Mit der Anpassung des § 220 Abs. 2 Bewertungsgesetz (BewG) wird Steuerpflichtigen künftig die Möglichkeit eingeräumt, einen niedrigeren gemeinen Wert für ihre Grundstücke nachzuweisen, wenn der festgestellte Grundsteuerwert den tatsächlichen Wert erheblich übersteigt.
Hintergrund der Neuregelung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in zwei Verfahren zur Aussetzung der Vollziehung (Az. II B 78/23 und II B 79/23) entschieden, dass der festgestellte Grundsteuerwert im Einzelfall nicht mehr als 40 % über dem tatsächlichen gemeinen Wert des Grundstücks liegen darf.
Bisherige Regelung:
- Die Bewertungsgrundlagen für die Grundsteuer wurden in der Regel durch pauschale Modelle ermittelt (z. B. Bodenrichtwerte, Ertragswertverfahren).
- Steuerpflichtige hatten kaum die Möglichkeit, einen individuell niedrigeren Grundstückswert anzusetzen.
Neuregelung ab 2025:
- Steuerpflichtige können nachweisen, dass der gemeine Wert ihres Grundstücks unter dem festgestellten Grundsteuerwert liegt.
- Wird nachgewiesen, dass der festgestellte Wert den tatsächlichen Wert um 40 % oder mehr übersteigt, ist der niedrigere gemeine Wert anzusetzen.
Praxisbeispiel
Ein Grundstück wird vom Finanzamt mit einem Grundsteuerwert von 500.000 Euro bewertet. Der Eigentümer kann jedoch nachweisen, dass der tatsächliche gemeine Wert nur 350.000 Euro beträgt.
- 500.000 Euro – 40 % = 300.000 Euro.
- Da der nachgewiesene gemeine Wert (350.000 Euro) unter dieser Grenze liegt, wird dieser Wert angesetzt.
Möglichkeiten des Nachweises
Um den niedrigeren gemeinen Wert zu belegen, können Steuerpflichtige folgende Nachweise erbringen:
- Verkaufspreis: Ein Kaufpreis für das Grundstück, der innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielt wurde.
- Gutachten: Ein Verkehrswertgutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen.
- Vergleichswerte: Vergleichbare Verkaufsfälle in der unmittelbaren Umgebung.
Vorteile der Neuregelung
- Steuerliche Gerechtigkeit: Grundstücke werden nicht überhöht besteuert, wenn ihr tatsächlicher Wert nachweislich geringer ist.
- Praxistauglichkeit: Ein Kaufpreis aus einer realen Transaktion bietet eine einfache und transparente Möglichkeit zur Nachweisführung.
- Flexibilität: Grundstückseigentümer haben bis zu ein Jahr nach der Hauptfeststellung Zeit, einen Nachweis zu erbringen.
Auswirkungen auf Steuerpflichtige
- Immobilieneigentümer sollten die Möglichkeit nutzen, ihre Grundstückswerte regelmäßig zu prüfen.
- Kaufpreise und Gutachten sollten sorgfältig dokumentiert werden, um im Bedarfsfall als Nachweis zu dienen.
- In Regionen mit volatilen Immobilienpreisen können erhebliche Steuerersparnisse erzielt werden.
Fazit
Die neue Regelung im Bewertungsgesetz bietet eine bedeutende Entlastung für Steuerpflichtige und sorgt für mehr Fairness bei der Grundsteuerfestsetzung. Die Möglichkeit, einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen, gibt Grundstückseigentümern ein wirksames Instrument an die Hand, um überhöhte Steuerbelastungen zu vermeiden.
👉 Empfehlung: Immobilieneigentümer sollten die Entwicklung der Bodenrichtwerte und Grundsteuerbescheide aufmerksam verfolgen und sich frühzeitig über die Möglichkeit zur Einholung eines Gutachtens oder Kaufpreises als Nachweis informieren.