Am 23. Juli 2024 hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem wichtigen Urteil (Az. II R 11/22) zentrale Fragen zur Grunderwerbsteuer geklärt. Die Entscheidung betrifft sowohl die Zurechnung von Grundstücken bei Anteilsvereinigungen nach § 1 Abs. 3 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) als auch die Grunderwerbsteuerbefreiung bei ausländischen Stiftungen. Die Auswirkungen des Urteils sind für Unternehmen mit Immobilienbeteiligungen und internationale Konstruktionen von hoher Bedeutung.
Zurechnung von Grundstücken bei einer Anteilsvereinigung
Der BFH hat bestätigt, dass ein inländisches Grundstück einer Gesellschaft auch dann für einen grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang zugerechnet wird, wenn die Gesellschaft zuvor bereits einen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1, Abs. 2 oder Abs. 3 GrEStG verwirklicht hat.
Besonders wichtig:
Diese Regelung gilt auch bei sogenannten „mehrstöckigen Beteiligungen“. Das bedeutet, dass die Grunderwerbsteuerpflicht nicht durch verschachtelte Strukturen vermieden werden kann. Der BFH hat sich dabei auf ein früheres Urteil vom 14.12.2022 (Az. II R 40/20) bezogen, das ebenfalls die weitreichende Anwendung der GrEStG-Regeln bestätigte.
Keine Steuerbefreiung für niederländische Stiftungen
Ein weiterer zentraler Punkt des Urteils betrifft die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 2 GrEStG. Diese Befreiung ist grundsätzlich für bestimmte Rechtsträger vorgesehen, die mit einer Gesamthandsgemeinschaft vergleichbar sind.
Im konkreten Fall wurde geprüft, ob eine niederländische Stiftung („stichting“) diese Voraussetzungen erfüllt. Der BFH stellte klar, dass die niederländische stichting bei einem Rechtstypenvergleich nicht mit einer Gesamthandsgemeinschaft gleichgestellt werden kann. Eine Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 2 GrEStG ist somit ausgeschlossen.
Fazit:
Unternehmen, die grunderwerbsteuerpflichtige Grundstücke in ausländische Stiftungen einbringen oder über solche erwerben, können sich nicht auf die Steuerbefreiung berufen.
Auswirkungen für die Praxis
Das Urteil verdeutlicht die strenge Anwendung der Grunderwerbsteuerregelungen. Unternehmen und Steuerberater sollten insbesondere bei grenzüberschreitenden Strukturen und Anteilsvereinigungen folgende Punkte beachten:
- Prüfung von Mehrstöckigen Beteiligungen: Verschachtelte Gesellschaftsstrukturen bieten keinen Schutz vor der Grunderwerbsteuerpflicht.
- Rechtstypenvergleich bei ausländischen Konstruktionen: Die steuerliche Behandlung von ausländischen Stiftungen oder ähnlichen Konstruktionen sollte im Vorfeld genau analysiert werden.
- Beratung bei Immobilientransaktionen: Grunderwerbsteuerliche Risiken sollten frühzeitig identifiziert und berücksichtigt werden.
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