Kassen-Nachschau: Anwendungserlass der Finanzverwaltung

Einführung

Mit dem Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen wurde zum 1. Januar 2018 die Möglichkeit einer Kassen-Nachschau eingeführt. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat nun endlich einen Erlass zur Anwendung des neuen § 146b AO veröffentlicht.

Der Anwendungserlass zu § 146b AO definiert die Kassen-Nachschau als Verfahren zur Prüfung der Ordnungsmäßigkeit von Kassenaufzeichnungen und ihrer Übernahme in die Buchführung. Diese Nachschau ermöglicht eine umfassende Überprüfung aller relevanten Buchhaltungselemente, nicht nur der Belege, sondern auch der gesamten Buchführungskette von der Belegerfassung bis zur Eintragung ins Hauptbuch. Dieses Verfahren betrifft alle Steuerpflichtigen, die Gewinneinkünfte erzielen.

Zugriff auf Kassenbuchungen

Der Anwendungserlass weist darauf hin, dass der direkte Zugriff auf die Kassenbuchungen im Rahmen einer Kassen-Nachschau in der Praxis oft nicht möglich ist. Dies liegt daran, dass die Buchführung häufig von externen Dienstleistern wie Steuerkanzleien oder Buchhaltungsservices durchgeführt wird. In diesen Fällen muss der Steuerpflichtige die Buchhaltungsunterlagen bei seinem Dienstleister anfordern und dem Amtsträger zur Verfügung stellen.

Der Anwendungserlass der Finanzverwaltung stellt klar, dass der Zugriff auf die digitalen Aufzeichnungen grundsätzlich über die digitale Schnittstelle erfolgen soll, die ab dem 1. Januar 2020 verpflichtend für alle elektronischen Kassensysteme vorgeschrieben ist. Alternativ können die Daten auf einem maschinell auswertbaren Datenträger bereitgestellt werden.

Kritische Analyse des Anwendungserlasses der Finanzverwaltung

Der Erlass lässt einige Fragen offen und enthält Regelungen, die in der Praxis zu Problemen führen können.

  • Unklarheiten zum zeitlichen Umfang der Prüfung: Der Erlass definiert nicht, welcher Zeitraum im Rahmen einer Kassen-Nachschau überprüft werden darf. Dies liegt im Ermessen der Finanzverwaltung, was für Steuerpflichtige zu Rechtsunsicherheit führt.
  • Fehlende Verhältnismäßigkeit: Der Erlass enthält keine Vorgaben zur Verhältnismäßigkeit der Kassen-Nachschau. Dies bedeutet, dass die Finanzverwaltung die Prüfung auch dann durchführen kann, wenn dies den Geschäftsbetrieb des Steuerpflichtigen erheblich stört.
  • Keine Schlussbesprechung und kein Prüfungsbericht: Nach Abschluss der Kassen-Nachschau findet keine Schlussbesprechung statt und der Steuerpflichtige erhält keinen Prüfungsbericht. Dies erschwert es ihm, die Ergebnisse der Prüfung nachvollziehen zu können.
  • Mangelnde Fälschungssicherheit der Dienstausweise: Der Steuerberaterverband hatte gefordert, dass Prüfer einheitliche und fälschungssichere Dienstausweise erhalten sollen. Das BMF hat diese Forderung jedoch nicht aufgegriffen.

Ein kritischer Aspekt ist die unklare Definition einer „zeitnahen Prüfung“ sowie die Entscheidungsfreiheit der Finanzverwaltung über den zu prüfenden Zeitraum, die ohne spezifische Vorgaben bleibt. Dies könnte bedeuten, dass in der Regel nur aktuelle Voranmeldungszeiträume geprüft werden dürften, vermutlich nicht länger als sechs Monate.

Der Erlass lässt offen, welche spezifischen Kassensysteme einer Nachschau unterliegen können, erwähnt jedoch, dass sowohl elektronische als auch manuelle Systeme inklusive verschiedenster technischer Lösungen inspiziert werden können. Ebenfalls erlaubt der Erlass unter bestimmten Umständen das Anfordern eines Kassensturzes, eine Entscheidung, die im Ermessen des prüfenden Amtsträgers liegt und von den spezifischen Umständen des Einzelfalls abhängt.

Es gibt keine explizite Regelung für die Überprüfung von Räumlichkeiten, die außerhalb der üblichen Geschäftszeiten genutzt werden, und es besteht das Recht des Amtsträgers, auch Fahrzeuge und andere Betriebsstätten zu betreten, die gewerblich genutzt werden.

Der Anwendungserlass betont, dass die Kassen-Nachschau kein Recht zur Durchführung einer Durchsuchung verleiht und dass die Duldung der Kassen-Nachschau formlos, auch mündlich, angeordnet werden kann. Bei Abwesenheit des Steuerpflichtigen müssen Mitarbeiter die erforderlichen Rechte haben, um die Kassen-Nachschau zu unterstützen, was praktische Probleme aufwerfen könnte, insbesondere wenn Mitarbeiter nicht über die notwendigen Zugriffsrechte verfügen.

Abschließend wird erwähnt, dass bei einer Kassen-Nachschau entdeckte Probleme direkt zu einer Außenprüfung führen können, ohne dass eine formale Prüfungsanordnung notwendig ist. Dies unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen und regelkonformen Kassenführung, um kostspielige und zeitaufwendige Prüfungen zu vermeiden.

Verfahrensdokumentation

Die Verfahrensdokumentation für die eingesetzte Kasse ist dem Amtsträger auf Verlangen vorzulegen. Dies gilt spätestens ab dem 1. Januar 2020 und muss auch Informationen zur zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (ZTS) enthalten, die seit diesem Zeitpunkt für alle elektronischen Kassensysteme vorgeschrieben ist.

Scannen und Fotografieren von Unterlagen

Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist es dem Amtsträger im Rahmen der Kassen-Nachschau erlaubt, Unterlagen und Belege zu Dokumentationszwecken zu scannen oder zu fotografieren. Dies gilt jedoch nicht für die Entnahme der Originalunterlagen. Der Steuerpflichtige hat lediglich eine Kopie oder einen Scan der Unterlagen zur Verfügung zu stellen.

Fazit

Der Anwendungserlass der Finanzverwaltung zur Kassen-Nachschau ist in vielen Punkten problematisch. Die Regelungen sind oft unklar und unpraktisch, und die Rechte der Steuerpflichtigen werden nicht ausreichend gewahrt. Es ist zu hoffen, dass das BMF den Erlass in Zukunft nachbessern wird.