Mit dem Bürokratieentlastungsgesetz III kommt endlich die vom DStV und weiteren Vertretern der Praxis seit Jahren angeregte Anhebung der Grenze für die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung von 17.500 Euro auf 22.000 Euro. 68.400 Steuerpflichtige sind von der Neuerung betroffen. Der DStV-Steuerrechtsausschuss informiert, was Steuerpflichtige beachten müssen, die in die Kleinunternehmerschaft wechseln wollen.
Der Steuerrechtsausschuss des DStV nimmt dies zum Anlass, einen Überblick über wichtige Punkte der Kleinunternehmerregelung zu geben.
Worum es geht und wer von der Kleinunternehmerregelung profitiert
Für Lieferungen und sonstige entgeltliche Leistungen eines Kleinunternehmers im Inland wird die Umsatzsteuer nicht erhoben. Im Gegenzug sind Kleinunternehmer auch nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Ab 01.01.2020 gilt: Von der Kleinunternehmerregelung profitieren im Inland ansässige Unternehmer, deren Gesamtumsatz im vorangegangenen Jahr 22.000 Euro (zuvor 17.500 Euro) nicht überstiegen hat und im laufenden Jahr voraussichtlich 50.000 Euro nicht übersteigt.
Das heißt für den Veranlagungszeitraum 2020: Unternehmer, die in 2019 (!) die Umsatzgrenze von 22.000 Euro nicht reißen und deren Umsätze 2020 voraussichtlich 50.000 Euro nicht übersteigen, können mit der Bürokratieentlastung starten.
Die Umsatzgrenzen sind als Bruttogrenzen zu verstehen. Sie umfassen also die Umsätze zuzüglich der darauf entfallenden Steuer. Entsprechend dürfte der Vorjahresnettoumsatz bei ausschließlich dem Regelsteuersatz unterliegenden Umsätzen nicht mehr als 18.487 Euro betragen. Für die Prüfung des Umsatzes ist der Zufluss entscheidend. Bestimmte umsatzsteuerfreie Umsätze, wie die aus Vermietungen oder Heilbehandlungen, bleiben bei der Berechnung der Grenzen außen vor.
Unternehmern, die in 2019 bereits Kleinunternehmer sind und bislang auf die Einhaltung der 17.500 Euro-Grenze geachtet haben, verschafft die Anhebung auf 22.000 Euro ebenfalls etwas Puffer. Sie können in 2019 getrost noch etwas Umsatz machen, ohne um ihre Kleinunternehmerschaft bangen zu müssen.
Die Nutzung der Kleinunternehmerregelung ist kein Zwang
Eine wichtige Nachricht zuerst: Wer nicht will, muss nicht. Unternehmer können dem Finanzamt bis zur Unanfechtbarkeit ihrer Steuerfestsetzung erklären, dass sie auf die Kleinunternehmerregelung verzichten. Hierfür ist keine bestimmte Form vorgeschrieben. Es reicht aus, wenn ein Unternehmer etwa in den Voranmeldungen oder in der Steuererklärung für das Kalenderjahr die Steuer nach allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes berechnet. Hierin sieht die Finanzverwaltung eine Verzichtserklärung (Abschn. 19.2 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 UStAE). Ist die Steuerfestsetzung nicht mehr anfechtbar, ist die Erklärung für fünf Jahre bindend.
Erleichterungen für Kleinunternehmer i. Z. m. Umsatzsteuer-Voranmeldungen
Da Kleinunternehmer keine gesonderte Umsatzsteuer ausweisen, sinkt ihr Aufwand im Zusammenhang mit der Erstellung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen. Generell von der Abgabe befreit sind sie jedoch nicht.
Hervorzuheben sind folgende Fälle, in denen auch Kleinunternehmer zur Abgabe einer Umsatzsteuer-Voranmeldung verpflichtet sind:
- Kleinunternehmer, die die Steuer für innergemeinschaftliche (i. g.) Erwerbe im Inland gegen Entgelt schulden (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG),
- Kleinunternehmer, die als Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 5 UStG die Steuer schulden (Reverse-Charge-Verfahren),
- Kleinunternehmer, die die Steuer gem. § 25b Abs. 2 UStG als letzter Abnehmer eines i. g. Dreiecksgeschäfts schulden sowie
- Fahrzeuglieferer gem. § 2a UStG.
Sofern sich die jährliche Umsatzsteuer auf nicht mehr als 1.000 Euro pro Jahr beläuft, kann das Finanzamt auf die unterjährige Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen verzichten. Aufgrund einer Anpassung des 18.2 UStAE werden aber auch Kleinunternehmer vermehrt zur Abgabe einer Voranmeldung aufgefordert. Die Finanzverwaltungen einiger Länder wenden sich in diesem Zusammenhang gezielt an Unternehmer, die eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer besitzen. Offensichtlich geht die Finanzverwaltung in diesen Fällen davon aus, dass diese Unternehmer Steuern gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG schulden.
Besonderheiten beim Wechsel zur Kleinunternehmerschaft
Hat sich ein Unternehmer gegen die Kleinunternehmerregelung entschieden, ist er zunächst für fünf Jahre gebunden. Möchte er die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen, kann er seine ursprüngliche Erklärung mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen. Der Widerruf ist dabei spätestens bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung des Kalenderjahres, für das er gelten soll, zu erklären.
Allerdings ist zu beachten, dass der Unternehmer bei einem nachträglichen Widerruf bereits gestellte Rechnungen, in denen er Umsatzsteuer ausgewiesen hat, berichtigen muss. Ansonsten schuldet er die ausgewiesene Steuer trotzdem.
Sind die Vertragspartner zum Vorsteuerabzug berechtigt, haben auch sie durch die berichtigten Rechnungen zusätzlichen Aufwand. Schließlich müssen sie ihre Vorsteueranmeldungen korrigieren. Dieser Mehraufwand könnte zu unliebsamen Missstimmungen führen, die das Geschäftsverhältnis belasten.
Daher sollten Unternehmer, deren Gesamtumsatz in 2019 unter 22.000 Euro beträgt, sich frühzeitig Gedanken machen, ob sie für den Veranlagungszeitraum 2020 die Kleinunternehmerregelung nutzen möchten.
Besonderheiten bei kürzlich angeschafftem Anlagevermögen
Bei einem Wechsel ist auch zu beachten: Sofern Unternehmer innerhalb der letzten fünf Jahre Wirtschaftsgüter angeschafft haben, die zum Anlagevermögen gehören (z. B. Büroeinrichtung, Maschinen oder Firmenwagen), müssen sie unter Umständen die gezogene Vorsteuer anteilig berichtigen. Eine Berichtigung ist nur dann nicht notwendig, sollte die Vorsteuer des Wirtschaftsgutes 1.000 Euro nicht übersteigen.
Achtung bei grenzüberschreitender Geschäftstätigkeit
Auch Kleinunternehmer müssen – wie oben angedeutet – die Besonderheiten beim grenzüberschreitenden Waren- und Dienstleistungsverkehr beachten. Zwei Beispiele, wann sie eine Umsatzsteuer-Voranmeldung abgeben müssten:
Beim Dienstleistungsbezug aus dem EU-Ausland müssen Kleinunternehmer etwa die Reverse-Charge-Regeln beachten. Sie schulden in diesen Fällen trotz ihrer Eigenschaft als Kleinunternehmer die Umsatzsteuer.
Beziehen Kleinunternehmer (begünstigte) Waren aus dem europäischen Ausland, so ist, sofern sie die Erwerbsschwelle von 12.500 Euro im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich überschreiten, die Erwerbsbesteuerung durchzuführen. Aber auch unter dieser Grenze können Kleinunternehmer zur Erwerbsbesteuerung optieren. Die Entscheidung bindet sie für mindestens zwei Kalenderjahre. Da Kleinunternehmer durch die Verwendung ihrer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zur Erwerbsbesteuerung optieren, sollten sie darauf achten, diese nicht versehentlich zu verwenden.
Quelle: DStV, Mitteilung vom 29.11.2019