BFH-Urteil: Rechtsanwaltskosten für Wehrdisziplinarverfahren sind als Werbungskosten absetzbar

In einer wichtigen Entscheidung für Berufssoldaten hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit dem Urteil vom 10. Januar 2024 (Aktenzeichen VI R 16/21) klargestellt, dass die Kosten für die Rechtsverteidigung in einem Wehrdisziplinarverfahren als Werbungskosten abgezogen werden können. Dieses Urteil könnte weitreichende Folgen für die steuerliche Behandlung von ähnlichen Fällen haben.

Hintergrund des Falles

Der Kläger, ein Berufssoldat, wurde wegen eines strafrechtlich relevanten Beitrags auf seinem privaten Social-Media-Account rechtskräftig verurteilt. Parallel dazu wurde ein Wehrdisziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet, das nicht nur den im Strafverfahren behandelten Vorwurf, sondern auch weitere dienstliche Vergehen umfasste. Für seine Verteidigung im Disziplinarverfahren entstanden Kosten in Höhe von 1.785 Euro, die er als Werbungskosten in seiner Steuererklärung geltend machen wollte. Das Finanzamt lehnte den Abzug dieser Kosten ab, woraufhin der Fall vor den BFH gebracht wurde.

Entscheidung des BFH

Der BFH hob hervor, dass die Kosten für ein Strafverfahren normalerweise nicht als Werbungskosten abziehbar sind, da meist kein direkter Zusammenhang zwischen der Straftat und der beruflichen Tätigkeit besteht. Dies sei bei Wehrdisziplinarverfahren jedoch anders. Solche Verfahren zielen darauf ab, Dienstvergehen zu ahnden und können zu Disziplinarmaßnahmen führen, die direkt die berufliche Stellung und die Einnahmen aus dem Dienstverhältnis des Soldaten beeinträchtigen.

Bedeutung des Urteils

Die Kosten für die Verteidigung in einem Wehrdisziplinarverfahren sind somit unmittelbar darauf gerichtet, die Einnahmequelle zu schützen, was sie zu abzugsfähigen Werbungskosten macht. Interessant ist, dass der BFH explizit ausschließt, dass die Abziehbarkeit durch die Tatsache beeinträchtigt wird, dass einige der dienstlichen Verfehlungen bereits Gegenstand des Strafverfahrens waren. Nur die Kosten, die direkt das Strafverfahren betreffen, sind nicht abzugsfähig.

Ein besonders wichtiger Hinweis stammt von Dr. Stephan Geserich, Richter am VI. Senat des BFH: Die Entscheidung lässt sich berufsgruppenübergreifend verallgemeinern. Das bedeutet, dass Beratungs-, Vertretungs- und Prozesskosten, die die berufliche Stellung des Steuerpflichtigen betreffen, stets in einem Zusammenhang mit den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit stehen. Diese steuerliche Behandlung ist nicht nur auf Wehrdisziplinarverfahren beschränkt.

Implikationen für die Praxis

Für Berufssoldaten bedeutet dies, dass sie potenziell eine erhebliche steuerliche Entlastung erfahren können, wenn sie in ein Wehrdisziplinarverfahren verwickelt sind. Es ist jedoch wichtig, genau zu dokumentieren, welche Kosten dem Wehrdisziplinarverfahren zuzuordnen sind und welche dem Strafverfahren.

Dieses Urteil stellt eine wichtige Klärung für alle Steuerpflichtigen und deren steuerliche Berater dar. Es unterstreicht, dass Kosten, die direkt zur Sicherung der beruflichen Existenz und zur Abwehr von dienstrechtlichen Konsequenzen aufgewendet werden, steuerlich geltend gemacht werden können. Dies gilt auch dann, wenn parallele Strafverfahren laufen.

Auch für Freiberufler bedeutet dies, dass auch Rechtsverfolgungskosten in berufsrechtlichen Streitigkeiten mit ihren Kammern steuerlich abziehbar sein könnten. Es spielt keine Rolle, ob eine Streitigkeit bürgerlich-rechtlicher, arbeitsrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Natur ist, solange das Verfahren dazu dient, drohende beruflich nachteilige Folgen abzuwenden.

Fazit

Das Urteil des BFH vom 10. Januar 2024 bietet eine wesentliche Erleichterung für die steuerliche Situation von Berufssoldaten. Es erkennt an, dass die Kosten für die Verteidigung im Rahmen von Wehrdisziplinarverfahren eine notwendige Aufwendung zur Sicherung der beruflichen Basis darstellen und damit steuerlich absetzbar sind.

Diese Entscheidung des BFH ist ein wichtiger Schritt zur Klarstellung der steuerlichen Behandlung von Rechtsverfolgungskosten. Arbeitnehmer und Freiberufler können nun sicher sein, dass solche Kosten, sofern sie der Erhaltung der beruflichen Stellung dienen, als Werbungskosten abziehbar sind. Dies gilt unabhängig davon, ob die Streitigkeiten in dienstrechtlichen oder anderen beruflichen Kontexten auftreten. Dies stärkt die Rechtsposition von allen Steuerpflichtigen, die sich gegen Vorwürfe im Rahmen ihrer Dienstausübung verteidigen müssen.

Quelle: Bundesfinanzhof