Bundesverfassungsgericht, Pressemitteilung vom 13.11.2024 zum Beschluss 2 BvL 6/19 vom 15.10.2024
In einem kürzlich veröffentlichten Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass die Regelungen zum besonderen Kirchgeld in Sachsen für die Jahre 2014 und 2015 verfassungswidrig sind. Der Zweite Senat des Gerichts stellte fest, dass die bis zum 31. August 2015 geltende Fassung von § 4 Abs. 1 Nr. 5 des Sächsischen Kirchensteuergesetzes (SächsKiStG) gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verstößt, da Ehegatten gegenüber Lebenspartnern ungleich behandelt wurden.
Die Vorschrift sah vor, dass Kirchenmitglieder ein besonderes Kirchgeld zahlen müssen, wenn ihr Ehepartner keiner steuererhebenden Kirche angehört. Bis zur Gesetzesänderung im September 2015 galt diese Regelung jedoch nicht für eingetragene Lebenspartnerschaften. Erst ab 2016 wurden Ehe und Lebenspartnerschaft in Bezug auf das Kirchgeld gleichgestellt. Für die Jahre 2014 und 2015 bleibt jedoch eine verfassungswidrige Lücke bestehen.
Hintergrund des Urteils
Das BVerfG argumentiert, dass Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft rechtlich ähnlich verbindliche Lebensformen darstellen und damit im Hinblick auf das besondere Kirchgeld gleichbehandelt werden müssen. Die Grundlage für das besondere Kirchgeld liegt in der Annahme, dass das Einkommen beider Partner zur Ermittlung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit herangezogen werden soll – eine Überlegung, die gleichermaßen für Lebenspartnerschaften gilt.
Ein weiteres Argument des Gerichts ist, dass seit 2013 auch Lebenspartner die Möglichkeit zur Zusammenveranlagung und Anwendung des Splittingverfahrens in der Einkommensteuer haben. Folglich konnte ab diesem Zeitpunkt das gemeinsame Einkommen als Maßstab für das besondere Kirchgeld herangezogen werden, ohne Unterschiede zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft zu machen.
Konsequenzen und Ausblick
Das BVerfG hat dem Gesetzgeber eine Frist bis zum 30. Juni 2025 gesetzt, um die Verfassungswidrigkeit für die Veranlagungszeiträume 2014 und 2015 rückwirkend zu beseitigen. Die Entscheidung des Gerichts bedeutet, dass betroffene Steuerzahler möglicherweise eine Rückerstattung oder Anpassung der zu viel gezahlten Kirchensteuer beantragen können.
Fazit
Das Urteil des BVerfG stärkt die Gleichstellung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft auch im Bereich der Kirchensteuer. Damit wird sichergestellt, dass alle rechtlich anerkannten Lebensgemeinschaften – unabhängig von der sexuellen Orientierung – steuerlich gleichbehandelt werden. Die Entscheidung verdeutlicht zudem die Verpflichtung des Gesetzgebers, diskriminierende Regelungen auch in der Vergangenheit zu korrigieren und eine verfassungsrechtlich gerechte Lösung für alle betroffenen Bürgerinnen und Bürger zu schaffen.
Quelle: Bundesverfassungsgericht