Im Urteil vom 24. Mai 2023, X R 28/21, hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Sonderregelung zur Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen in § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Teilsatz 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) auch für Vorsorgeaufwendungen gilt, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit Einnahmen aus einer in den Niederlanden ausgeübten freiberuflichen Tätigkeit stehen.
Im konkreten Fall war der Kläger, ein deutscher Staatsangehöriger, freiberuflicher Ingenieur. Er hatte in den Jahren 2016 und 2017 in den Niederlanden freiberuflich gearbeitet und dabei Einkünfte erzielt, die nach dem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und den Niederlanden in Deutschland steuerfrei waren. Der Kläger machte in seiner Einkommensteuererklärung für die Jahre 2016 und 2017 Vorsorgeaufwendungen, die er für eine in Deutschland abgeschlossene private Krankenversicherung gezahlt hatte, als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt (FA) lehnte den Abzug ab, da die Vorsorgeaufwendungen nicht in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den in den Niederlanden erzielten Einkünften gestanden hätten.
Der BFH wies die Entscheidung des FA zurück. Er hat entschieden, dass die Sonderregelung in § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Teilsatz 2 Buchst. a EStG auch dann anzuwenden ist, wenn die Vorsorgeaufwendungen im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Die Vorschrift soll sicherstellen, dass Steuerpflichtige nicht durch die Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen benachteiligt werden, wenn sie in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union freiberuflich tätig sind.
Der BFH hat außerdem entschieden, dass das FA die Frage, ob die Vorsorgeaufwendungen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den in den Niederlanden erzielten Einkünften standen, von Amts wegen hätte klären müssen. Das FA hat insoweit lediglich auf die fehlenden Ausführungen des Klägers verwiesen. Der BFH hat jedoch ausgeführt, dass das FA auch Fragen nachgehen muss, über welche die Beteiligten nicht streiten, wenn insoweit Zweifel bestehen.
Die Entscheidung des BFH ist zu begrüßen, da sie die Rechtssicherheit für Steuerpflichtige erhöht, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union freiberuflich tätig sind. Sie besagt, dass Steuerpflichtige auch dann Vorsorgeaufwendungen abziehen können, wenn diese im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen.