Finanzgericht Köln, 2 K 3985/04
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 704.092 € festgesetzt.
2Streitig sind die Vorsteuervergütungsansprüche der Klägerin für die Zeiträume 01-03/2002, 04-06/2002, 07-09/2002 sowie 10-12-/2002.
3Die Klägerin ist in Belgien ansässig. Sie wurde durch einen „Vertrag über einen zeitweiligen Zusammenschluss“ vom 4. Februar 2000 zwischen der A S.A. (im Folgenden: A) mit Sitz in D und der B Suisse S.A. (im Folgenden: B) mit Sitz in C (vgl. Gerichtsakte des Parallelverfahrens 2 K 106/04, Bl. 102 ff.) gegründet.
4Mit Anträgen vom 2. Mai 2003 beantragte die Klägerin unter der Bezeichnung „E“ beim Bundesamt für Finanzen – BfF – (seit dem 1. Januar 2006 Bundeszentralamt für Steuern – BZSt -) gemäß § 18 Abs. 9 des Umsatzsteuergesetzes – UStG – in Verbindung mit §§ 59 ff. der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung – UStDV – die Vergütung von Vorsteuern für die Zeiträume 01-03/2002 in Höhe von 195.293,95 Euro, 04-06/2002 in Höhe von 208.144,13 Euro, 07-09/2002 in Höhe von 150.963,56 Euro und 10-12/2002 in Höhe von 149.691,05 Euro.
5Als Geschäftsgegenstand gab sie den „Verkauf von Elektrizität“ an. Eintragungen in Abschnitt 9 Buchst. a) des Vordrucks enthalten die Anträge nicht.
6Mit Bescheiden vom 8. Juni 2004 lehnte das BfF die Anträge mit der Begründung ab, dass die Klägerin durch den Kauf und Weiterverkauf von Strom im Inland steuerbare Umsätze bewirkt habe und entsprechend das allgemeine Besteuerungsverfahren anzuwenden sei.
7Gegen die Ablehnungsbescheide legte die Klägerin Einsprüche ein und trug vor, die Annahme, sie habe bei deutschen Stromlieferanten Strom eingekauft, gehe fehl. Tatsache sei, dass sie Strom aus Belgien zu ihren Kunden in Deutschland geliefert habe. Es handle sich damit um innergemeinschaftliche Lieferungen, die in Belgien (Beginn des Transports) und nicht in Deutschland steuerbar seien.
8Mit Einspruchsentscheidungen vom 5. Juli 2004 wies das BfF die Einsprüche als unbegründet zurück.
9Mit der gegen die Einspruchsentscheidungen erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
10Zur Begründung führt die Klägerin zuletzt Folgendes aus:
11Entgegen der Rechtsansicht des Beklagten seien ihre Vorsteuervergütungsanträge nicht deshalb unwirksam, weil der Abschnitt 9 Buchst. a) des Vordrucks nicht ausgefüllt worden sei.
12Der Abschnitt 9 Buchst. a) des Vordrucks frage nach zwei Informationen. Zum einen habe der Antragsteller zu bestätigen, dass die Eingangsleistungen für die unternehmerischen Zwecke als Unternehmer verwendet worden seien. Diese Bestätigung der Verwendung der Eingangsleistungen für unternehmerische Zwecke sei auf dem Antragsformular bereits vorgedruckt. Eine solche Erklärung gebe der Antragsteller durch seine Unterschrift unter den Antrag mit ab. Zum anderen biete der Abschnitt 9 Buchst. a) zwei Zeilen Platz, um den konkreten Anlass der unternehmerischen Verwendung der Eingangsleistungen zu erläutern. Hier werde nur eine pauschale Erklärung abgefragt. Im Streitfall wäre die zutreffende Erläuterung in Abschnitt 9 Buchst. a) des Vordrucks „Lieferung von Strom“ gewesen. Eine entsprechende Erklärung habe sie, die Klägerin, in ihren Vorsteuervergütungsanträgen nicht abgegeben.
13Für die Wirksamkeit eines Vorsteuervergütungsantrags sei es aber nicht erforderlich, dass alle angefragten Angaben gemacht würden. Sofern die angefragte Information über das hinausgehe, was das Gesetz als Tatbestandsvoraussetzung vorsehe, sei die angefragte Angabe keine Wirksamkeitsvoraussetzung. Die pauschale Angabe des Anlasses der unternehmerischen Verwendung diene dazu, die Nachvollziehbarkeit der Angabe zu erhöhen. Auch ohne die Angabe würden jedoch alle Angaben vorliegen, aus denen sich ergebe, dass die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt seien. Selbst wenn sie, die Klägerin, die geforderte Angabe nicht gemacht hätte, würde dies die Wirksamkeit des Antrages nicht berühren.
14Ihre Anträge hätten jedoch auch ohne die Angabe in Abschnitt 9 Buchst. a) den Erklärungswert, dass die Eingangsleistungen für die Lieferung von Strom verwandt worden seien. Die einzige Geschäftstätigkeit der Klägerin bestehe in der Lieferung von Strom. Dies habe sie in Zeile 2 der Vorsteuervergütungsanträge so auch erklärt. Zudem sei in der Zeile 2 der Anlage zu den Vorsteuervergütungsanträgen fast ausschließlich die Eingangsleistung mit „Durchleitung von Strom“ angegeben worden. Diese Angaben hätten den konkludenten Erklärungswert, dass die Eingangsleistungen anlässlich von Stromlieferungen bezogen worden seien.
15Die Annahme eines solchen Erklärungswertes werde auch dadurch belegt, dass der Beklagte den Antrag auf Vorsteuervergütung für das Jahr 2000 zunächst gewährt habe, den Antrag demnach für schlüssig gehalten habe.
16Im Übrigen ergebe eine systematische sowie verfassungs- und europarechtskonforme Auslegung der maßgeblichen Regelungen, dass die fehlende Angabe des Anlasses der unternehmerischen Verwendung der Eingangsleistungen nicht zur Unwirksamkeit des Antrags führe.
17Entgegen der Rechtsansicht des Beklagten seien die Eingangsleistungen der Netzbetreiber ihr, der Klägerin, zuzurechnen. Sie sei zivilrechtlich eine nicht rechtsfähige Gesellschaft. Aufgrund der fehlenden Rechtsfähigkeit sei es ihr nicht möglich, Verträge allein im eigenen Namen abzuschließen. Die Rechtsfähigkeit sei für die umsatzsteuerliche Qualifikation als Unternehmer aber auch nicht erforderlich. Entscheidend sei vielmehr, dass sie bei den Verträgen über die Lieferung von Strom an Endkunden ganz überwiegend bereits bei Vertragsschluss gegenüber den Leistungsempfängern als leistender Unternehmer aufgetreten sei. Soweit dies nicht in den Rahmenverträgen mit den Netzbetreibern zum Ausdruck komme, seien die entsprechenden Rahmenverträge auf sie, die Klägerin, übergeleitet und die Leistungsempfänger hierüber informiert worden. Fortan sei sie gegenüber den Endkunden als leistender Unternehmer aufgetreten. Entsprechend sei die Abrechnung der Leistungen durch sie erfolgt. Die Rahmenverträge mit den Netzbetreibern seien teilweise von der B abgeschlossen worden. Gegenüber den Netzbetreibern sei jedoch der Bezug der Leistungen steuerlich für sie, die Klägerin, offen gelegt worden. Daher hätten die Netzbetreiber ihre Rechnungen an sie adressiert. Außerdem seien auch die entsprechenden Zahlungen von dem Bankkonto, welches auf ihren Namen geführt worden sei, überwiesen worden. Sie, die Klägerin, sei daher auch Leistungsempfängerin der Eingangsleistungen gewesen.
18Die vom Beklagten angesprochene unterschiedliche vertragliche Ausgestaltung in den Streitjahren beruhe auf einem veränderten Vorgehen bei der Akquisition auf dem deutschen Strommarkt. So sei tatsächlich die B als ihre Beauftragte für sie tätig geworden und habe in ihrem Namen Eingangsleistungen erworben. Die F SA sei wiederum von der B beauftragt gewesen, diese zu vertreten und Eingangsleistungen im Namen der Klägerin zu vereinbaren. Die Beauftragten hätten gegenüber den Netzbetreibern deutlich gemacht, dass – abweichend vom Zivilrecht – die Leistungen steuerlich für sie, die Klägerin, bezogen würden. Die Bevollmächtigten seien hierfür gegenüber den Netzbetreibern steuerlich im Namen der Klägerin aufgetreten. Nur weil ihre Beauftragten in ihrem Namen aufgetreten seien, hätten die Netzbetreiber die Rechnungen auch an sie, die Klägerin, adressiert.
19Die Klägerin beantragt,
20
- 211 die Ablehnungsbescheide vom 8. Juni 2004 betreffend die Vergütungszeiträume 01-03/2002, 04-06/2002, 07-09/2002, 10-12/2002, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Juli 2004, mit der Maßgabe abzuändern, dass die Vergütung für die Zeiträume
22
01-03/2002 auf | 195.293,95 Euro, | |
04-06/2002 auf | 208.144,13 Euro | |
07-09/2002 auf | 150.963,56 Euro | sowie |
10-12/2002 auf | 149.691,05 Euro |
23festgesetzt wird und
24
- 252 die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
26Der Beklagte beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Zur Begründung trägt der Beklagte zuletzt Folgendes vor:
29Nach der ergänzenden Sachverhaltsaufklärung durch die Klägerin gehe er, der Beklagte, nunmehr davon aus, dass die Klägerin in den streitigen Jahren im Inland keine schädlichen Umsätze bewirkt habe.
30Dennoch seien die geltend gemachten Vorsteuerbeträge nicht vergütungsfähig.
31Mangels ordnungsgemäßer Eintragungen in Abschnitt 9 Buchst. a) lägen bereits keine wirksamen Vorsteuervergütungsanträge vor. Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin seien die Angaben im Abschnitt 9 Buchst. a) des Vordrucks nicht bereits dann ordnungsgemäß erklärt, wenn der Vordrucktext nicht ergänzt worden sei. Vielmehr sei in Abschnitt 9 Buchst. a) des Vordrucks anzugeben, aus welchem Anlass die in der Anlage zum Vergütungsantrag aufgeführten Gegenstände oder sonstigen Leistungen verwendet worden seien. Dies ergebe sich bereits aus den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben. Das Muster des Vergütungsantrags im Anhang A der Achten Richtlinie (79/1072/EWG) sehe nämlich zwei Leerzeilen zur Eintragung der erforderlichen Angaben vor. Hierbei handele es sich um die Mindestanforderungen für einen ordnungsgemäßen Vergütungsantrag, die für dessen Wirksamkeit erforderlich seien. Im vorliegenden Fall wäre die Angabe zum Verwendungszweck auch deshalb notwendig gewesen, weil die Klägerin teilweise Vorsteuern aus Leistungen beantrage, die aufgrund von Verträgen mit Dritten und nicht mit der Klägerin erbracht worden seien. Denn aufgrund des Umstandes, dass lediglich Verträge zwischen dem Leistungserbringer und einem Dritten vorlägen, wäre die Erklärung der Klägerin, dass die Leistungen für ihre Zwecke als Unternehmerin verwendet worden seien, um so mehr erforderlich gewesen.
32Die beantragte Vorsteuervergütung sei im Übrigen auch deshalb nicht zu gewähren, weil ein Großteil der von der Klägerin eingereichten Rechnungen auf Verträgen beruhe, die nicht die Klägerin selbst geschlossen habe. Vertragspartner der jeweiligen Netzbetreiber als Leistungserbringer seien z.B. die B oder die F SA gewesen. Auch wenn die Klägerin als nicht rechtsfähiger Zusammenschluss keine Verträge eingehen könne, folge hieraus nicht, dass die von den Leistungserbringern mit der B und der F SA abgeschlossenen Verträge der Klägerin als Leistungsempfängerin zuzurechnen seien. Die Klägerin könne nur für Leistungen aus solchen Verträgen als Leistungsempfängerin angesehen werden, aus denen hervorgehe, dass diese im Rahmen der geschlossenen Liefergemeinschaft eingegangen worden seien, d.h. im Namen der B und der A mit dem jeweiligen Leistungserbringer geschlossen worden seien. Eine solche Vertragsgestaltung sei jedoch nur in manchen Fällen gewählt worden. Auch die Rechnungserteilung an die Klägerin genüge für eine Annahme, dass auch die A in den Vertrag miteinbezogen und die Klägerin somit als Leistungsempfängerin anzusehen sei, nicht. Insbesondere sei hieraus nicht erkennbar, wann und inwieweit dem Leistungserbringer offengelegt worden sei, dass die Leistungen an die Klägerin und nicht allein an die B hätten erfolgen sollen.
33Entscheidungsgründe
34I. Die Klage ist unbegründet.
351. Die Ablehnungsbescheide vom 8. Juni 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 5. Juli 2004 sind rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 101 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO -).
36Der Beklagte hat die von der Klägerin beantragte Vorsteuervergütung nach § 18 Abs. 9 UStG in Verbindung mit §§ 59 ff. UStDV in den jeweils für den Vergütungszeitraum 2002 geltenden Fassungen zu Recht abgelehnt.
372. Dabei kann offen gelassen werden, ob bzw. inwieweit die Klägerin hinsichtlich der geltend gemachten Vorsteuerbeträge nach § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG 2002 i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 2002 vorsteuerabzugsberechtigt war. Denn die Klägerin hat jedenfalls wegen der fehlenden Eintragungen in Abschnitt 9 Buchst. a) der amtlichen Vordrucke für den Vergütungsantrag innerhalb der Ausschlussfrist des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG 2002 keine wirksamen Vergütungsanträge gestellt.
38a) Das Bundesministerium der Finanzen hat auf der Grundlage der nach § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG 2002 eingeräumten Ermächtigung u.a. in § 61 Abs. 1 UStDV 2002 bestimmt, dass der Unternehmer die Vergütung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck beim Bundeszentralamt für Steuern oder bei dem nach § 5 Abs. 1 Nr. 8 Satz 2 des Finanzverwaltungsgesetzes zuständigen Finanzamt zu beantragen hat.
39Gemäß § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG 2002 ist der Vergütungsantrag binnen sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der Vergütungsanspruch entstanden ist. Hierbei handelt es sich um eine nicht verlängerbare Ausschlussfrist (vgl. BFH-Urteil vom 21. Oktober 1999 V R 76/98, BFHE 190, 239, BStBl II 2000, 214; Stadie in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, Umsatzsteuergesetz, § 18 UStG Rz. 881.2 m.w.N.).
40b) Vorliegend lief diese Frist am 30. Juni 2003 ab, da die Klägerin einen Vergütungsanspruch aus Rechnungen aus dem Jahre 2002 geltend macht.
41Innerhalb dieser Frist hat es die Klägerin versäumt, formwirksame Vergütungsanträge zu stellen. Die beim Beklagten im Mai 2003 eingegangenen Anträge für die Vergütungszeiträume 01-03/2002, 04-06/2002, 07-09/2002 und 10-12/2002 enthalten nicht alle für einen ordnungsgemäßen Vergütungsantrag erforderlichen Erklärungen. Insoweit fehlen in den Vergütungsanträgen die notwendigen Angaben in Abschnitt 9 Buchst. a) des amtlich vorgeschriebenen Vordrucks.
42aa) Die Klägerin hat im amtlichen Vordruck keine Angaben in Abschnitt 9 Buchst. a) dazu gemacht, für welche Zwecke des Unternehmens sie die aufgeführten Gegenstände und sonstigen Leistungen verwendet hat.
43bb) Ohne die Angaben in Abschnitt 9 Buchst. a) des Vordrucks ist ein Vergütungsantrag unwirksam, da er nicht alle vorgesehenen entscheidungserheblichen Angaben und Erklärungen enthält und damit nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht.
44(1) Durch die Angaben in Abschnitt 9 des Vergütungsantrags soll – wie auch durch die übrigen inhaltlichen Anforderungen – sichergestellt werden, dass der innerhalb der Ausschlussfrist einzureichende Antrag alle Angaben enthält, die für die Entscheidung der Finanzbehörde im Regelfall entscheidungserheblich sind. Eine Prüfung des Vergütungsantrags muss grundsätzlich anhand der Angaben im Antragsformular selbst möglich sein. Insoweit genügt ein Verweis auf die sonstigen Angaben im Antrag oder die dem Antrag beigefügten Rechnungen gerade nicht.
45(2) Der BFH (Urteil vom 21. Oktober 1999 V R 76/98, BFHE 190, 239, BStBl II 2000, 214) hat für den Fall, dass ein Vorsteuervergütungsantrag entgegen der Vorgabe im amtlichen Vordruck nicht die nach Abschnitt 9 Buchst. c) erforderliche Verpflichtungserklärung des Unternehmers enthielt, jeden unrechtmäßig empfangenen Betrag zurückzuzahlen, entschieden, dass ein solcher Antrag unwirksam ist.
46(3) Entsprechendes gilt auch für den Fall, dass die Angaben zu Abschnitt 9 Buchst. a) des amtlichen Vordrucks fehlen bzw. die im Vordruck vorgesehenen Formularfelder nicht ausgefüllt wurden. Auch diese Erklärungen sind für die Entscheidung über die beantragte Vorsteuervergütung erheblich.
47(α) Die Erklärung in Abschnitt 9 Buchst. a) des amtlichen Vordrucks dient der Darlegung, dass die fraglichen Lieferungen und sonstigen Leistungen von anderen Unternehmern für das Unternehmen des Antragstellers ausgeführt worden sind (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG 2002). Denn die Vergütung von Vorsteuerbeträgen erfordert als allgemeine materiell-rechtliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug, dass die geltend gemachten Vorsteuerbeträge überhaupt gemäß § 15 UStG abziehbar sind. Im Zweifelsfall hat der antragstellende Unternehmer diese Voraussetzungen nachweisen.
48Zunächst lässt sich bereits daran zweifeln, ob bei fehlender Eintragung in Abschnitt 9 Buchst. a) überhaupt eine entsprechende Erklärung zur Verwendung der erhaltenen Gegenstände bzw. sonstigen Leistungen für Zwecke des Unternehmens abgegeben wurde. Aus der Formulierung im Vordruck ergibt sich bereits grammatikalisch, dass der Satz nach dem Wort „anlässlich“ einer Ergänzung bedarf. Ohne einen Eintrag des „Anlasses“ ist der Satz und damit die Erklärung zu Abschnitt 9 Buchst. a) jedenfalls unvollständig.
49Soweit man ohne weitere Eintragungen in Abschnitt 9 Buchst. a) zumindest eine Erklärung des antragstellenden Unternehmens dahingehend, dass die Lieferungen oder sonstigen Leistungen unternehmerischen Zwecken dienten, erkennen mag, genügt diese allgemeine Angabe aber nicht. Indem im amtlichen Vordruck nach dem Wort „anlässlich“ Raum für ergänzende Eintragungen vorgesehen ist, wird gerade deutlich, dass der Gesetzgeber die allgemeine Erklärung, dass die Dienstleistungen oder Güter für unternehmerische Zwecke in Anspruch genommen bzw. bezogen wurden, nicht für ausreichend erachtet hat, sondern vielmehr die Vorsteuervergütung von weiteren Angaben abhängig machen wollte. Aufgrund der im amtlichen Formular vorgesehen Erklärung sollte der Antragsteller auch die Angaben zur konkreten Tätigkeit im Inland, bei welcher die geltend gemachten Vorsteuerbeträge angefallen sind, mit seiner Unterschrift bestätigen. Die Angaben in Abschnitt 9 Buchst. a) sind auch erforderlich, um der Finanzverwaltung effektive Überprüfungsmöglichkeiten bzgl. der Voraussetzungen für den Vorsteuervergütungsanspruch zu eröffnen. Hierzu bedarf es konkreter Angaben zum Anlass der vom Antragsteller im Inland in Anspruch genommenen Dienstleistungen oder bezogenen Güter.
50(β) Diese Auslegung entspricht auch den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben.
51Für Antragsteller, die wie die Klägerin in einem Mitgliedstaat der EU ansässig sind, ist insoweit die Achte Richtline des Rates vom 6. Dezember 1979 (79/1072/EWG, ABl. EG Nr. L 331/1979, 11, – Achte Richtlinie -) maßgeblich.
52Das der Achten Richtline im Anhang A beigefügte Muster eines Vergütungsantrags enthält in Abschnitt 9 Buchst. a) die auch im deutschen Vordruck enthaltenen Erklärungen des Antragstellers. Im Anhang C sind desweiteren Mindestinformationen, die in die Erläuterung aufzunehmen sind, aufgeführt. Unter Punkt F. wird dabei ausgeführt, dass der Antragsteller unter Nr. 9 Buchstabe a) des Formulars die Art der Tätigkeit oder des Gewerbezweigs anzugeben hat, für die er die Güter erworben bzw. die Leistungen er- bracht hat, auf die sich der Antrag auf Steuervergütung bezieht. Beispielhaft sind erwähnt „Beteiligungen an der Ausstellung … in … vom … bis …, Stand Nr.“; „grenzüberschreitende Güterbeförderung von … nach … am …“. Dies spricht dafür, dass die Mitgliedstaaten gemeinschaftsrechtlich verpflichtet sind, die Erstattung der geltend gemachten Vorsteuerbeträge vom Vorliegen der entsprechenden Erklärungen des Antragstellers abhängig zu machen (s.a. BFH-Urteil vom 21. Oktober 1999 V R 76/98, BFHE 190, 239, BStBl II 2000, 214 zur nach Abschnitt 9 Buchst. c) erforderlichen Verpflichtungserklärung).
53cc) Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin kann nach den obigen Grundsätzen die notwendige Erklärung in Abschnitt 9 Buchst. a) im Streitfall auch nicht durch andere Angaben in den streitigen Vergütungsanträgen bzw. in den Anlagen zu diesen Anträgen ersetzt werden.
54(1) Die Angabe der allgemeinen Geschäftstätigkeit der Klägerin in Zeile 2 der streitigen Vergütungsanträge mit der Eintragung „Verkauf von Elektrizität“ kann die durch Unterschrift zu bestätigende und vom Beklagten konkret nachprüfbare Erklärung, dass die Dienstleistungen der inländischen Netzbetreiber von der Klägerin tatsächlich anlässlich von Stromlieferungen an inländische Endkunden in Anspruch genommen wurden, nicht ersetzen. Das gleiche gilt auch für die in Zeile 2 der Anlagen zu den Vergütungsanträgen enthaltene Bezeichnung der Eingangsleistung – „Durchleitung von Strom“ -.
55(2) Im Übrigen weist der Beklagte in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass die durch Unterschrift zu bestätigende Erklärung in Abschnitt 9 Buchst. a) gerade im Streitfall für die hinreichende Darlegung, dass die inländischen Netzbetreiber sonstige Leistungen für das Unternehmen der Klägerin ausgeführt haben und die Klägerin daher nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 2002 zur Geltendmachung der Vorsteuerbeträge berechtigt ist, erforderlich gewesen wäre. Denn die meisten von der Klägerin zum Nachweis ihrer Vorsteuerabzugsberechtigung eingereichten Rahmenverträge mit den inländischen Netzbetreibern weisen nicht die Klägerin sondern vielmehr die B bzw. die F SA als Vertragspartner und somit umsatzsteuerrechtliche Leistungsempfänger aus.
56c) Der Klägerin ist im Hinblick auf die versäumte Ausschlussfrist nach § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG 2002 auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 110 AO zu gewähren.
57aa) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm nach § 110 Abs. 1 Satz 1 AO auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen (§ 110 Abs. 1 Satz 2 AO). Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 110 Abs. 2 Satz 1 AO). Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen (§ 110 Abs. 2 Satz 3 AO). Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (§ 110 Abs. 2 Satz 4 AO). Nach einem Jahr seit Ende der versäumten Handlung kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war (§ 110 Abs. 3 AO).
58bb) Im Streitfall ist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand schon deshalb nicht möglich, weil seitens der Klägerin keine Gründe vorgetragen wurden und auch sonst keine Umstände ersichtlich sind, weshalb sie gehindert gewesen wäre, innerhalb der Ausschlussfrist bis zum 30. Juni 2003 ordnungsgemäße Vergütungsanträge einschließlich der Erklärungen zu Abschnitt 9 Buchst. a) einzureichen und dabei gerade die in den im Vordruck zur Ergänzung, Ausfüllung bzw. zum Ankreuzen vorgesehenen Feldern verlangten Eintragungen vorzunehmen. Gegen eine schuldlose Fristversäumnis spricht dabei insbesondere, dass auch für einen steuerrechtlichen Laien bei Lektüre des Antragsformulars klar sein muss, dass in Abschnitt 9 Buchst. a) Angaben gemacht werden müssen. Denn aus dem Wort „anlässlich“ und der folgenden Freizeile ergibt sich, dass der Satz einer Ergänzung bedarf.
59II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
60III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52, 63 des Gerichtskostengesetzes.
61IV. Die Revision zum Bundesfinanzhof war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO mangels grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht zuzulassen. Die Rechtsfrage, ob ein Antrag auf Vorsteuervergütung unwirksam ist, der nicht alle Angaben und Erklärungen enthält, die nach dem amtlichen Vordruck erforderlich sind, ist durch das BFH-Urteil vom 21. Oktober 1999 (V R 76/98, a.a.O.) bereits geklärt.