Bankmitarbeiter haften nicht wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung

Bankmitarbeiter haften nicht wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung

Kernaussage
Wer eine Steuerhinterziehung begeht oder an der Tat durch Hilfeleistung teilnimmt, haftet für die verkürzten Steuern und die darauf entfallenden Zinsen. Im Zusammenhang mit anonymisierten Kapitaltransfers ins Ausland setzt die Feststellung einer Steuerhinterziehung voraus, dass der jeweilige Inhaber des ins Ausland transferierten Kapitals daraus in der Folge Erträge erzielt hat, die der Besteuerung im Inland unterlagen, dass er z. B. unrichtige Angaben in seiner Steuererklärung gemacht, dadurch Steuern hinterzogen und dabei vorsätzlich gehandelt hat. Hierzu entschied der Bundesfinanzhof (BFH) Anfang diesen Jahres, dass Bankmitarbeiter nicht wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung belangt werden können, wenn die mutmaßlichen steuerpflichtigen Bankkunden anonym bleiben.

Sachverhalt
Der Kläger hatte 1992 und 1993 als Leiter der Wertpapierabteilung eines deutschen Kreditinstituts daran mitgewirkt, dass Kunden Wertpapiere unter Verschleierung ihrer Identität nach Luxemburg und in die Schweiz transferieren konnten. Dies diente dazu, der 1991 in Deutschland eingeführten Zinsabschlagssteuer zu entgehen. Steuerstrafrechtliche Ermittlungen bei dem Kreditinstitut brachten zwar den Umfang des auf diesem Weg anonym ins Ausland transferierten Vermögens zu Tage. Es gelang jedoch nicht, sämtliche dahinterstehenden Kunden namentlich zu enttarnen. Von den enttarnten Kunden hatte nahezu keiner die im Ausland erzielten Kapitalerträge in seiner Steuererklärung angegeben. Das Finanzamt übertrug die Erkenntnisse über die enttarnten Kunden auf die nicht enttarnten Kunden und nahm den Kläger unter Anwendung eines großzügigen Sicherheitsabschlags für die von den nicht enttarnten Wertpapierkunden mutmaßlich hinterzogene Einkommensteuer auf im Ausland erzielte Kapitalerträge in Haftung.

Entscheidung
Hiergegen wehrte sich der leitende Bankmitarbeiter und gewann. Die BFH-Richter führten aus, allein die Tatsache des anonymen Kapitaltransfers reiche nicht aus, um eine hinreichend sichere Überzeugung davon zu gewinnen, dass die nicht enttarnten Kunden die Einkommensteuer auf im Ausland erzielte Kapitaleinkünfte hinterzogen hätten. Auch die Erkenntnisse aus der Gruppe der enttarnten Kunden könnten für die Gruppe der anonym gebliebenen Kunden konkrete tatsächliche Feststellungen nicht ersetzen. Dies gehe zu Lasten der Finanzverwaltung, die hierfür die Feststellungslast trage.

Konsequenz
Trotz der Tatsache, dass eine Bank die Möglichkeit des anonymisierten Geldtransfers ins Ausland anbietet, haften Mitarbeiter dieser Bank nicht wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung, wenn die Kunden nicht enttarnt werden können. Es existiert kein allgemeiner Erfahrungssatz, dass, wer Kapital anonym ins Ausland verbringt, auch in der Steuererklärung unrichtige Angaben der daraus erzielten Erträge macht. Interessant ist aber, dass der BFH im Urteil offen gelassen hat, ob eine Steuerhinterziehung unter anderen tatsächlichen Voraussetzungen auch ohne namentliche Kenntnis des Haupttäters in Betracht kommt.