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Regelmäßige Arbeitsstätte bei längerer Entsendung

Regelmäßige Arbeitsstätte bei längerer Entsendung

Kernaussage
Wird ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber in das Ausland entsandt, kann er nicht in jedem Fall Kosten der doppelten Haushaltsführung geltend machen. Auch sind die Kosten für die Wege zwischen der im Ausland gelegenen Wohnung und der dortigen Arbeitsstätte nicht zwingen nach Reisekostenrecht zu berücksichtigen.

Sachverhalt
Der Kläger wurde von seiner Arbeitgeberin, einer im Inland ansässigen Kapitalgesellschaft, zu einem 3-jährigen Tätigkeit für die ausländische Tochtergesellschaft entsandt. Zu diesem Zweck zog der Kläger mit seiner Ehefrau und seinen Kinder um. Die inländische Wohnung behielt die Familie bei und hielt sich dort ca. 2 bis 3 Wochen im Jahr auf. Die Kosten für die im Ausland belegene Wohnung machte der Kläger als Werbungskosten unter dem Gesichtspunkt doppelter Haushaltsführung geltend. Zudem begehrte er Werbungskostenabzug für die Fahrten zwischen seiner ausländischen Wohnung und der Betriebsstätte der ausländischen Tochtergesellschaft nach den Grundsätzen des Reisekostenrechts. Dies versagte das Finanzamt.

Entscheidung
Das Finanzgericht Düsseldorf wies die Klage ab. Weder seien die Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach Grundsätzen des Reisekostenrechts noch die Miete der ausländischen Wohnung als Kosten doppelter Haushaltsführung abzugsfähig. Eine doppelte Haushaltsführung läge nur vor, wenn der Steuerpflichtige von seiner Familie aufgrund beruflicher Tätigkeit getrennt sei und an seinem Einsatzort eine Wohnung unterhalte. Demgegenüber komme eine doppelte Haushaltsführung nicht in Betracht, wenn auch die Familie des Steuerpflichtigen an den Einsatzort umziehe. Der Lebensmittelpunkt des Steuerpflichtigen verlagere sich dann an seinen Einsatzort. Die Anmietung der ausländischen Wohnung und auch die Beibehaltung der Wohnung im Inland seien vor diesem Hintergrund Kosten der privaten Lebensführung. Auch ein Werbungskostenabzug nach Reisekostengrundsätzen scheide aus. Der Steuerpflichtige sei über mehrere Jahre hinweg im Ausland tätig gewesen. Damit läge eine regelmäßige Arbeitsstätte vor. Daher sei der Werbungskostenabzug nach den Grundsätzen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auf die Entfernungspauschale von 0,30 EUR pro Entfernungskilometer begrenzt. Ein weitergehender Abzug scheide aus.

Konsequenz
Wer über einen längeren Zeitraum an einer (anderen) Betriebsstätte des Arbeitgebers arbeitet, begründet dort möglicherweise eine regelmäßige Arbeitsstätte. Fahrtkosten zwischen der Wohnung und dieser Arbeitsstätte können dann nur auf Grundlage der Entfernungspauschale geltend gemacht werden. Zieht der Steuerpflichtige zusammen mit seiner Familie um, verlagert er seinen Lebensmittelpunkt. Ein Abzug für doppelte Haushaltsführung scheidet dann aus.

Regelmäßige Arbeitsstätte bei mehreren Tätigkeitsstätten

Regelmäßige Arbeitsstätte bei mehreren Tätigkeitsstätten

Kernproblem

Ob ein Arbeitnehmer eine oder mehrere regelmäßige Arbeitsstätten hat, kann Anknüpfungspunkt für viele steuerliche Fragestellungen sein. Dies gilt z. B. für die Bemessung von steuerlichen Sachbezügen bei der Überlassung eines Dienstwagens oder im Reisekostenrecht. Nach der früheren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) konnte ein Arbeitnehmer mehrere regelmäßige Arbeitsstätten nebeneinander haben. Im Sommer letzten Jahres hat der BFH seine Rechtsprechung geändert und in 3 Urteilen entschieden, dass ein Arbeitnehmer nicht mehr als eine regelmäßige Arbeitsstätte je Arbeitsverhältnis innehaben kann, auch wenn er fortdauernd und immer wieder verschiedene Betriebsstätten seines Arbeitgebers aufsucht. In einem solchen Fall sei der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit zu bestimmen. Wie die Finanzverwaltung auf die neue Rechtsprechung reagieren würde, war bisher noch unklar.

Neues Schreiben des Bundesfinanzministeriums

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat die Anwendung und Veröffentlichung der Urteile im Bundessteuerblatt angekündigt. Bei Bestimmung der regelmäßigen Arbeitsstätte ist bis zu einer gesetzlichen Neuregelung Folgendes zu beachten: in der Regel ist von einer regelmäßigen Arbeitsstätte auszugehen, wenn der Arbeitnehmer auf Grund der dienstrechtlichen oder arbeitsvertraglichen Festlegungen entweder einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers dauerhaft zugeordnet ist oder in einer betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers arbeitstäglich (oder je Arbeitswoche einen vollen Arbeitstag oder mindestens 20 % seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit) tätig werden soll (Prognoseentscheidung). Wird im Einzelfall hiervon abweichend geltend gemacht, dass entsprechend den Grundsätzen der Entscheidungen des BFH eine andere betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers eine regelmäßige Arbeitsstätte ist oder keine regelmäßige Arbeitsstätte vorliegt, ist dies anhand des inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkts der beruflichen Tätigkeit nachzuweisen oder glaubhaft zu machen.

Konsequenz

Das BMF wendet damit zur Bestimmung der regelmäßigen Arbeitsstätte die bereits bisher in den Lohnsteuerrichtlinien 2011 verlautbarten Kriterien an. Aber wohlgemerkt, jetzt nicht mehr zur Bestimmung „mehrerer“, sondern nur noch der „einen“ oder keiner regelmäßigen Arbeitsstätte.

Arbeitnehmer darf nicht mehr als eine regelmäßige Arbeitsstätte haben

Arbeitnehmer darf nicht mehr als eine regelmäßige Arbeitsstätte haben

Kernproblem

Ob ein Arbeitnehmer eine oder mehrere regelmäßige Arbeitsstätten hat, kann Anknüpfungspunkt für viele steuerliche Fragestellungen sein. Dies gilt z. B. für die Bemessung von steuerlichen Sachbezügen bei der Überlassung von Firmen-Pkw, wenn der Wagen auch für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt werden kann. Dass es hier auch auf die Häufigkeit der Fahrten zur Arbeitsstätte ankommt und bei Unregelmäßigkeit eine Minderung der Sachbezüge in Betracht kommt, hatte der Bundesfinanzhof (BFH) jüngst schon festgestellt. Andere Fragestellungen ergeben sich aus dem Reisekostenrecht. Werden Fahrten des Arbeitnehmers zwischen mehreren regelmäßigen Arbeitsstätten durchgeführt, ist eine steuerfreie Arbeitgebererstattung von Fahrtkosten oder Verpflegungsmehraufwand als Reisekosten ebenso wenig möglich, wie ein alternativer Werbungskostenabzug des Arbeitnehmers. Unliebsame Überraschungen gab es dann in der Vergangenheit bei Lohnsteuer-Außenprüfungen, wenn der Prüfer mehrere Arbeitsstätten identifizieren konnte.

Bisherige Rechtsprechung

Nach der Rechtsprechung des BFH konnte ein Arbeitnehmer mehrere regelmäßige Arbeitsstätten nebeneinander haben (so z. B. rechtskräftig entschieden für mehrere im Wechsel aufgesuchte Busdepots eines Linienbusfahrers oder Rettungsstationen eines Rettungsassistenten). Gleiches galt, wenn die betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers vom Arbeitnehmer durchschnittlich im Kalenderjahr an einem Arbeitstag je Arbeitswoche aufgesucht wurde.

Änderung der Rechtsprechung

Ein Arbeitnehmer kann nach neuer Auffassung des BFH nicht mehr als eine regelmäßige Arbeitsstätte innehaben, auch wenn er fortdauernd und immer wieder verschiedene Betriebsstätten seines Arbeitgebers aufsucht. In einem solchen Fall sei der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit zu bestimmen. Ferner sei insbesondere zu berücksichtigen, welcher Tätigkeitsstätte der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugeordnet worden sei, welche Tätigkeit er an den verschiedenen Arbeitsstätten im Einzelnen wahrnehme und welches konkrete Gewicht dieser Tätigkeit zukomme. Diese Leitsätze können nach Zurückverweisung an das Finanzgericht einem Geschäftsführer zugute kommen, der in einem bei seiner Wohnung belegenen angemieteten Kellerraum des Arbeitgebers (mit separatem Zugang) Wartungs- und Optimierungsarbeiten an der betrieblichen EDV-Anlage durchführte. Gleiches gilt für einen Außendienstmitarbeiter, der den Betriebssitz des Arbeitgebers regelmäßig nur zu Kontrollzwecken aufsuchte. Auch eine für 15 Filialen einer Supermarktkette zuständige Managerin übe eine wechselnde Auswärtstätigkeit ohne regelmäßige Arbeitsstätte aus, wenn keine der Tätigkeitsstätten eine hinreichend zentrale Bedeutung habe.

Konsequenz

Nach diesen Entscheidungen kommt auch (wie im 1. Fall geschildert) der Vermietung des Arbeitsraums an den Arbeitgeber (hier über die Lebensgefährtin gestaltet) besondere Bedeutung zu, soweit eine Trennung zur häuslichen Sphäre möglich ist.