Fahrtkostenpauschale von 0,30 EUR bei Reisekosten auf der Kippe?

Fahrtkostenpauschale von 0,30 EUR bei Reisekosten auf der Kippe?

Kernproblem

Beruflich veranlasste Reisekosten dürfen vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden, soweit sie die beim Arbeitnehmer abzugsfähigen Werbungskosten nicht übersteigen. Benutzt der Arbeitnehmer hierbei seinen privaten Pkw, können die Fahrtkosten grundsätzlich mit 0,30 EUR pauschal je Fahrkilometer angesetzt werden. In der Praxis wird zumeist auf diese zuletzt 2001 vom Bundesfinanzministerium festgelegte Kilometerpauschale zurückgegriffen, obwohl es das Finanzamt zulässt, die Fahrtkosten individuell auf Basis der Gesamtkosten des Fahrzeugs zu ermitteln. Während die 2001 verkündete Pauschale eine reine Euro-Umrechnung darstellte, hat die letzte Erhöhung im Jahr 2000 um etwa 0,03 EUR stattgefunden. Angesichts der Preisentwicklung im vergangenen Jahrzehnt erscheint dies geradezu marginal. Jetzt wurde das Thema erneut aufgegriffen; Auslöser war ausgerechnet der öffentliche Dienst in der Funktion als Arbeitgeber.

Sachverhalt

Als ungerecht mag es auf den ersten Blick empfunden werden, dass die an Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst gezahlten Reisekosten (bis auf Ausnahmen), unabhängig von einem Verweis auf die für „normale“ Arbeitnehmer geltenden Höchstbeträge aus dem Steuerrecht, lohnsteuerfrei sind. Auf den zweiten Blick stellt man jedoch fest, dass die aus öffentlichen Kassen gezahlten Reisekosten häufig identisch oder sogar niedriger sind, so dass dem Thema die steuerliche Brisanz weitgehend entzogen ist. Jedoch werden in manchen Bundesländern höhere Vergütungen nach den geltenden Landesreisekostengesetzen gezahlt. Ein Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes in Baden-Württemberg erhält z. B. bei Nutzung eines Privatwagens von über 600 ccm Hubraum eine Pauschale von 0,35 EUR je Kilometer. Da anzunehmen ist, dass in der Autobauermetropole die meisten Beamten nicht unbedingt einen Fiat 500 aus solchen Zeiten fahren, in denen die Typenbezeichnung noch für den Hubraum stand, dürfte der erhöhte Satz der Regel entsprechen (die Fahrer des alten Fiat 500 werden mit einem Abzug von 0,10 EUR bestraft). In einem Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren verlangte ein angestellter Steuerberater die Gleichbehandlung und begehrte den Abzug von 0,35 EUR für seinen Pkw (über 600 ccm). Als Nachweis diente ihm ein vom Statistischen Bundesamt ermittelter Kraftfahrer-Preisindex von 0,3572 EUR.

Entscheidung

Nachdem sowohl das Finanzgericht Baden-Württemberg als auch der Bundesfinanzhof (BFH) den Fall negativ beschieden haben, ist jetzt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gefragt. Zumindest die Steuerrichter beriefen sich darauf, typisierende Verwaltungsvorschriften nicht ändern zu können. Zudem stehe dem Arbeitnehmer ein Nachweis durch Gesamtkostenermittlung zu. Der BFH wollte auch keine Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern sehen; das muss das Bundesverfassungsgericht jetzt überprüfen, nachdem der streitbare Steuerberater Verfassungsbeschwerde eingelegt hat.

Konsequenz

Der Fall ist nicht so spektakulär wie seinerzeit die Entfernungspauschale. Dennoch sind Berater in Fällen mit größerer Tragweite dazu angehalten, das Verfahren mit Hinweis auf ein Ruhen bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts offenzuhalten. Zu über den 0,30 EUR hinausgehenden Erstattungen „privater“ Arbeitgeber ist auch im Hinblick auf zusätzliche Risiken im Sozialversicherungsrecht zunächst nicht zu raten. Ein erweiterter Werbungskostenabzug ist im Veranlagungsverfahren des Arbeitnehmers immer noch möglich. Zudem sollte die Möglichkeit des Einzelnachweises verstärkt in Betracht gezogen werden. Hier sind allerdings Nachweise als Belege zum Lohnkonto zu nehmen.