Die Regelungen zu § 173 Abgabenordnung (AO) spielen eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, Steuerbescheide aufgrund nachträglich bekannt gewordener Tatsachen oder Beweismittel aufzuheben oder zu ändern. Doch wann genau greift § 173 AO, und welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?
1. Was sind Tatsachen und Beweismittel?
Unter „Tatsachen“ versteht man alle Umstände, die einen steuerlichen Sachverhalt beeinflussen können. Dazu gehören sowohl äußere Merkmale wie Einkommen, Verträge oder Geschäftsabschlüsse als auch innere Tatsachen, wie z.B. die Absicht, Gewinne zu erzielen. Beweismittel umfassen alle Mittel, die zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen, wie etwa Dokumente, Verträge oder Zeugenaussagen.
Wichtig zu beachten: Rechtsnormen und Schlussfolgerungen gelten nicht als Tatsachen. Ebenso führen nachträgliche Gesetzesänderungen oder Verfassungsgerichtsurteile nicht zu einer Änderung des Steuerbescheids nach § 173 AO.
2. Wann werden Tatsachen „nachträglich“ bekannt?
Tatsachen gelten dann als „nachträglich bekannt“, wenn sie dem Finanzamt erst nach dem Erlass des ursprünglichen Steuerbescheids zur Kenntnis gelangen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Steuerpflichtige die Tatsachen vorher hätte mitteilen können oder müssen.
Ein besonders interessanter Punkt ist, dass die Tatsachen nicht unbedingt dem gesamten Finanzamt, sondern nur der zuständigen Bearbeitungsstelle bekannt sein müssen. Tatsachen, die nur einem Betriebsprüfer bekannt sind, gelten für das Finanzamt nicht als „bekannt“, solange sie nicht an die zuständige Veranlagungsstelle weitergeleitet wurden.
3. Rechtserheblichkeit der Tatsachen
Neue Tatsachen oder Beweismittel müssen rechtserheblich sein, d.h. sie müssen zu einer anderen Steuerfestsetzung führen. Dies bedeutet, dass das Finanzamt bei Kenntnis dieser Tatsachen ursprünglich eine andere Entscheidung getroffen hätte.
4. Wann ist eine Änderung zugunsten des Steuerpflichtigen ausgeschlossen?
Wichtig zu wissen ist, dass eine Änderung des Steuerbescheids zugunsten des Steuerpflichtigen ausgeschlossen ist, wenn ihn ein grobes Verschulden trifft. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Steuerpflichtige seine Sorgfaltspflichten in ungewöhnlichem Maße verletzt hat – etwa, wenn er offenkundig relevante Tatsachen nicht angegeben hat, die für die Steuerfestsetzung entscheidend waren.
5. Änderung von Schätzungsbescheiden
Auch Schätzungsbescheide können nach § 173 AO geändert werden, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden, die eine genauere Schätzung oder eine tatsächliche Berechnung erlauben. Dabei bleibt die Schätzungsmethode grundsätzlich bestehen, es sei denn, die neuen Tatsachen erfordern eine andere Schätzungsmethode.
Fazit
§ 173 AO bietet eine wichtige Grundlage, um Steuerbescheide nachträglich zu ändern – sei es zugunsten oder zuungunsten des Steuerpflichtigen. Der Erfolg eines Änderungsantrags hängt jedoch stark davon ab, ob die nachträglich bekannt gewordenen Tatsachen oder Beweismittel rechtserheblich sind und ob den Steuerpflichtigen ein Verschulden am späten Bekanntwerden trifft. Steuerpflichtige sollten daher stets sorgfältig prüfen, ob alle steuerlich relevanten Informationen fristgerecht eingereicht wurden, um spätere Komplikationen zu vermeiden.