Steuerermäßigung bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb gem. § 35 EStG – Grundlagen, Anwendung und Beispiele

Einleitung

Die Steuerermäßigung nach § 35 EStG dient dazu, die steuerliche Belastung für Unternehmer und Mitunternehmer zu reduzieren, indem die Einkommensteuer um einen Anteil der gezahlten Gewerbesteuer gemindert wird. Im Folgenden werden die gesetzlichen Grundlagen, die praktische Anwendung und Beispiele zur Berechnung vorgestellt.

1. Anwendungsbereich

Die Steuerermäßigung nach § 35 EStG ist für unbeschränkt und beschränkt steuerpflichtige natürliche Personen anwendbar, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen. Dazu zählen Einzelunternehmer, Mitunternehmer von Personengesellschaften sowie persönlich haftende Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA). Die Regelung gilt erstmals für den Veranlagungszeitraum 2001 und in der geänderten Fassung des Unternehmenssteuerreformgesetzes 2008 für den Veranlagungszeitraum 2008.

2. Steuerermäßigung und Berechnung

Die Steuerermäßigung beträgt das 3,8-fache des festgesetzten Gewerbesteuermessbetrags und ist auf die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer begrenzt. Die tarifliche Einkommensteuer wird nach Abzug von ausländischen Steuern und weiteren Steuerermäßigungen als Bemessungsgrundlage herangezogen. Die Berechnung erfolgt wie folgt:

Formel zur Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrags:

3. Beispiele zur Berechnung

Beispiel 1: Einzelunternehmer

Ein Unternehmer erzielt folgende Einkünfte:

  • Gewerbliche Einkünfte aus Betrieb A: 120.000 €
  • Verlust aus Betrieb B: –50.000 €
  • Einkünfte aus Vermietung: 30.000 €
  • Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit: 20.000 €

Der Gewerbesteuermessbetrag beträgt 3.000 €, die gezahlte Gewerbesteuer 10.000 €. Der Erhöhungsfaktor von 3,8 ergibt einen Anrechnungsbetrag von 11.400 €, begrenzt auf die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer von 10.000 €.

Ergebnis: Die Steuerermäßigung beträgt 10.000 €.

Beispiel 2: Zusammenveranlagung eines Ehepaars

  • Einkünfte des Ehemanns aus Gewerbebetrieb: 50.000 €
  • Einkünfte der Ehefrau aus Gewerbebetrieb: –25.000 €
  • Einkünfte der Ehefrau aus nichtselbständiger Arbeit: 10.000 €

Hier wird nur der positive gewerbliche Gewinn des Ehemanns von 50.000 € berücksichtigt. Bei einem Gewerbesteuermessbetrag von 2.000 € beträgt die mögliche Steuerermäßigung 7.600 € (2.000 € × 3,8), begrenzt auf die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer.

Ergebnis: Steuerermäßigung von 7.600 €.

Siehe auch Rechner Gewerbesteueranrechnung

4. Auswirkungen von Billigkeitsmaßnahmen

Falls das Finanzamt eine Billigkeitsmaßnahme gemäß § 227 AO oder eine Verjährung im Erhebungsverfahren gemäß § 228 AO gewährt, bleibt dies ohne Einfluss auf die Berechnung der Steuerermäßigung. Die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer wird weiterhin zur Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrags herangezogen.

5. Besonderheiten bei Mitunternehmerschaften

  • Der anteilige Gewerbesteuermessbetrag eines Mitunternehmers wird nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel aufgeteilt.
  • Vorabgewinne und Sondervergütungen bleiben dabei unberücksichtigt.
  • Bei mehrstufigen Gesellschaften ist der anteilige Gewerbesteuermessbetrag durchzureichen.

Fazit

Die Steuerermäßigung nach § 35 EStG bietet Unternehmern eine erhebliche Entlastung. Eine korrekte Berechnung und Dokumentation sind essenziell, um die Ersparnis voll auszuschöpfen. Insbesondere bei Mitunternehmerschaften oder komplexen Einkunftssituationen lohnt sich eine detaillierte Prüfung.

Quelle: Bundesministerium der Finanzen, BMF-Schreiben vom 24. Februar 2009 (BStBl I S. 440), BMF-Schreiben vom 3. November 2016 (BStBl I S. 1187)