Gültigkeit der Hemmung der Verjährung wegen Betriebsprüfung bis ein Jahr nach dem Jahr der SchlussbesprechungAnforderungen an eine SchlussbesprechungAbgrenzung zwischen laufender Unterrichtung und Schlussbesprechung
Leitsatz
1. Ob eine die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 Satz 3 AO befristende Schlussbesprechung stattgefunden hat, ist nach materiellen und nicht nach formellen Gesichtspunkten zu bestimmen (entgegen § 11 Abs. 1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Betriebsprüfung v. 15.3.2000, BStBl 2000 I S. 368 ).
2. Die Schlussbesprechung bildet nicht die generelle Beendigung der Außenprüfung, sondern regelmäßig die Beendigung der Prüfungshandlungen, zeigt also an, dass die Finanzbehörde keine weitere Prüfungshandlung mehr für erforderlich hält.
3. Eine Besprechung ist als Schlussbesprechung gem. § 171 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. § 201 AO anzusehen, wenn mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer der geprüften GmbH, dem Mitarbeiter deren Steuerberaters sowie dem Betriebsprüfer die maßgeblichen Personen teilnehmen und Gegenstand des Gesprächs sämtliche vorläufige Prüfungsfeststellungen des Betriebsprüfers sind. Unerheblich ist die Bezeichnung der Besprechung sowie die Einräumung einer Frist zur Einreichung weiterer Unterlagen.
4. Ist das FA der Ansicht, dass eine die Merkmale einer Schlussbesprechung aufweisende Besprechung keine solche, sondern lediglich eine Zwischenbesprechung i. S. d. § 199 Abs. 2 AO ist, muss es eine (weitere) Schlussbesprechung anberaumen bzw. erkennen lassen, eine solche durchführen zu wollen. Das FA kann nicht durch die gewählte Bezeichnung bzw. Klassifizierung eines Besprechungstermins das Besteuerungsverfahren offen halten.
Gesetze
AO § 171 Abs. 4 S. 3
AO § 201 Abs. 1 S. 1
AO § 199 Abs. 2
Verfahrensstand: Diese Entscheidung ist rechtskräftig
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte Änderungsbescheide aufgrund einer Außenprüfung erlassen durfte oder ob bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Ihr Unternehmensgegenstand ist die Beratung von Unternehmen und Einzelpersonen im Bereich der Umwelt-, Energie- und Verfahrenstechnik, die Planung von Anlagen und Einrichtungen sowie das Errichten dieser Anlagen als Generalübernehmer oder Bauherrenvertreter. Im Streitzeitraum waren Herr C Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin und Herr D Gesellschafter. Beide hielten jeweils 50 % der Anteile.
Der Beklagte führte ab dem … November 2004 bei der Klägerin eine Außenprüfung durch, die die Jahre 2000 bis 2002 betraf. Der vom Beklagten eingesetzte Prüfer teilte der Klägerin die vorläufigen Prüfungsfeststellungen in einer Besprechung im November 2004 mit. An der Besprechung nahmen auf der Seite der Klägerin ihr GesellschafterGeschäftsführer C und ein Mitarbeiter des steuerlichen Beraters der Klägerin teil. Der Prüfer gab der Klägerin Gelegenheit, nach Abschluss des Gesprächs noch weitere Unterlagen einzureichen; dies geschah jedoch nicht.
Daher erstellte der Prüfer am … Dezember 2004 den Prüfungsbericht. In dem Bericht führte der Prüfer aus, dass der Bilanzposten „Vorräte” zum 31. Dezember 2000 aufgrund der Aktivierung von Fremdleistungsaufwendungen erhöht werde (Textziffer [Tz.] 12). Zudem seien die Umsätze für die Verwendung unternehmenseigener Fahrzeuge für private Zwecke in den Jahren 2000, 2001 und 2002 zu erhöhen (Tz. 17, 18). In der Tz. 4 zu den „Allgemeinen Angaben” gab der Prüfer an, dass die letzten Ermittlungen „in 2004” stattgefunden hätten. In den Schlussbemerkungen führte der Prüfer aus, dass die Prüfungsfeststellungen während der Prüfung mit dem steuerlichen Berater der Klägerin besprochen worden seien und nach der „abschließenden Besprechung” keine weiteren Ermittlungen mehr stattgefunden hätten.
Den Prüfungsbericht übersandte der Prüfer der Klägerin mit Schreiben vom … Januar 2005 mit der Bitte um Stellungnahme. Diese erhob in der Folgezeit Einwendungen gegen die Prüfungsfeststellungen und kündigte die Einreichung von Unterlagen an. Die Übersendung von Unterlagen erfolgte jedoch nicht, trotz einer schriftlichen Aufforderung durch den Prüfer Ende 2005. Daher wertete der Beklagte den Außenprüfungsbericht unverändert aus und erließ mit Datum vom … Juli 2009 geänderte Bescheide zur Körperschaftsteuer und über den Gewerbesteuermessbetrag 2000, über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß den §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 3, 37 Abs. 2 und 38 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG ) zum 31. Dezember 2000 sowie geänderte Umsatzsteuerbescheide für 2000, 2001 und 2002.
Hiergegen führte die Klägerin ein erfolgloses Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom … Januar 2010), so dass sie am … Februar 2010 Klage erhoben hat. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die zunächst auch gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß den §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 3, 37 Abs. 2 und 38 Abs. 1 KStG zum 31. Dezember 2000 gerichtete Klage insoweit zurückgenommen. Das Verfahren ist im Umfang der Klagerücknahme abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 12 K 12150/12 eingestellt worden.
Die Klägerin ist der Ansicht, die aufgrund der Außenprüfung erlassenen Änderungsbescheide seien schon deshalb rechtswidrig, weil im Zeitpunkt ihres Erlasses die Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) abgelaufen gewesen sei. Daran ändere auch die in § 171 Abs. 4 AO geregelte Ablaufhemmung in den Fällen, in denen eine Außenprüfung durchgeführt werde, nichts. Denn insoweit sei § 171 Abs. 4 Satz 3 AO maßgeblich, wonach die Festsetzungsfrist spätestens dann ende, wenn seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden habe, die in § 169 Abs. 2 AO genannten Fristen verstrichen seien. Die abschließende Besprechung habe im Jahr 2004 stattgefunden und sei als Schlussbesprechung i. S. des § 201 Abs. 1 Satz 1 AO anzusehen; die Festsetzungsfrist sei daher am 31. Dezember 2008 abgelaufen.
Auch wenn die 2004 durchgeführte Besprechung nicht als Schlussbesprechung i. S. des § 201 Abs. 1 Satz 1 AO angesehen werden könnte, ändere sich daran im Ergebnis nichts, da der Beklagte auch die letzten Ermittlungshandlungen im Jahr 2004 vorgenommen habe. Eine etwaige, vom Beklagten angeführte Einsichtnahme in Unterlagen über eine bei ihr für die Jahre 1998 bis 2001 durchgeführte Lohnsteueraußenprüfung seien keine Ermittlungshandlungen i. S. des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO .
In der Sache wende sie sich weiterhin gegen die vom Beklagten vorgenommene Bewertung der Vorräte, die Versteuerung der privaten Nutzung von Unternehmensfahrzeugen durch die Gesellschafter sowie gegen den Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung im Jahr 2000 für eine Tantieme.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide über Körperschaftsteuer für 2000, den Gewerbesteuermessbetrag für 2000 und Umsatzsteuer für 2000, 2001 und 2002, jeweils vom … Juli 2009, sowie die zu diesen Bescheiden ergangene Einspruchsentscheidung vom … Januar 2010 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, dass keine Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Die in § 171 Abs. 4 Satz 1 AO geregelte Ablaufhemmung sei nicht ab dem 1. Januar 2005 befristet gewesen, da die Ende 2004 durchgeführte Besprechung nicht als Schlussbesprechung i. S. des § 201 AO anzusehen sei. Hätte diese Besprechung eine Schlussbesprechung sein sollen, hätte er bestimmte Formalien eingehalten, so der Beklagte, und einen Vermerk über die Bekanntgabe eines Besprechungstermins sowie die Besprechungspunkte angefertigt. Dies sei jedoch unterblieben. Daher sei maßgeblich, ob nach 2004 noch Prüfungshandlungen durchgeführt worden seien. Dies sei der Fall, da der zuständige Prüfer in 2005 vor allem hinsichtlich der privaten Fahrzeugnutzung in Unterlagen Einsicht genommen habe, welche im Rahmen der Lohnsteueraußenprüfung für die Jahre 1998 bis 2001 vorgelegt worden seien. Zudem habe die Klägerin mit den von ihr erhobenen Einwendungen selbst verdeutlicht, dass sie an einem Fortgang der Außenprüfung und somit an weiteren bzw. letzten Ermittlungen interessiert gewesen sei. Im Ergebnis habe die Frist des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO erst mit Ablauf des 31. Dezember 2005 zu laufen begonnen, so dass der Erlass der Änderungsbescheide am … Juli 2009 noch vor Ablauf der Festsetzungsfrist erfolgt sei.
In der Sache könne die Klage keinen Erfolg haben, da die Klägerin ihre Auffassung nicht hinreichend begründet habe und die rechtlichen Schlussfolgerungen des Prüfers der geltenden Rechtslage entsprächen.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide wegen Körperschaftsteuer 2000, Umsatzsteuer 2000, 2001 und 2002 sowie wegen des Gewerbesteuermessbetrags 2000 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung [FGO ]).
Dem Erlass dieser geänderten Bescheide stand der Ablauf der Festsetzungsfrist entgegen. Nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO ist eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Die Festsetzungsfrist beträgt für die Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer grundsätzlich vier Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO ).
1. Die reguläre Festsetzungsfrist von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres der Abgabe der Steuererklärungen (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO ) war – wie unter den Beteiligten unstreitig ist – bei Erteilung der aufgrund der Außenprüfung geänderten Bescheide am … Juli 2009 bereits abgelaufen, denn die Steuerklärung für den letzten hier streitigen Veranlagungszeitraum 2002 wurde im Jahr 2003 beim Beklagten eingereicht.
2. Auch unter Berücksichtigung der in § 171 Abs. 4 AO geregelten Ablaufhemmung war die Festsetzungsfrist abgelaufen, und zwar am 31. Dezember 2008; denn der Beklagte führte im Jahr 2004 bei der Klägerin eine Außenprüfung durch und erörterte Ende 2004 die Ergebnisse der Außenprüfung in einer Schlussbesprechung.
a) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind (§ 171 Abs. 4 Satz 1 AO ). Die Festsetzungsfrist endet nach § 171 Abs. 4 Satz 3 AO allerdings spätestens, wenn seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden hat, oder, wenn sie unterblieben ist, seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung stattgefunden haben, die in § 169 Abs. 2 AO genannten Fristen verstrichen sind.
aa) Die Schlussbesprechung findet ihre gesetzliche Grundlage in § 201 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz AO . Danach wird die Schlussbesprechung als Besprechung über das Ergebnis der Außenprüfung definiert. Die Schlussbesprechung ist somit eher vage bestimmt (vgl. nur Frotscher in Schwarz, AO , § 201 Rn. 4), ihr Inhalt und Ablauf sind nicht näher normiert.
bb) Die Finanzverwaltung betrachtet die Schlussbesprechung nach formellen Gesichtspunkten. Gemäß § 11 Abs. 1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Betriebsprüfung – Betriebsprüfungsordnung (Fassung vom 15. März 2000, Bundessteuerblatt [BStBl] I 2000, 368) sind die Besprechungspunkte und der Termin der Schlussbesprechung dem Steuerpflichtigen in einer angemessenen Zeit vor der Besprechung bekanntzugeben, wobei diese Bekanntgabe nicht der Schriftform bedarf. Dauert die Außenprüfung nur wenige Tage, kann die Schlussbesprechung allerdings auch kurzfristig anberaumt werden (Ax/Große/Melchior, AO /FGO , 19. Auflage [2007], Rn. 2319). Teilnehmer auf Seiten des Steuerpflichtigen ist neben diesem selbst in der Regel sein steuerlicher Berater (Intemann in Pahlke/Koenig, AO , 2. Auflage [2009], § 201 Rn. 6).
cc) Nach der Auffassung des Senats ist nach materiellen und nicht nach formellen Gesichtspunkten zu bestimmen, ob eine Schlussbesprechung stattgefunden hat. Maßgeblich sind dafür die folgenden Erwägungen:
Zweck der Schlussbesprechung soll neben der Beseitigung von Meinungsverschiedenheiten und Missverständnissen die Gewährung rechtlichen Gehörs sein (Frotscher in Schwarz, AO , § 201 Rn. 2; Intemann in Pahlke/Koenig, AO , 2. Auflage [2009], § 201 Rn. 1; Sauer in Beermann/Gosch, AO /FGO, § 201 AO Rn. 3 f.; von Wedelstädt in Kühn/von Wedelstädt, AO /FGO , 20. Auflage [2011], § 201 AO Rn. 4). Damit hat die Schlussbesprechung eine Befriedungsfunktion, da sie zeitlich auf die Durchführung der Prüfungshandlungen folgt und sich schwerpunktmäßig auf Fragen bezieht, die im Rahmen der Prüfung streitig geblieben sind (Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO /FGO, § 201 AO Rn. 12; Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Auflage [2010], § 21 Rn. 247). Der Auftrag des Gesetzes, gerade die streitigen Aspekte zum Gegenstand der Schlussbesprechung zu machen, kann nur dahin verstanden werden, dass die Beteiligten ihre gegensätzlichen Auffassungen vortragen und womöglich die andere Seite von der Richtigkeit dieser Auffassungen überzeugen sollen – letztlich mit dem Ziel, die streitigen Aspekte des Falls schon im Rahmen der Schlussbesprechung zu erledigen (Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO /FGO , § 201 AO Rn. 12). Allerdings haben die während der Schlussbesprechung getroffenen Äußerungen nur vorläufigen Charakter; auch das rechtliche Ergebnis der Schlussbesprechung ist grundsätzlich unverbindlich (Intemann in Pahlke/Koenig, AO , 2. Auflage [2009], § 201 Rn. 17; von Wedelstädt in Kühn/von Wedelstädt, AO /FGO, 20. Auflage [2011], § 201 AO Rn. 7).
Abzugrenzen ist die Schlussbesprechung von der in § 199 Abs. 2 AO geregelten laufenden Unterrichtung des Steuerpflichtigen über die während der Prüfung festgestellten Sachverhalte und deren möglichen steuerlichen Auswirkungen (vgl. dazu Intemann in Pahlke/Koenig, AO , 2. Auflage [2009], § 201 Rn. 18; Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Auflage [2010], § 21 Rn. 247). Diese laufende Unterrichtung hat zumeist nur bei Großoder Konzernbetrieben den formalen Rahmen einer Besprechung und wird dann als Zwischenbesprechung bezeichnet (Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Auflage [2010], § 21 Rn. 247).
Die Schlussbesprechung bildet nicht die generelle Beendigung der Außenprüfung (missverständlich insoweit Sauer in Beermann/Gosch, AO /FGO , § 201 AO Rn. 6, der vom „Endpunkt einer Außenprüfung” spricht), sondern regelmäßig die Beendigung der Prüfungshandlungen, zeigt also an, dass die Finanzbehörde keine weitere Prüfungshandlung mehr für erforderlich hält (Frotscher in Schwarz, AO , § 201 Rn. 1). In diesem Sinne ist nach der Auffassung des Senats auch das Urteil des Finanzgerichts [FG] des Saarlands vom 30. September 1992 zu verstehen, wonach von einer Schlussbesprechung dann gesprochen werden kann, wenn nach Vornahme von Prüfungshandlungen die Prüfung eingestellt und allen Beteiligten im Rahmen einer Besprechung Gelegenheit gegeben wird, abschließend zu den Prüfungsfeststellungen Stellung zu nehmen (FG des Saarlandes, Urteil vom 30. September 1992 1 K 8/92 , Entscheidungen der Finanzgerichte [EFG] 1993, 279). Dementsprechend sieht auch § 202 Abs. 2 AO die Möglichkeit bzw. das Recht vor, den Prüfungsbericht vor seiner Auswertung an den Steuerpflichtigen übersenden, der darauf hin Einwendungen gegen den Bericht erheben kann; die Außenprüfung wird dann in der Weise fortgesetzt, dass der Prüfer zu den Einwendungen des Steuerpflichtigen seinerseits Stellung nimmt.
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und entgegen der Ansicht des Beklagten hat die Befristung der Ablaufhemmung von vier Jahren (§ 171 Abs. 4 Satz 3 AO i. V. m. § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO ) bereits mit dem 01. Januar 2005 begonnen, denn die im November 2004 durchgeführte Besprechung ist als Schlussbesprechung i. S. des § 171 Abs. 4 Satz 3 i. V. m. § 201 Abs. 1 Satz 1 AO anzusehen.
aa) Unstrittig ist, dass der Betriebsprüfer im November 2004 mit Herrn C, dem Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin, und einem Mitarbeiter des Steuerberaters der Klägerin eine Besprechung abgehalten hat. Unschädlich ist, dass der Beklagte meint, bei dieser Besprechung habe es sich nicht um eine Schlussbesprechung, sondern lediglich um eine „abschließende Besprechung” gehandelt. Denn entscheidend ist nicht die Bezeichnung der Besprechung, sondern ihr Inhalt und Zweck. Sowohl Inhalt als auch Zweck der zwischen den Beteiligten abgehaltenen Besprechung entsprachen einer „üblichen” Schlussbesprechung; denn nicht nur haben auf Seiten der Klägerin die maßgeblichen Personen teilgenommen – ihr Gesellschafter-Geschäftsführer und ein Mitarbeiter des Steuerberaters –, sondern Gegenstand des Gesprächs waren auch sämtliche (vorläufige) Prüfungsfeststellungen des Betriebsprüfers. Dies ist unstrittig und vom Beklagten selbst vorgetragen. Dass nur die vorläufigen Feststellungen Gegenstand der Besprechung waren, ist unschädlich, wie die zitierte Literatur zeigt, der sich der Senat anschließt. Denn erst der in § 202 Abs. 1 Satz 1 AO normierte Prüfungsbericht enthält die „endgültigen” bzw. für die Auswertung und Umsetzung der Betriebsprüfungsergebnisse in Steuerbescheide maßgeblichen Prüfungsfeststellungen. Aus diesem Grund ist es für die Beantwortung der Frage, ob es sich bei dem hier strittigen Gespräch um eine Schlussbesprechung handelte, auch unerheblich, dass der Klägerin noch eine kurze Frist zur Einreichung weiterer Unterlagen eingeräumt wurde. Denn werden nur vorläufige Prüfungsfeststellungen besprochen, muss der Steuerpflichtige die Gelegenheit erhalten, weitere Ausführungen tatsächlicher oder rechtlicher Art zu machen.
Diese Erwägungen stehen auch im Einklang mit dem Sinn und Zweck des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO . Der Zweck des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO besteht darin, zugunsten des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit eine zeitlich unbegrenzte Auswertung von Prüfungsfeststellungen zu verhindern und damit eine zeitgerechte Auswertung der Prüfungsfeststellungen durch den Erlass von Änderungsbescheiden zu erzwingen (Bundesfinanzhof [BFH], Urteil vom 08. Juli 2009 XI R 64/07, BStBl II 2010 , 4 ). Dagegen konnten vor der Einfügung des Satzes 3 in § 171 Abs. 4 AO Änderungsbescheide auf Grund einer Außenprüfung ergehen, ohne dass ein fester zeitlicher Rahmen für den Erlass der Bescheide vorgesehen war; der Erlass der Bescheide konnte allenfalls unter dem Gesichtspunkt von „Treu und Glauben” aufzuhalten sein (vgl. dazu FG Düsseldorf, Urteil vom 12. Dezember 2000 6 K 8964/98 K, G, U, F , EFG 2001, 865 ). Den somit bestehenden Widerspruch zu dem Zweck der Verjährungsvorschriften – innerhalb eines festen Zeitrahmens Klarheit über den Gegenstand des Steuerschuldverhältnisses zu schaffen – sollte die Ergänzung des Satzes 3 (mit einer an § 169 Abs. 2 AO orientierten Frist für die Auswertung der Prüfungsfeststellungen) beseitigen (Bundestags-Drucksache 10/1636, 43 f.; vgl. auch BFH-Urteil vom 08. Juli 2009 XI R 64/07 , BStBl II 2010, 4). Mithin dient § 171 Abs. 4 Satz 3 AO der Rechtssicherheit. Der Finanzbehörde soll nach der Ermittlung des Sachverhalts im Wege der Außenprüfung für den Erlass der Steuerbescheide aufgrund der Außenprüfung nicht unbegrenzt Zeit verbleiben, während erstmalige Steuerfestsetzungen innerhalb der Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 AO erfolgen müssen (siehe dazu auch Cöster in Pahlke/Koenig, AO , 2. Auflage [2009], § 171 Rn. 100).
Dem Zweck des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO würde es zuwiderlaufen, wenn es die Finanzbehörde in der Hand hätte, durch die von ihr gewählte Bezeichnung bzw. Klassifizierung eines Besprechungstermins das Besteuerungsverfahren offen zu halten. Daher muss sich die Finanzbehörde an ihrer eigenen Vorgehensweise festhalten lassen und muss – wenn sie mit dem Steuerpflichtigen eine Schlussbesprechung durchführt – diesem auch die notwendige Rechtssicherheit gewähren, dass dieses Gespräch eine maßgebliche Etappe auf dem Weg zum Abschluss der Außenprüfung darstellt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Steuerpflichtige nach ganz überwiegender Ansicht einen (klagbaren) Rechtsanspruch auf die Durchführung einer Schlussbesprechung hat ([BFH-Urteil vom 16. Dezember 1987 I R 66/84 , Sammlung der Entscheidungen des BFH [BFH/NV] 1988, 319; FG Köln, Urteil vom 22. Februar 2000 14 K 3004/99, EFG 2000, 775 ; Sauer in Beermann/Gosch, AO /FGO , § 201 Rn. 9; Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO /FGO , § 201 AO Rn. 20; zweifelnd Rüsken in Klein AO , 10. Auflage [2009], § 201 Rn. 5). Da davon auszugehen ist, dass die Finanzverwaltung stets rechtmäßig handelt bzw. handeln will, hätte der Beklagten nach Durchführung der Besprechung im November 2004 eine (weitere) Schlussbesprechung anberaumen müssen, wenn er der Überzeugung gewesen wäre, dass das Gespräch vom November 2004 keine Schlussbesprechung bzw. lediglich eine Zwischenbesprechung i. S. des § 199 Abs. 2 AO gewesen sei. Dies ist jedoch nicht geschehen; derartige Überlegungen, noch eine weitere Besprechung durchführen zu müssen, lassen sich auch nicht den Steuerakten entnehmen.
bb) Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass auch spätere Ermittlungen der Finanzbehörde den Beginn der Festsetzungsfrist hinausschieben können. Denn nach § 171 Abs. 4 Satz 3 AO beginnt die Befristung der Ablaufhemmung in erster Linie mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden hat. Auf das Kalenderjahr, in dem die letzten Ermittlungen stattgefunden haben, ist nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut nur dann abzustellen, wenn die Schlussbesprechung unterblieben ist (BFH-Urteile vom 09. März 1999 VIII R 19/97 , BFH/NV 1999, 1186 ; vom 20. Juli 2005 X R 74/01, BFH/NV 2005, 2195 ; FG Düsseldorf, Urteil vom 02. Februar 1999 6 K 5708/95 , juris; Banniza in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO /FGO , § 171 AO Rn. 127). Das war hier jedoch gerade nicht der Fall, so dass dahinstehen kann, ob das Finanzamt – wie der Beklagte vorgetragen hat – nach der Schlussbesprechung weitere Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung durchgeführt hat.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO . Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung .
III. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zuzulassen. Die Frage, welche Anforderungen an eine Schlussbesprechung i. S. der §§ 171 Abs. 4 Satz 3, 201 AO zu stellen sind, ist, soweit ersichtlich, bislang nicht höchstrichterlich entschieden.