Leitsatz:
Dem EuGH wird folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Steht die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 65 AEUV der Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, die bei einem Erwerb von Todes wegen durch Personen einer bestimmten Steuerklasse eine Ermäßigung der Erbschaftsteuer vorsieht, wenn der Nachlass Vermögen enthält, das in den letzten zehn Jahren vor dem Erwerb bereits von Personen dieser Steuerklasse erworben worden ist, und für diesen Vorerwerb Erbschaftsteuer in dem Mitgliedstaat festgesetzt wurde, während eine Steuerermäßigung ausscheidet, wenn für den Vorerwerb Erbschaftsteuer in einem anderen Mitgliedstaat erhoben wurde?
Tatbestand:
I.
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Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Alleinerbe seiner am 20. Januar 2007 verstorbenen Mutter (M).
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M hatte zusammen mit ihrer Tochter (T) bis zu deren Ableben am 29. Oktober 2004 in der Republik Österreich (Österreich) gewohnt und danach ihren Wohnsitz in die Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) verlegt. Sie war Miterbin der T. Der Nachlass der T wurde von dem nach österreichischem Recht eingesetzten Gerichtskommissär erst nach dem Tod der M verteilt. Der Kläger erhielt als Erbe der M deren Anteil am Nachlass der T. Für den der M zuzurechnenden Erwerb vom Oktober 2004 wurde in Österreich Erbschaftsteuer in Höhe von 11.961,91 € festgesetzt und vom Kläger bezahlt.
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Der Kläger machte in der Erbschaftsteuererklärung für seinen Erwerb nach M im Januar 2007 die österreichische Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit geltend und beantragte wegen des mehrfachen Erwerbs desselben Vermögens durch Personen der Steuerklasse I eine Steuerermäßigung nach § 27 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der für den Streitfall maßgebenden Fassung (ErbStG). Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -FA-) zog im Bescheid vom 28. Oktober 2009 zwar die österreichische Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit vom Erwerb ab, lehnte aber die Berücksichtigung der Steuerermäßigung ab. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, dass § 27 ErbStG einen nach diesem Gesetz besteuerten Vorerwerb voraussetze und ein solcher nicht vorliege. Der Vorerwerb der M im Oktober 2004 habe nicht der deutschen Erbschaftsteuer unterlegen. Beim Ableben der T seien sie und M keine Inländer gewesen; zum Nachlass der T habe auch kein Inlandsvermögen gehört. Die Nichtberücksichtigung der Steuerermäßigung verletze nicht die unionsrechtlich gewährleistete Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 und Art. 65 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union -AEUV-(ex-Art. 56 und Art. 58 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft -EG-). Das Urteil des FG ist veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2013, 2035.
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Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 27 ErbStG.
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Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Steuerbescheid vom 28. Oktober 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. Februar 2010 dahin zu ändern, dass die Erbschaftsteuer um 4.785 € herabgesetzt wird.
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Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Gründe:
II.
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Der Senat legt dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die in der Entscheidungsformel bezeichnete Frage zur Auslegung von Art. 63 Abs. 1 und 65 AEUV (ex-Art. 56 Abs. 1 und 58 EG) zur Vorabentscheidung vor und setzt das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH aus.
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1. Nationales Recht
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Nach § 2 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 ErbStG tritt die Steuerpflicht ein
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„1. in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes, der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer … ein Inländer ist, für den gesamten Vermögensanfall. Als Inländer gelten
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a) natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
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b) deutsche Staatsangehörige, die sich nicht länger als fünf Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben, ohne im Inland einen Wohnsitz zu haben,
…
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3. in allen anderen Fällen für den Vermögensanfall, der in Inlandsvermögen im Sinne des § 121 des Bewertungsgesetzes besteht. …
…“
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§ 15 ErbStG legt die Steuerklassen fest. Abs. 1 lautet:
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„Nach dem persönlichen Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser oder Schenker werden die folgenden drei Steuerklassen unterschieden:
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Steuerklasse I:
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1. der Ehegatte und der Lebenspartner,
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2. die Kinder und Stiefkinder,
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3. die Abkömmlinge der in Nummer 2 genannten Kinder und Stiefkinder,
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4. die Eltern und Voreltern bei Erwerben von Todes wegen;
…“
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§ 27 ErbStG regelt die Steuerermäßigung wie folgt:
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„(1) Fällt Personen der Steuerklasse I von Todes wegen Vermögen an, das in den letzten zehn Jahren vor dem Erwerb bereits von Personen dieser Steuerklasse erworben worden ist und für das nach diesem Gesetz eine Steuer zu erheben war, ermäßigt sich der auf dieses Vermögen entfallende Steuerbetrag vorbehaltlich des Absatzes 3 wie folgt:
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um … vom Hundert | wenn zwischen den beiden Zeitpunkten der Entstehung der Steuer liegen |
50 | nicht mehr als 1 Jahr |
45 | mehr als 1 Jahr, aber nicht mehr als 2 Jahre |
40 | mehr als 2 Jahre, aber nicht mehr als 3 Jahre |
35 | mehr als 3 Jahre, aber nicht mehr als 4 Jahre |
30 | mehr als 4 Jahre, aber nicht mehr als 5 Jahre |
25 | mehr als 5 Jahre, aber nicht mehr als 6 Jahre |
20 | mehr als 6 Jahre, aber nicht mehr als 8 Jahre |
10 | mehr als 8 Jahre, aber nicht mehr als 10 Jahre |
25
(2) Zur Ermittlung des Steuerbetrags, der auf das begünstigte Vermögen entfällt, ist die Steuer für den Gesamterwerb in dem Verhältnis aufzuteilen, in dem der Wert des begünstigten Vermögens zu dem Wert des steuerpflichtigen Gesamterwerbs ohne Abzug des dem Erwerber zustehenden Freibetrags steht.
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(3) Die Ermäßigung nach Absatz 1 darf den Betrag nicht überschreiten, der sich bei Anwendung der in Absatz 1 genannten Vomhundertsätze auf die Steuer ergibt, die der Vorerwerber für den Erwerb desselben Vermögens entrichtet hat.“
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2. Beurteilung des Streitfalls nach nationalem Recht
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Für den Erwerb des Klägers ist eine Steuerermäßigung nach § 27 ErbStG nicht zu gewähren.
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a) Die Steuerermäßigung setzt nach dem Wortlaut des § 27 Abs. 1 ErbStG ausdrücklich voraus, dass bei einem mehrfachen Erwerb desselben Vermögens für den früheren Vermögensanfall „nach diesem Gesetz“ eine Steuer zu erheben war. Sie erfasst damit nur Fälle, in denen für den Vorerwerb Erbschaftsteuer nach dem in Deutschland geltenden ErbStG festzusetzen war. Sie ist nicht zu gewähren, wenn für den Vorerwerb eine Erbschaftsteuer nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaats erhoben wurde. Eine ausländische Steuer ist im Sinne des § 27 Abs. 1 ErbStG keine Steuer „nach diesem Gesetz“.
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b) Der Kläger erhielt im Januar 2007 mit dem Tod der M deren Vermögen als Alleinerbe. Das Vermögen der M bestand im Wesentlichen aus ihrem Anteil als Miterbin am Nachlass der T, die im Oktober 2004 verstorben war. Für den Vorerwerb der M aufgrund des Erbanfalls nach T wurde in Deutschland keine Erbschaftsteuer festgesetzt, weil eine Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 ErbStG nicht eingetreten ist. Nach den Feststellungen des FG waren M und T zum Zeitpunkt des Ablebens der T keine Inländer im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ErbStG. Beide hatten ihren Wohnsitz in Österreich. Der Nachlass der T bestand nur aus Auslandsvermögen. Durch den Erwerb von Auslandsvermögen wird eine Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG nicht begründet.
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Die für den Vorerwerb der M in Österreich erhobene Erbschaftsteuer rechtfertigt keine Steuerermäßigung für den nachfolgenden, in Deutschland steuerpflichtigen Erwerb des Klägers. Aus diesem Grund ist es nicht von Bedeutung, dass sowohl M beim Vorerwerb im Oktober 2004 nach § 15 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 4 ErbStG als auch der Kläger beim Erwerb im Januar 2007 nach § 15 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 2 ErbStG zur Steuerklasse I gehörten.
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c) Der Kläger kann sich möglicherweise mit Erfolg unmittelbar auf die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 Abs. 1 AEUV in Verbindung mit Art. 65 AEUV berufen.
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3. Zur Vorlagefrage
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a) Zu klären ist, ob die Erbschaft des Klägers ein Vorgang ist, der unter den Kapitalverkehr im Sinne des Art. 63 Abs. 1 AEUV fällt, weil sie Auslandsvermögen enthält und dieses Auslandsvermögen aufgrund des vorhergehenden Erwerbs der Erblasserin durch die in einem anderen Mitgliedstaat zu entrichtende Erbschaftsteuer belastet war.
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Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH handelt es sich bei Erbschaften, mit denen das Vermögen eines Erblassers auf eine oder mehrere Personen übergeht und die unter die Rubrik XI („Kapitalverkehr mit persönlichem Charakter“) des Anhangs I der Richtlinie des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Artikel 67 des Vertrages (88/361/EWG) fallen, um Kapitalverkehr im Sinne von Art. 63 AEUV; ausgenommen sind Fälle, die mit keinem ihrer wesentlichen Elemente über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen (vgl. Urteil Welte, C-181/12, EU:C:2013:662, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).
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Der Kläger erhielt als Alleinerbe das Vermögen der M, das im Wesentlichen aus deren Anteil am Nachlass der T, also aus Auslandsvermögen bestand. Beim Eintritt des Erbfalls im Januar 2007 hatten der Kläger und M ihren Wohnsitz jeweils in Deutschland. Die Steuerpflicht für den Erwerb des Klägers trat nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1 und 2 Buchst. a ErbStG für den gesamten Vermögensanfall ein und erfasste damit auch das Auslandsvermögen. Wegen des Erwerbs von Auslandsvermögen dürfte die Erbschaft des Klägers nicht als rein innerstaatlicher Vorgang anzusehen sein und deshalb unter die Bestimmungen über den Kapitalverkehr fallen.
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b) Fraglich ist, ob § 27 Abs. 1 ErbStG eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs im Sinne von Art. 63 Abs. 1 AEUV darstellt.
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aa) Zu den Maßnahmen, die bei Erbschaften als Beschränkungen des Kapitalverkehrs nach Art. 63 Abs. 1 AEUV verboten sind, gehören nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH solche, die eine Wertminderung des Nachlasses dessen bewirken, der in einem anderen Mitgliedstaat als dem ansässig ist, in dessen Gebiet sich die betreffenden Vermögensgegenstände befinden und der deren Erwerb von Todes wegen besteuert (vgl. Urteil Kommission/Deutschland, C-211/13, EU:C:2014:2148, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).
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Danach liegt eine durch Art. 63 Abs. 1 AEUV grundsätzlich verbotene Beschränkung des freien Kapitalverkehrs vor, wenn die Gewährung von Steuervergünstigungen auf dem Gebiet der Erbschaftsteuer davon abhängig gemacht wird, dass der von Todes wegen erworbene Vermögensgegenstand im Inland belegen ist (Urteil Jäger, C-256/06, EU:C:2008:20, Rn. 35).
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bb) § 27 Abs. 1 ErbStG sieht vor, dass eine Steuerermäßigung für einen Erwerb von Vermögen von Todes wegen durch Personen der Steuerklasse I zu berücksichtigen ist, wenn dieses Vermögen in den letzten zehn Jahren vor dem Erwerb bereits von Personen dieser Steuerklasse erworben worden ist und für den Vorerwerb Erbschaftsteuer in Deutschland zu erheben war. Eine Steuerermäßigung scheidet aus, wenn für den Vorerwerb Erbschaftsteuer in einem anderen Mitgliedstaat festgesetzt wurde.
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Die Vorschrift hat zur Folge, dass ein Nachlass, der ein in einem anderen Mitgliedstaat befindliches, vom Erblasser selbst von Todes wegen erworbenes und in dem anderen Mitgliedstaat der Erbschaftsteuer unterworfenes Vermögen umfasst, in Deutschland einer höheren Erbschaftsteuer unterliegt, als dies der Fall wäre, wenn das den Nachlass bildende Vermögen ausschließlich aus Gegenständen bestünde, die schon der Erblasser in Deutschland erbschaftsteuerpflichtig erworben hat. Der mehrfache Erwerb von Auslandsvermögen durch Personen der Steuerklasse I wird bei einem in Deutschland nicht besteuerten Vorerwerb erbschaftsteuerrechtlich schlechter gestellt als der mehrfache Erwerb von Auslandsvermögen bei einem in Deutschland besteuerten Vorerwerb oder als der mehrfache Erwerb von Inlandsvermögen. Da die Besteuerung des Vorerwerbs -wie bei jedem Erwerb- nach § 2 Abs. 1 ErbStG an den Wohnort des Erblassers oder des Erwerbers oder an den Vermögensanfall von Inlandsvermögen anknüpft, ist damit zugleich die Steuerermäßigung nach § 27 Abs. 1 ErbStG für den nachfolgenden Erwerb von diesen Voraussetzungen abhängig. Die Versagung der Steuerermäßigung nach § 27 Abs. 1 ErbStG mindert den Wert des Nachlasses, zu dem durch ausländische Erbschaftsteuer belastetes Vermögen gehört. Darin könnte eine Beschränkung des Kapitalverkehrs liegen.
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cc) Es bestehen Zweifel, ob eine verbotene Beschränkung des Kapitalverkehrs durch § 27 Abs. 1 ErbStG im Hinblick auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Block (C-67/08, EU:C:2009:92) ausgeschlossen ist. Diese Entscheidung ist zu einem mit dem Streitfall nicht vergleichbaren Sachverhalt ergangen. Sie betrifft die doppelte Besteuerung eines Erwerbs von Todes wegen durch zwei Mitgliedstaaten, wobei die Doppelbesteuerung darauf beruhte, dass die Mitgliedstaaten bei der Festsetzung von Erbschaftsteuer für den Erwerb von Kapitalforderungen verschiedene Anknüpfungspunkte gewählt haben.
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Der EuGH hat in dieser Entscheidung eine Beschränkung des Kapitalverkehrs verneint. Das Unionsrecht schreibe bei seinem gegenwärtigen Entwicklungsstand und in einer Situation, in der es um die Entrichtung von Erbschaftsteuer geht, in Bezug auf die Beseitigung der Doppelbesteuerung innerhalb der Europäischen Union keine allgemeinen Kriterien für die Kompetenzverteilung zwischen den Mitgliedstaaten vor. Demgemäß verfügten die Mitgliedstaaten beim gegenwärtigen Entwicklungsstand des Unionsrechts vorbehaltlich dessen Beachtung über eine gewisse Autonomie in diesem Bereich. Sie seien nicht verpflichtet, ihr eigenes Steuersystem den verschiedenen Steuersystemen der anderen Mitgliedstaaten anzupassen, um namentlich die sich aus der parallelen Ausübung ihrer Besteuerungsbefugnisse ergebende Doppelbesteuerung zu beseitigen und so die Anrechnung der Erbschaftsteuer zu ermöglichen, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem Wohnsitzstaat des Erben entrichtet worden sei.
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Demgegenüber geht es im Streitfall nicht um die Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuer bei einer Doppelbesteuerung eines Erwerbs, sondern um die Gewährung einer Steuerermäßigung wegen des mehrfachen Erwerbs desselben Vermögens durch Personen der Steuerklasse I. Es erscheint deshalb zweifelhaft, ob die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Block (EU:C:2009:92) im Streitfall dazu führen kann, eine Beschränkung des Kapitalverkehrs durch § 27 Abs. 1 ErbStG zu verneinen.
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c) Sollte § 27 Abs. 1 ErbStG eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs bewirken, ist fraglich, ob diese aufgrund von Bestimmungen des Vertrags gerechtfertigt ist.
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aa) Nach Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV berührt Art. 63 AEUV nicht das Recht der Mitgliedstaaten, die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln.
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Diese Bestimmung in Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV ist, da sie eine Ausnahme vom Grundprinzip des freien Kapitalverkehrs darstellt, eng auszulegen (vgl. Urteil Welte, EU:C:2013:662, Rn. 42). Sie kann somit nicht dahin verstanden werden, dass jede Steuerregelung, die zwischen Steuerpflichtigen nach ihrem Wohnort oder nach dem Mitgliedstaat ihrer Kapitalanlage unterscheidet, ohne Weiteres mit dem Vertrag vereinbar wäre (vgl. Urteile Jäger, EU:C:2008:20, Rn. 40; Eckelkamp, C-11/07, EU:C:2008:489, Rn. 57; Arens-Sikken, C-43/07, EU:C:2008:490, Rn. 51; Mattner, C-510/08, EU:C:2010:216, Rn. 32).
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Die in Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV vorgesehene Ausnahme wird nämlich ihrerseits durch Abs. 3 dieses Artikels eingeschränkt, wonach die in Art. 65 Abs. 1 AEUV genannten nationalen Vorschriften weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs im Sinne des Art. 63 AEUV darstellen dürfen (vgl. Urteile Jäger, EU:C:2008:20, Rn. 41; Eckelkamp, EU:C:2008:489, Rn. 58; Arens-Sikken, EU:C:2008:490, Rn. 52; Mattner, EU:C:2010:216, Rn. 33).
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Deshalb ist zwischen den nach Art. 65 Abs. 1 Buchst. a AEUV erlaubten Ungleichbehandlungen und den nach Art. 65 Abs. 3 AEUV verbotenen willkürlichen Diskriminierungen zu unterscheiden. Eine nationale Steuerregelung, die für die Festsetzung der Erbschaftsteuer bei einem Tatbestandsmerkmal danach unterscheidet, ob der Erblasser oder der Erwerber seinen Wohnsitz in diesem Mitgliedstaat hat oder beide in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, kann nur dann mit den Vertragsbestimmungen über den freien Kapitalverkehr vereinbar sein, wenn die unterschiedliche Behandlung Situationen betrifft, die objektiv nicht miteinander vergleichbar sind, oder wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist (vgl. Urteil Welte, EU:C:2013:662, Rn. 44). Außerdem kann die unterschiedliche Behandlung nur gerechtfertigt sein, wenn sie nicht über das hinausgeht, was zum Erreichen des mit der fraglichen Regelung verfolgten Ziels erforderlich ist (vgl. Urteil Welte, EU:C:2013:662, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).
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bb) Es ist fraglich, ob sich die Situation, bei der ein Vorerwerb von Auslandsvermögen durch Erbanfall zwischen Gebietsfremden stattfindet, von der Situation objektiv unterscheidet, bei der ein Gebietsansässiger an dem Vorerwerb beteiligt ist. Der wesentliche Unterschied besteht in den steuerlichen Folgen, vor allem darin, welcher Mitgliedstaat Erbschaftsteuer erhebt. Im ersten Fall (Vorerwerb von Auslandsvermögen durch Gebietsfremde) ist der Vorerwerb in Deutschland nicht steuerpflichtig, weil die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 ErbStG nicht erfüllt sind; für den Vorerwerb wird allenfalls Erbschaftsteuer nach dem Recht des Mitgliedstaats festgesetzt, in dem die am Vorerwerb beteiligten Personen ansässig sind. Im zweiten Fall (Vorerwerb von Auslandsvermögen unter Beteiligung eines Gebietsansässigen) besteht eine unbeschränkte Steuerpflicht, die den gesamten Vermögensanfall erfasst; für den Vorerwerb wird in Deutschland Erbschaftsteuer erhoben.
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Kommt es zu einem nachfolgenden Erwerb, der in Deutschland steuerpflichtig ist, wird die Steuerermäßigung nach § 27 Abs. 1 ErbStG nur im zweiten Fall, nicht aber im ersten Fall gewährt. Die Situationen erscheinen jedoch vergleichbar, wenn -wie im Streitfall- für den Vorerwerb in einem anderen Mitgliedstaat Erbschaftsteuer festgesetzt wurde.
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cc) Ein zwingender Grund des Allgemeininteresses, der eine Beschränkung des Kapitalverkehrs durch § 27 ErbStG rechtfertigen könnte, könnte die Notwendigkeit sein, die Kohärenz der steuerlichen Regelung zu wahren.
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Dieser Rechtfertigungsgrund setzt voraus, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der betreffenden Steuerbegünstigung und dessen Ausgleich durch eine bestimmte steuerliche Belastung dargelegt wird (vgl. Urteile Manninen, C-319/02, EU:C:2004:484, Rn. 42, und Kommission/Deutschland, EU:C:2014:2148, Rn. 55).
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Der mit der Steuerermäßigung nach § 27 Abs. 1 ErbStG verbundene Vorteil hängt unmittelbar damit zusammen, dass schon für den Vorerwerb desselben Vermögens Erbschaftsteuer erhoben wurde. Der Grundgedanke des § 27 ErbStG besteht nach den Vorstellungen des Gesetzgebers darin, bei mehrmaligem Übergang desselben Vermögens innerhalb von zehn Jahren auf den begünstigten Erwerberkreis die auf dieses Vermögen entfallende Steuer, soweit das Vermögen beim Vorerwerber der Besteuerung unterlag, bis höchstens 50 % zu ermäßigen (Bundestags-Drucksache 13/4839, S. 71). Daraus ist die Verknüpfung von Steuerbelastung (durch die Besteuerung des Vorerwerbs) und Steuerermäßigung (bei der Besteuerung des Nacherwerbs) erkennbar.
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4. Die dem EuGH vorgelegte Frage ist entscheidungserheblich.
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Sollte sich der Kläger mit Erfolg auf Art. 63 Abs. 1 AEUV berufen können, wäre die Steuerermäßigung nach § 27 Abs. 1 ErbStG zu gewähren. Die Revision wäre begründet.
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5. Das Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH ist nach Art. 267 Abs. 3 AEUV erforderlich.
58
6. Die Aussetzung des Verfahrens beruht auf § 121 Satz 1 in Verbindung mit § 74 der Finanzgerichtsordnung.
Bundesfinanzhof, II-R-37/13
Beschluss vom 20.01.2015