Erbschaftsteuerliche Fallstricke des Berliner Testaments bei Anwendung der Jastrowschen Klausel

Ein kürzlich ergangenes Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) hat wichtige steuerrechtliche Implikationen für Ehepaare, die in ihrem Berliner Testament eine Jastrowsche Klausel verwenden. Diese Klausel, die oft in gemeinschaftlichen Testamenten vorkommt, sieht vor, dass Kinder, die beim Tod des erstverstorbenen Elternteils ihren Pflichtteil nicht fordern, ein später fälliges Vermächtnis erhalten.

Was ist das Berliner Testament?

Das Berliner Testament ist eine beliebte Form des gemeinschaftlichen Testaments unter Ehegatten, bei der sich die Partner gegenseitig als Alleinerben einsetzen und die Kinder in der Regel als Schlusserben nach dem Tod des zuletzt verstorbenen Ehepartners bestimmen. Diese Art des Testaments soll den überlebenden Partner finanziell absichern und den Nachlass innerhalb der Familie halten.

Die Jastrowsche Klausel und ihre steuerlichen Folgen

Im spezifischen Fall, den der BFH zu entscheiden hatte, enthielt das Berliner Testament eine sogenannte Jastrowsche Klausel. Diese regelt, dass Kinder, die nach dem Tod des ersten Elternteils ihren Pflichtteil nicht einfordern, ein Vermächtnis erhalten, das erst mit dem Tod des zweiten Elternteils fällig wird.

Steuerrechtliche Folgen

  1. Erbschaftsteuer beim Tod des Erstversterbenden: Die geltend gemachten Pflichtteilsansprüche werden als sofort fällige Geldansprüche besteuert. Die überlebende Mutter konnte diese als Nachlassverbindlichkeiten abziehen.
  2. Steuerliche Folgen beim Tod des Zweitversterbenden: Die Kinder, die als Schlusserben eingesetzt waren und von den Pflichtteilsansprüchen profitierten, erhielten Vermächtnisse, deren Steuer erst fällig wurde, als diese Vermächtnisse auszahlbar waren – das heißt beim Tod der Mutter. Die Steuer auf diese Vermächtnisse wurde auf der Basis des Wertes der Vermächtnisse zum Todeszeitpunkt des Vaters berechnet, jedoch erst mit dem Tod der Mutter fällig.

Das Gericht fand, dass ein solches Vermächtnis für den überlebenden Ehegatten steuerlich nicht als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig ist, solange es nicht fällig ist. Diese Entscheidung hat signifikante steuerliche Nachteile für den überlebenden Ehegatten, da die mögliche Steuerentlastung durch das spätere Vermächtnis erst viel später – und für eine andere steuerpflichtige Person – wirksam wird.

Praktische Auswirkungen der Entscheidung

Diese Entscheidung verdeutlicht die Komplexität der erbschaftsteuerlichen Regelungen und wirft ein Schlaglicht auf die potenziellen finanziellen Nachteile, die durch bestimmte testamentarische Gestaltungen entstehen können. Besonders betroffen sind hierbei Ehepaare, die größere Vermögen vererben und deren Nachlass die steuerlichen Freibeträge übersteigt.

Für Erblasser und Erben bedeutet dies:

  1. Überprüfung bestehender Testamente: Es ist ratsam, dass Ehepaare ihre Testamente überprüfen und gegebenenfalls anpassen, um ungewollte steuerliche Belastungen zu vermeiden.
  2. Beratung durch Experten: Die Inanspruchnahme von fachkundiger Beratung durch Steuerberater oder Fachanwälte für Erbrecht ist entscheidend, um die steuerlichen Folgen verschiedener testamentarischer Anordnungen vollständig zu verstehen.
  3. Alternative Gestaltungsoptionen erwägen: Es kann sinnvoll sein, alternative testamentarische Gestaltungen zu erwägen, die eine günstigere steuerliche Behandlung ermöglichen.

Diskussion und Gestaltungstipp

Dieser Fall zeigt deutlich, dass die Anwendung der Jastrowschen Klausel zwar den überlebenden Ehegatten zivilrechtlich schützt, jedoch zu einer erbschaftsteuerlichen Doppelbelastung führen kann, da der Nachlass zweimal besteuert wird: einmal beim Tod des ersten Ehegatten und einmal beim Tod des zweiten Ehegatten. Diese Konsequenz wird durch die zeitliche Verzögerung der Vermächtnisse zusätzlich kompliziert.

Eine mögliche Gestaltung zur Vermeidung dieser steuerlichen Mehrbelastung wäre die frühere Fälligkeit der Vermächtnisse, z.B. durch ein Bestimmungs- und Zweckvermächtnis, das es dem überlebenden Ehegatten ermöglicht, bestimmte Vermögenswerte innerhalb einer festgelegten Frist nach dem ersten Todesfall weiterzugeben. Dies könnte dazu beitragen, dass der Freibetrag nach dem erstverstorbenen Ehegatten effektiver genutzt und eine Doppelbesteuerung vermieden wird.

Fazit

Das jüngste Urteil des BFH unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Planung und Beratung im Bereich des Erbrechts und der Erbschaftsteuer. Während das Berliner Testament und die Jastrowsche Klausel darauf abzielen, den Nachlass innerhalb der Familie zu halten und den überlebenden Ehepartner zu schützen, können sie ohne angemessene Berücksichtigung aller steuerlichen Aspekte zu unerwarteten finanziellen Belastungen führen.