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Gutachterkosten bei Scheidung als außergewöhnliche Belastungen absetzbar?

Gutachterkosten bei Scheidung als außergewöhnliche Belastungen absetzbar?

Kernaussage
Gutachterkosten für die Wertermittlung einer Immobilie, die im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens wegen Auskunftserteilung und Zahlung von Zugewinn anfallen, sind nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar; es fehlt an der Zwangsläufigkeit, entschied das Finanzgericht Hessen.

Sachverhalt
Die Ex-Ehefrau des Klägers hatte im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens wegen Auskunftserteilung und Zahlung von Zugewinn Auskunft über das Endvermögen des Klägers durch Vorlage eines Bestandsverzeichnisses und durch Vorlage der zur Wertermittlung notwendigen Unterlagen verlangt. Daraufhin beauftragte der Kläger einen Sachverständigen, der ein kostenpflichtiges Wertgutachten bezüglich des Grundbesitzes erstellte. Das Finanzamt verweigerte die steuerliche Berücksichtigung der Kosten für das Wertgutachten als außergewöhnliche Belastungen. Der Kläger meinte hingegen, dass er sich den Gutachterkosten aus rechtlichen Gründen nicht habe entziehen können, da die Wertermittlung von seiner damaligen Ehefrau im Scheidungsverfahren per Auskunftsklage eingefordert worden sei.

Entscheidung
Dem folgte das Finanzgericht nicht und wies die Klage ab. Der Kläger sei zur Erstellung des Wertgutachtens nämlich nicht verpflichtet gewesen. Denn das Auskunftsverlangen der Ehefrau sei lediglich auf Vorlage der zur Wertermittlung notwendigen Unterlagen und nicht auf die Vorlage eines Sachverständigengutachtens gerichtet gewesen. Dies entspreche im Übrigen auch der zivilrechtlichen Rechtslage, wonach lediglich die Verpflichtung bestehe, dem anderen Ehegatten über den Bestand seines Endvermögens Auskunft zu erteilen. Auch der über den Auskunftsanspruch hinaus bestehende Wertermittlungsanspruch richte sich nur auf die zuverlässige Ermittlung durch den Auskunftsverpflichteten selbst, erforderlichenfalls durch Einholung von Auskünften oder Einschaltung von Hilfskräften. Ein Sachverständiger müsse insoweit aber nicht beauftragt werden, da der Anspruch auf Wertfeststellung durch einen Sachverständigen im Gesetz nicht vorgesehen sei. So habe auch die Ehefrau die Ermittlung des Immobilienwertes durch einen Sachverständigen im Auskunftsverlangen lediglich als sinnvoll und damit nicht als zwingend erachtet. Das Gutachten sei vom Kläger damit in eigener Verantwortung und nicht zwangsläufig in Auftrag gegeben worden. Folgerichtig habe auch das Familiengericht die Gutachterkosten im Kostenfestsetzungsverfahren nicht als erstattungsfähig angesehen.

Konsequenz
Etwas anderes ergebe sich nach Ansicht des Finanzgerichts auch nicht aus der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH). Der BFH hat hier seine bisherige Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Kosten eines Zivilprozesses aufgegeben und stellt nunmehr darauf ab, dass sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen hat. Diese neue Rechtsprechung des BFH ist wohl dahingehend zu verstehen, dass lediglich Zivilprozesskosten im engeren Sinne, d. h. lediglich Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und außergerichtliche Kosten (Vergütungsansprüche eines eigenen Prozessbevollmächtigten sowie der Kostenerstattungsanspruch des Gegners) abzugsfähig sind. Hierzu gehören aber nicht die Aufwendungen für ein Wertgutachten, das, wie im Streitfall, in eigener Verantwortung in Auftrag gegeben wurde.