Umsatzsteuer | Ehrenamt – Entwurf eines überarbeiteten BMF-Schreibens liegt vor (DStV)

Entwurf eines BMF-Schreibens zur Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 26b UStG; Angemessene Entschädigung für Zeitversäumnis

S 11/12 | 24.08.2012

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Sehr geehrter Herr Ministerialdirigent Dr. Hofmann,

wir bedanken uns für die Gelegenheit zum vorbezeichneten Entwurf des überarbeiteten BMF-Schreibens zur Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG – Angemessene Entschädigung für Zeitversäumnis Stellung nehmen zu können und möchten diese Möglichkeit hiermit gern wahrnehmen.

Vorbemerkungen

Bereits mit Schreiben vom 15.2.2012 hatte sich der Deutsche Steuerberaterverband e. V. (DStV) gegenüber Herrn Bundesminister Dr. Schäuble zum BMF-Schreiben vom 2.1.2012 zur Umsatzsteuerbefreiung von ehrenamtlichen Tätigkeiten nach § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG kritisch geäußert. Insbesondere die darin geregelte Nichtanwendbarkeit der Befreiungsvorschrift bei Zahlung pauschaler Vergütungen, die Ausführungen zur Behandlung von Auslagenersatz sowie die kurzfristig geplante Umsetzung des BMF-Schreibens stellten zentrale Kritikpunkte unserer Stellungnahme dar.

Die anschließende, mit BMF-Schreiben vom 21.3.2012 veröffentlichte zeitliche Verschiebung des Inkrafttretens der Neuregelungen auf Umsätze, die nach dem 31.12.2012 ausgeführt werden, wurde und wird seitens des DStV ausdrücklich begrüßt. Auch war die erneute Überarbeitung des Abschnitts 4.26.1 UStAE unserer Auffassung nach unerlässlich und ist absolut zu befürworten. Der nunmehr vorliegende Entwurf des überarbeiteten BMF-Schreibens stellt eine deutliche Verbesserung gegenüber der zu Beginn dieses Jahres veröffentlichten Fassung dar. Wir möchten in diesem Zusammenhang anregen, auch künftig wieder bei wesentlichen Änderungen des UStAE den Berufsstand der Steuerberater vorab einzubinden und die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben. Allein auf diesem Wege können Anregungen und Erfahrungen der Praxis frühzeitig Berücksichtigung finden und umfangreicher Änderungsbedarf bei bereits veröffentlichten BMF-Schreiben vermieden werden.

Dies vorausgeschickt, möchten wir zu den Neuregelungen der Umsatzsteuerbefreiung bei ehrenamtlichen Tätigkeiten im vorbezeichneten Entwurf des überarbeiten BMF-Schreibens folgende Anmerkungen machen:

Auslagenersatz

Der DStV begrüßt, dass nach Überarbeitung des BMF-Schreibens die Erstattungen tatsächlich entstandener Kosten nicht länger in die Berechnung der Betragshöchstgrenzen von EUR 50,00 pro Tätigkeitsstunde / EUR 17.500,00 pro Jahr einfließen. Auch die im BMF-Schreiben vorgenommene beispielhafte Definition des Begriffs ʺAuslagenersatz“ ist notwendig und richtig. Dennoch möchten wir anmerken, dass die derzeitige Ausführung

  • „Als Auslagenersatz im Sinne des Satzes 4 wird auch ein Fahrtkostenersatz nach den pauschalen Kilometersätzen anerkannt, die lohnsteuerlich als Reisekosten angesetzt werden können (R 9.5 Abs. 1 Satz 5 LStR)“

tatsächlich nur ein Beispiel für Auslagenersatz darstellt. Neben dem Ersatz von Fahrtkosten und Kilometer-Geldern zählen aber beispielsweise auch Verpflegungsmehraufwendungen, etwaige Telefonkosten sowie Übernachtungskosten zum Auslagenersatz (vgl. Heinrichshofen, Rz. 114 zu § 4 Nr. 26 UStG in Rau/Dürrwächter/ Flick/Geist: Umsatzsteuergesetz Kommentar). Diese Auslagen sind im gegenwärtig vorliegenden Entwurf nicht angeführt. Es ist daher nicht ersichtlich, ob der Ansatz pauschaler Beträge ausschließlich für den Ersatz von Fahrtkosten gilt oder auch Mehraufwendungen für Verpflegung etc. Berücksichtigung finden.
Der DStV regt daher an, eine allgemeingültigere Definition zur Begrifflichkeit „Auslagenersatz“ im BMF-Schreiben aufzunehmen und neben dem Beispiel des Fahrtkostenersatzes weitere Beispiele anzuführen. Gegebenenfalls sollte zudem der Hinweis erfolgen, dass die vorbezeichneten Beispiele keine abschließende Aufzählung darstellen.

Die nunmehr im BMF-Schreiben geregelte Orientierung an lohnsteuerrechtlichen Beträgen bei pauschal zu ersetzenden Kosten ist grundsätzlich nachvollziehbar. Dennoch möchten wir darauf aufmerksam machen, dass – sofern vertraglich oder mittels Gremienbeschluss geregelt – auch höhere angemessene Beträge anerkannt werden sollten. Beispielsweise ist eine Fahrtkostenerstattung i. H. v. 0,50 EUR / km in Anbetracht der derzeitigen Kraftstoffpreise nicht unverhältnismäßig, sondern entspricht vielmehr den tatsächlichen Kosten, obgleich diese über der gesetzlich geregelten Entfernungspauschale i. H. v. 0,30 EUR / km (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 S. 2 i. V. m. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG) liegt. Ähnlich verhält es sich mit dem Beispiel der Verpflegungsmehraufwendungen.

Zur Vermeidung unnötiger Bürokratie, die beispielsweise bei Zahlung einer Fahrtkostenerstattung i. H. v. 0,50 EUR / km aus der unterschiedlichen umsatzsteuerrechtlichen Behandlung (0,30 EUR / km umsatzsteuerfrei, 0,20 EUR / km umsatzsteuerpflichtig) resultiert, möchte der DStV deshalb vorschlagen, dass dort, wo Auslagenersatz in der Regel pauschaliert wird, auch höhere angemessene Beträge ersetzt werden können. In allen weiteren Fällen sind, wie bereits festgehalten, die tatsächlich entstandenen und nachgewiesenen Aufwendungen entsprechend anzuerkennen.

Pauschal gezahlte Aufwandsentschädigung

Die im Rahmen des überarbeiteten BMF-Schreibens nunmehr eingefügten Ergänzungen zur Zahlung pauschaler Vergütungen sind in jedem Fall zu begrüßen, da pauschale Erstattungen durchaus eine weit verbreitete Praxis darstellen. Eine Umsetzung der bislang beabsichtigten Nichtanwendbarkeit der Befreiungsvorschrift bei Leistung pauschaler Vergütungen wäre unseres Erachtens nicht vertretbar, insbesondere sofern die Entschädigungen sich im Bereich der Angemessenheit bewegen.

In diesem Zusammenhang regelt der Entwurf außerdem, dass der tatsächliche Zeitaufwand glaubhaft zu machen ist (vgl. Absatz 5 Satz 3 des BMF-Schreibens). Fraglich ist hierbei, ob dieser Nachweis im Einzelnen über das gesamte Jahr zu erfolgen hat oder eine vereinfachte Nachweisführung für einen repräsentativen Zeitraum von beispielsweise drei Monaten genügt. Wie bereits im Schreiben vom 15.2.2012 gegenüber Herrn Bundesfinanzminister Dr. Schäuble dargelegt, führt die Dokumentation des Zeitaufwands ehrenamtlich Tätiger in den Vereinen, Verbänden und Organisationen zu einem erheblichen Arbeitsmehraufwand. Diese Gegebenheit nimmt den zahlreich betroffenen Institutionen jede Chance, die finanzielle Anerkennung ihrer ehrenamtlich Engagierten bei angemessenem Verwaltungsaufwand zu gewährleisten. Vor diesem Hintergrund regt der DStV an, zur Dokumentation des tatsächlichen Zeitaufwands die Möglichkeit der vereinfachten Nachweisführung über einen repräsentativen Drei-Monats-Zeitraum zu gewähren und für die restlichen Monate des Kalenderjahres sowie darüber hinaus auch für die folgenden Jahre – sofern sich die Verhältnisse nicht wesentlich ändern – keine weiteren Dokumentationspflichten an die Zahlung einer Pauschale zu knüpfen.

Auch die Formulierung in Absatz 5 Satz 4

  • „Aus Vereinfachungsgründen kann die Steuerbefreiung auch ohne weitere Prüfung gewährt werden, wenn der Jahresgesamtbetrag der Entschädigungen den Ehrenamtsfreibetrag nach § 3 Nummer 26 bzw. § 3 Nummer 26a Einkommensteuergesetz nicht übersteigt“

führt zu Unsicherheiten und offenen Fragen. Diese resultieren daher, dass bereits vorweg in den einführenden Bemerkungen dargelegt wird, „[dass] es sich bei den genannten Grenzen [EUR 50,00 pro Tätigkeitsstunde / EUR 17.500,00 pro Jahr] um so genannte Nichtbeanstandungsgrenzen handelt, bis zu deren Höhe seitens der Finanzverwaltung grundsätzlich auf eine Angemessenheitsprüfung der Entschädigungen verzichtet wird …“ Die in Absatz 5 Satz 4 verwendete Formulierung relativiert diese Aussage hingegen wieder. Auch der Bezug auf § 3 Nr. 26a EStG erscheint unseres Erachtens an dieser Stelle überflüssig, da das BMF-Schreiben zur Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 26b UStG Stellung nimmt und somit eine ausdrückliche Trennung zur Ausübung ehrenamtlicher Tätigkeiten für juristische Personen des öffentlichen Rechts gemäß § 4 Nr. 26a UStG beachtet werden sollte. Zur Vermeidung etwaiger Unsicherheiten und Streitigkeiten möchte der DStV folgenden Formulierungsvorschlag unterbreiten:

  • „Aus Vereinfachungsgründen wird die Steuerbefreiung auch ohne weitere Prüfung gewährt, wenn der Jahresgesamtbetrag der Entschädigungen den Ehrenamtsfreibetrag nach § 3 Nummer 26 Einkommensteuergesetz nicht übersteigt.“

Beispielhafte Unterlegung

Die im vorliegenden Entwurf erfolgte Aufnahme von Beispielen findet unsere volle Befürwortung, da dem ehrenamtlich Tätigen die Möglichkeit eröffnet wird, den tatsächlich vorliegenden Sachverhalt unter einen der Beispielfälle zu subsumieren. Hierdurch können Vereine, Verbände und Organisationen künftig mitunter schneller entscheiden, ob die Regelungen des § 4 Nr. 26b UStG entsprechend Anwendung finden. Fraglich ist, ob unter Berücksichtigung der vorbezeichneten Anregungen weitere Beispiele sachdienlich wären.

Für ergänzende Konsultationen stehen wir jederzeit gern zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

gez.
StB/WP Dipl.-Kfm. Hans-Christoph Seewald

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