Gewinnzurechnung bei ausgeschiedenem Gesellschafter

Gewinnzurechnung bei ausgeschiedenem Gesellschafter

Kernaussage

Die Auflösung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) führt dazu, dass die Gesellschafter die ihnen gegen die gesamte Hand (und gegen die Mitgesellschafter) zustehenden Ansprüche nicht mehr selbstständig durchsetzen können (sog. Durchsetzungssperre). Diese sind vielmehr als unselbstständige Rechnungsposten in die Schlussrechnung aufzunehmen, deren Saldo sodann ergibt, wer von wem noch etwas fordern kann. In diesem Zusammenhang ist einem aus einer Personengesellschaft ausscheidenden Gesellschafter der gemeinschaftlich erzielte laufende Gewinn grundsätzlich auch dann anteilig persönlich zuzurechnen, wenn die verbleibenden Gesellschafter die Auszahlung verweigern, weil sie gegen den Ausgeschiedenen Schadensersatzansprüche in übersteigender Höhe haben. Dies gilt, so der Bundesfinanzhof (BFH) aktuell, auch dann, wenn der Anspruch des ausgeschiedenen Gesellschafters der vorbeschriebenen Durchsetzungssperre unterliegt.

Sachverhalt

Der klagende ausgeschiedene Gesellschafter war zu 15 % am laufenden Gewinn seiner GbR beteiligt. Die verbliebenen Gesellschafter verweigerten die Auszahlung seines Gewinnanteils, weil der Ausgeschiedene ihnen Schadensersatz in übersteigender Höhe schuldete. Das Landgericht wies die Klage des Ausgeschiedenen ab, da der Abfindungsanspruch nicht isoliert geltend gemacht werden könne. Die Parteien streiten deshalb in einem weiteren Zivilprozess um den Auseinandersetzungsanspruch. Dennoch rechnete das hier beklagte Finanzamt zwischenzeitlich dem ausgeschiedenen Gesellschafter die laufenden Gewinne zu. Die dagegen gerichtete Klage hatte vor dem Finanzgericht Erfolg, weil der ausgeschiedene Gesellschafter keine Möglichkeit habe, die Auszahlung zu erzwingen, solange der Zivilprozess über die Auseinandersetzungsbilanz nicht beendet sei.

Entscheidung

Der BFH teilte diese Ansicht nicht. Der Gewinn ist den Mitunternehmern im Zeitpunkt der Entstehung zuzurechnen und nicht erst im Zeitpunkt der Feststellung des Jahresabschlusses. Denn dann wäre ein Gewinn bis dahin niemandem zurechenbar. Auch ist der Zufluss des Gewinns beim einzelnen Mitunternehmer keine Voraussetzung für die anteilige steuerliche Zurechnung des gemeinschaftlich erzielten Gewinns. Die Tatsache, dass die Gesellschafter ihre Ansprüche bei Auflösung der GbR nicht mehr selbstständig durchsetzen können, sondern diese in die Schlussrechnung aufnehmen müssen, ändert nichts daran, dass der im Auseinandersetzungsanspruch enthaltene laufende Gewinn dem Kläger steuerlich zuzurechnen ist. Der Kläger hat nämlich insofern den Besteuerungstatbestand verwirklicht.

Konsequenz

Nach dem Hinweis des BFH sind besondere persönliche Härten, die sich im Einzelfall bei einer Besteuerung ohne vorangegangenen Zufluss an Liquidität ergeben können, erforderlichenfalls im Billigkeitswege zu mildern.