfpfad beinhaltet, durch den ein Zusammenhang zwischen der Rechnung und der zu Grunde liegenden Leistung hergestellt werden kann. 2Dieser Prüfpfad kann z. B. durch (manu-ellen) Abgleich der Rechnung mit vorhandenen geschäftlichen Unterlagen (z. B. Kopie der Bestellung, Auftrag, Kaufvertrag, Lieferschein oder Über-weisung bzw. Zahlungsbeleg) gewährleistet werden. 3Das innerbetriebliche Kontrollverfahren und der verlässliche Prüfpfad unterliegen keiner geson-derten Dokumentationspflicht. 4Eine inhaltlich zutreffende Rechnung – ins-besondere Leistung, Entgelt, leistender Unternehmer und Zahlungsemp-fänger sind zutreffend angegeben – rechtfertigt die Annahme, dass bei der Übermittlung keine die Echtheit der Herkunft oder die Unversehrtheit des Inhalts beeinträchtigenden Fehler vorgekommen sind.
Qualifizierte elektronische Signatur und elektronischer Datenaustausch (EDI)
(7) Beispiele für Technologien, die die Echtheit der Herkunft und die Unver-sehrtheit des Inhalts bei einer elektronischen Rechnung gewährleisten, sind zum einen die qualifizierte elektronische Signatur (§ 2 Nr. 3 SigG) oder die qualifizierte elektronische Signatur mit Anbieter-Akkreditierung (§ 2 Nr. 15 SigG) und zum anderen der elektronische Datenaustausch (EDI) nach Art. 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. 10. 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustauschs (ABl. EG 1994, L 338 S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Ein-satz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten (§ 14 Abs. 3 Nr. 1 und 2 UStG).
(8) 1Zur Erstellung einer qualifizierten elektronischen Signatur nach § 2 Nr. 3 oder Nr. 15 SigG wird ein qualifiziertes Zertifikat benötigt, das von einem Zerti-fizierungsdienstanbieter ausgestellt wird und mit dem die Identität des Zerti-fikatsinhabers bestätigt wird (§ 2 Nr. 7 SigG). 2Dieses Zertifikat kann nach § 2 Nr. 7 SigG nur auf natürliche Personen ausgestellt werden. 3Es ist zulässig, dass eine oder mehrere natürliche Personen im Unternehmen bevollmächtigt werden, für den Unternehmer zu signieren. 4Eine Verlagerung der dem leistenden Unter-nehmer oder dem von diesem beauftragten Dritten obliegenden steuerlichen Ver-pflichtungen ist damit jedoch nicht verbunden. 5Der Zertifikatsinhaber kann zusätzliche Attribute einsetzen (vgl. § 7 SigG). 6Ein Attribut kann z. B. lauten „Frau Musterfrau ist Handlungsbevollmächtigte des Unternehmers A und berech-tigt, für Unternehmer A Rechnungen bis zu einer Höhe von 100 000 € Gesamt-betrag zu unterzeichnen“. 7Auch Vertreterregelungen und ggf. erforderliche Zeichnungsberechtigungen, die an die Unterzeichnung durch mehrere Berechtigte gekoppelt sind, können durch Attribute abgebildet werden. 8Nach § 5 Abs. 3 SigG kann in einem qualifizierten Zertifikat auf Verlangen des Zertifikatsinhabers anstelle seines Namens ein Pseudonym aufgeführt werden. 9Das Finanzamt hat nach § 14 Abs. 2 SigG einen Anspruch auf Auskunft gegenüber dem Zertifizie-rungsdienstanbieter, soweit dies zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben erfor-derlich ist. 10Für die Erstellung qualifizierter elektronischer Signaturen sind alle technischen Verfahren (z. B. Smart-Card, „Kryptobox“) zulässig, die den Vor-gaben des SigG entsprechen. 11Der Rechnungsaussteller kann die Rechnungen auch in einem automatisierten Massenverfahren signieren. 12Es ist zulässig, meh-rere Rechnungen an einen Rechnungsempfänger in einer Datei zusammenzufassen und diese Datei mit nur einer qualifizierten elektronischen Signatur an den Emp-fänger zu übermitteln.
(9) Voraussetzung für die Anerkennung von im EDI-Verfahren übermittelten Rechnungen ist, dass über den elektronischen Datenaustausch eine Vereinbarung nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. 10. 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. EG 1994, L 338, S. 98) besteht, in der der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.
Echtheit und Unversehrtheit bei besonderen Formen der Rechnungsstellung
(10) 1Die Absätze 1 bis 9 gelten entsprechend für Gutschriften (§ 14 Abs. 2 Satz 2 UStG), Rechnungen, die im Namen und für Rechnung des Unterneh-mers oder eines in § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG bezeichneten Leistungsemp-fängers von einem Dritten ausgestellt werden (§ 14 Abs. 2 Satz 4 UStG) sowie für Anzahlungsrechnungen (§ 14 Abs. 5 UStG). 2Wird eine Gutschrift ausgestellt, ist der leistende Unternehmer als Gutschriftsempfänger zur Durchführung des innerbetrieblichen Kontrollverfahrens entsprechend Absätzen 4 bis 6 verpflichtet. 3Der Dritte ist nach § 93 ff. AO verpflichtet, dem Finanzamt die Prüfung des Verfahrens durch Erteilung von Auskünften und Vor-lage von Unterlagen in seinen Räumen zu gestatten. 4Der Empfänger einer elektronischen Rechnung, die mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen wurde, kann die ihm nach den GDPdU vorgeschriebenen Prüfungs-schritte auch auf einen Dritten übertragen. 5Dies gilt insbesondere für die entspre-chende Prüfung einer elektronischen Rechnung in Form einer Gutschrift mit einer qualifizierten elektronischen Signatur.
(11) Bei Fahrausweisen (§ 34 UStDV) ist es für Zwecke des Vorsteuerabzugs nicht zu beanstanden, wenn der Fahrausweis im Online-Verfahren abgerufen wird und durch das Verfahren sichergestellt ist, dass eine Belastung auf einem Konto erfolgt.“
2. Abschnitt 14.7 Absatz 3 Satz 4 wird wie folgt gefasst:
„4Zur Erstellung von Fahrausweisen im Online-Verfahren vgl. Abschnitt 14.4 Absatz 11.“
3. Abschnitt 14.11 Absatz 1 Satz 6 wird gestrichen.
4. Abschnitt 14b.1 Absatz 5 und 6 werden wie folgt gefasst:
„(5) 1Die Rechnungen müssen über den gesamten Aufbewahrungszeitraum die Anforderungen des § 14 Absatz 1 Satz 2 UStG – Echtheit der Herkunft, Unversehrtheit des Inhalts und Lesbarkeit der Rechnung – erfüllen. 2Nachträgliche Änderungen sind nicht zulässig. 3Sollte die Rechnung auf Thermo-papier ausgedruckt sein, ist sie durch einen nochmaligen Kopiervorgang auf Papier zu konservieren, das für den gesamten Aufbewahrungszeitraum nach § 14b Absatz 1 UStG lesbar ist. 4Dabei ist es nicht erforderlich, die ursprüngliche, auf Thermopapier ausgedruckte Rechnung aufzubewahren.
(6) 1Die Vorschriften der Abgabenordnung (insbesondere §§ 146, 147, 200 AO), die „Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme – GoBS –“ (Anlage zum BMF-Schreiben vom 7. 11. 1995, BStBl I S. 738) sowie die „Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen“ (GDPdU) bleiben unberührt. 2Wird eine elektronische Rechnung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur übermittelt, ist auch die Signatur an sich als Nachweis über die Echtheit und die Unversehrtheit der Daten aufzubewahren, selbst wenn nach anderen Vorschriften die Gültigkeit dieser Nachweise bereits abgelaufen ist.“
5. Abschnitt 14b.1 Absatz 10 wird wie folgt gefasst:
„(10) 1Verletzt der Unternehmer seine Aufbewahrungspflichten nach § 14b UStG, kann dies als eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 26a Abs. 1 Nr. 2 UStG geahndet werden. 2Der Anspruch auf Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG bleibt hiervon zwar unberührt, der Unternehmer trägt nach allgemeinen Grundsätzen jedoch die objektive Feststellungslast für alle Tatsachen, die den Anspruch begründen. 3Verletzungen der Grundsätze ord-nungsgemäßer DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS) und der „Grund-sätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen“ (GDPdU) wirken sich ebenfalls nicht auf den ursprünglichen Vorsteuerabzug aus, sofern die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nachgewiesen werden (vgl. Abschnitt 15.11 Abs. 1 Satz 3). 4Sind Unterlagen für den Vorsteuerabzug unvollständig oder nicht vorhanden, kann das Finanzamt die abziehbare Vor-steuer unter bestimmten Voraussetzungen schätzen oder aus Billigkeits-gründen ganz oder teilweise anerkennen, sofern im Übrigen die Vorausset-zungen für den Vorsteuerabzug vorliegen (vgl. Abschnitt 15.11 Abs. 5 ff).“
6. Abschnitt 14c.1 Absatz 4 wird wie folgt gefasst:
„(4) 1§ 14c Abs. 1 UStG gilt auch, wenn der Steuerbetrag von einem zu hohen Entgelt berechnet wurde (bei verdecktem Preisnachlass vgl. Abschnitt 10.5 Abs. 4). 2Sind für ein und dieselbe Leistung mehrere Rechnungen ausgestellt worden, ohne dass sie als Duplikat oder Kopie gekennzeichnet wurden, schuldet der leistende Unternehmer den hierin gesondert ausgewiesenen Steuerbetrag (vgl. BFH-Urteil vom 27. 4. 1994, XI R 54/93, BStBl II S. 718). 3Dies gilt nicht, wenn inhaltlich identische (s. § 14 Abs. 4 UStG) Mehrstücke derselben Rechnung übersandt werden. 4Besteht eine Rechnung aus mehreren Dokumenten, sind diese Regelungen für die Dokumente in ihrer Gesamtheit anzuwenden.“
7. Abschnitt 15.5 wird wie folgt geändert:
Nach Absatz 8 wird folgender Absatz 9 eingefügt:
„(9) Zum Vorsteuerabzug von Fahrausweisen, die im Online-Verfahren abgerufen werden, vgl. Abschnitt 14.4 Abs. 11.“
8. Abschnitt 27b.1 Abs. 4, 5, 6 und 8 werden wie folgt gefasst:
(4) Sobald der Amtsträger
– der Öffentlichkeit nicht zugängliche Geschäftsräume betreten will,
– den Steuerpflichtigen auffordert, Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere umsatzsteuerrelevante Urkunden vorzulegen oder – wenn die Unterlagen mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt wurden – die gespeicherten Daten einzusehen oder
– den Steuerpflichtigen auffordert, Auskunft zu erteilen,
hat er sich auszuweisen.
(5) 1Im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau dürfen grundsätzlich nur Grund-stücke und Räume betreten werden, die gewerblich oder beruflich selbständig genutzt werden; unschädlich ist, wenn sie auch zu Wohnzwecken genutzt werden. 2Das Betreten muss dazu dienen, Sachverhalte festzustellen, die für die Umsatz-besteuerung erheblich sein können. 3Ein Durchsuchungsrecht gewährt die Umsatz-steuer-Nachschau nicht. 4Das bloße Betreten oder Besichtigen von Grundstücken und Räumen ist noch keine Durchsuchung. 5Ein Betreten der Grundstücke und Räume ist während der Geschäfts- und Arbeitszeiten zulässig. 6Die Umsatzsteuer-Nachschau kann auch außerhalb der Geschäftszeiten vorgenommen werden, wenn im Unternehmen schon oder noch gearbeitet wird. 7Der Unternehmer hat auf Ver-langen dem Amtsträger Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden vorzulegen und Auskünfte zu erteilen. 8Wurden die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte betreffenden Unterlagen mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt, hat der Unternehmer dem Amts-träger auf Verlangen Einsicht in die gespeicherten Daten zu gewähren (§ 27b Abs. 2 Satz 2 UStG); es reicht nicht aus, wenn der Unternehmer nur entspre-chende Papierausdrucke aus dem Datenverarbeitungssystem bereitstellt. 9Soweit erforderlich, ist der Amtsträger befugt, das Datenverarbeitungs-system des Unternehmers zu nutzen (§ 27b Abs. 2 Satz 3 UStG). 10Hierbei ist es dem Unternehmer freigestellt, ob er dem Amtsträger einen entsprechenden Lesezugriff einräumt oder ob er selbst bzw. eine von ihm beauftragte Person dafür sorgt, dass der Amtsträger unverzüglich Einsicht in die entsprechenden Daten erhält. 11Zur Kostentragung durch den Unternehmer gilt § 147 Abs. 6 Satz 3 AO sinngemäß. 12Kommt der Unternehmer seinen Mitwirkungspflichten im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau nicht nach, liegt es im Ermessen des Amtsträgers, zu einer Außenprüfung nach § 193 AO überzugehen.
(6) 1Da die Umsatzsteuer-Nachschau keine Außenprüfung im Sinne des §§ 193 ff. AO darstellt, finden insbesondere die §§ 147 Abs. 6 Sätze 1 und 2, 201, 202 AO keine Anwendung. 2 Ein Prüfungsbericht ist nicht zu fertigen. 3 Sollen auf Grund der Umsatzsteuer-Nachschau Besteuerungsgrundlagen geändert werden, ist dem Steuerpflichtigen rechtliches Gehör zu gewähren (§ 91 AO).
(8) 1Ein Verwaltungsakt liegt dann vor, wenn der Amtsträger Maßnahmen ergreift, die den Steuerpflichtigen zu einem bestimmten Tun, Dulden oder Unter-lassen verpflichten sollen. 2Ein Verwaltungsakt liegt insbesondere vor, wenn der Amtsträger den Steuerpflichtigen auffordert,
– das Betreten der nicht öffentlich zugänglichen Geschäftsräume zu dulden,
– Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere umsatzsteuerrelevante Urkunden vorzulegen oder – wenn die Unterlagen mit Hilfe eines Datenver-arbeitungssystems erstellt wurden – die gespeicherten Daten einzusehen oder
– Auskunft zu erteilen.
3Ein derartiger Verwaltungsakt ist grundsätzlich mit Zwangsmitteln nach §§ 328 ff. AO (insbesondere durch unmittelbaren Zwang nach § 331 AO) durchsetzbar.“
II. Anwendung
Die unter Abschnitt I Nr. 1 bis 8 dargestellten Änderungen bzw. Ergänzungen des Umsatz-steuer-Anwendungserlasses sind nach Artikel 18 Absatz 3 des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vom 1. November 2011 (BGBl. I Seite 2131) ab dem 1. Juli 2011 anzuwenden und gelten für alle Rechnungen über Umsätze, die nach dem 30. Juni 2011 ausgeführt worden sind (§ 27 Absatz 18 UStG).
Wird eine elektronische Rechnung über einen Umsatz, der vor dem 1. Juli 2011 ausgeführt und abgerechnet worden ist (vgl. § 27 Absatz 18 UStG), nach dem 30. Juni 2011 berichtigt, wird es nicht beanstandet, wenn für die Berichtigung der Rechnung die ab dem 1. Juli 2011 geltende gesetzliche Regelung des § 14 UStG zu Grunde gelegt wird.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.