Sonderausgabenabzug von Vorsorgeaufwendungen bei grenzüberschreitender Tätigkeit

Wer in mehreren Ländern tätig ist oder ausländische Renten bezieht, kennt das Problem: Vorsorgeaufwendungen wie Renten-, Kranken- oder Pflegeversicherungsbeiträge werden nicht immer in Deutschland steuerlich berücksichtigt – insbesondere dann nicht, wenn die zugehörigen Einnahmen im Inland steuerfrei sind. Doch es gibt Ausnahmen. Ein neues BMF-Schreiben vom 03.04.2025 bringt nun Klarheit.


Der Grundsatz: Kein Abzug bei steuerfreien Einnahmen

Grundsätzlich gilt: Vorsorgeaufwendungen, wie sie in § 10 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 3a EStG geregelt sind (z. B. Renten- und Krankenversicherungen), dürfen nicht als Sonderausgaben abgezogen werden, wenn sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen (§ 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG).

Das betrifft vor allem grenzüberschreitende Sachverhalte – etwa wenn jemand in der Schweiz oder einem EU-/EWR-Staat arbeitet, dort Sozialversicherungsbeiträge zahlt, aber die Einkünfte in Deutschland steuerfrei sind (Doppelbesteuerungsabkommen!).


Die Ausnahme: Rückausnahme für EU-/EWR-Staaten und die Schweiz

Dank einer sogenannten „Rückausnahme“ können bestimmte Beiträge trotzdem abzugsfähig sein – und das betrifft viele Steuerpflichtige mit grenzüberschreitender Tätigkeit:

➡️ Voraussetzung ist, dass:

  • die Einnahmen in einem EU-/EWR-Staat oder in der Schweiz erzielt wurden,
  • dort keinerlei steuerliche Berücksichtigung der Vorsorgeaufwendungen erfolgt,
  • ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Beitrag und steuerfreier Einnahme besteht.

Diese Regelung wurde zuletzt mit dem Jahressteuergesetz 2024 erweitert:
Nun gilt sie auch für freiberufliche und selbstständige Tätigkeiten, nicht nur für nichtselbstständige Beschäftigungen.


Neue Klarstellungen des BMF (April 2025)

Das aktuelle BMF-Schreiben vom 03.04.2025 enthält wichtige Klarstellungen:

✅ Freiwillige Beiträge sind weiterhin abzugsfähig

Zum Beispiel:

  • Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung bei freiwilliger Versicherung
  • Beiträge zur privaten Kranken- oder Pflegeversicherung
  • Beiträge zur freiwilligen Unfallversicherung

Diese stehen nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit steuerfreien Auslandseinnahmen und bleiben daher grundsätzlich als Sonderausgaben abzugsfähig.


✅ Getrennte Beurteilung der Versicherungssparten

Das Finanzamt muss nun jede Art von Vorsorgeaufwendungen separat prüfen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen:

  • gesetzlicher Rentenversicherung
  • gesetzlicher Krankenversicherung
  • gesetzlicher Pflegeversicherung
  • Arbeitslosenversicherung

Nur wenn keine dieser Sparten im Ausland steuerlich berücksichtigt wird, können sie in Deutschland ggf. vollständig abgezogen werden. Umgekehrt führt die Berücksichtigung einer Sparte im Ausland nicht automatisch zum Ausschluss aller anderen im Inland.


🔎 Wichtig: Vergleichbarkeit mit deutschen Aufwendungen

Ein Abzug kommt nur in Betracht, wenn die ausländischen Beiträge vergleichbar mit deutschen Versicherungen sind – d. h. dem Kerngehalt nach den deutschen Regelungen ähneln.


Was bedeutet das für Betroffene?

Grenzüberschreitend tätige Steuerpflichtige – etwa Grenzgänger, internationale Selbstständige oder Rentner mit ausländischen Anwartschaften – können von dieser Neuregelung profitieren. Vorsorgeaufwendungen können in vielen Fällen doch noch berücksichtigt werden, wenn die Voraussetzungen erfüllt und nachgewiesen werden.

Tipp aus der Praxis:
Dokumentieren Sie Ihre Einkünfte und Versicherungsbeiträge möglichst detailliert – und holen Sie sich bei Unsicherheit professionelle Unterstützung.


📌 Fazit

Das BMF folgt mit seinem Schreiben der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (u. a. X R 11/20 und X R 28/21) und schafft nun klare Leitlinien zur Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen bei Auslandstätigkeiten.

In allen noch offenen Fällen sind diese Regelungen anzuwenden – es lohnt sich also, bereits eingereichte Steuererklärungen noch einmal prüfen zu lassen.


Quelle:
BMF-Schreiben vom 03.04.2025 (Az. IV C 4 – S 2221/00380/003/005), veröffentlicht im Bundessteuerblatt Teil I


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