Aktuelle Probleme der Grundsteuer

Einführung

Die Grundsteuerreform hat erhebliche Unsicherheiten und rechtliche Herausforderungen für Eigentümer, Mieter und Steuerberater mit sich gebracht. Seit der Neuregelung sind zahlreiche praktische und verfassungsrechtliche Fragen aufgetreten, die derzeit intensiv diskutiert werden. In diesem Beitrag werden die aktuellen Probleme der Grundsteuer beleuchtet und rechtliche Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt.

1. Verfahrensrechtliche Fragen

Einspruch gegen Bescheide

Grundsteuerpflichtige können Einspruch gegen folgende Bescheide einlegen:

  • Bescheid über den Grundsteuerwert (festgesetzt durch das Finanzamt),
  • Grundsteuermessbescheid, der auf dem Grundsteuerwert basiert,
  • Grundsteuerbescheid, der von der Gemeinde erlassen wird.

Da die Bescheide aufeinander aufbauen, ist es wichtig, den richtigen Zeitpunkt für einen Einspruch zu wählen. Wer den Grundsteuerwertbescheid nicht anficht, kann später keine Änderungen mehr in den folgenden Bescheiden durchsetzen.

Antrag auf Aussetzung der Vollziehung

Falls erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide bestehen, kann ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) nach § 361 AO gestellt werden. Dies kann insbesondere dann sinnvoll sein, wenn eine gerichtliche Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit abgewartet werden soll.

2. Fortschreibung

Grundstückswerte müssen regelmäßig fortgeschrieben werden, insbesondere bei:

  • Änderungen der Grundstücksgröße oder Nutzung,
  • Baulichen Maßnahmen, die den Wert beeinflussen.

Hier besteht häufig Uneinigkeit darüber, welche Änderungen eine Fortschreibung erfordern und wie sie sich auf die Steuerlast auswirken.

3. Typisierung und Gleichheitsgrundsatz

Die neue Bewertung basiert auf pauschalen Berechnungsmodellen, die stark typisiert sind. Dies führt dazu, dass der individuelle Verkehrswert eines Grundstücks nicht berücksichtigt wird. Besonders problematisch ist dies bei:

  • Hochpreisigen Innenstadtlagen, die nach dem Bundesmodell übermäßig besteuert werden,
  • Ländlichen Regionen, wo die tatsächlichen Werte oft unter den pauschalen Bodenrichtwerten liegen.

Hier besteht eine potenzielle Verfassungswidrigkeit, da die steuerliche Gleichbehandlung verletzt sein könnte.

4. Nachweis des niedrigeren Verkehrswerts

Nach § 220 Abs. 2 BewG und § 38 LGrStG BW kann ein niedrigerer Verkehrswert nachgewiesen werden. Dies ist jedoch mit hohen Hürden verbunden, da ein Gutachten eines öffentlich bestellten Sachverständigen erforderlich ist. In der Praxis ist die Anerkennung dieser Gutachten durch die Finanzämter oft umstritten.

5. Grundsteuererlass

Ein Erlass der Grundsteuer ist unter bestimmten Bedingungen möglich:

  • § 163 AO erlaubt eine abweichende Steuerfestsetzung bei unbilliger Härte,
  • § 2 Berliner Steuermesszahlengesetz bietet zusätzliche Regelungen für die Hauptstadt.

Ein Antrag auf Erlass sollte gestellt werden, wenn beispielsweise massive Wertverluste oder Ertragseinbußen durch Mietausfälle nachgewiesen werden können.

6. Steuermesszahlen und Hebesätze

Während die Steuermesszahlen bundesweit geregelt sind, setzen die Kommunen eigene Hebesätze fest. Dies führt zu erheblichen regionalen Unterschieden. In einigen Städten wird befürchtet, dass die Hebesätze zur Kompensation der Steuerausfälle erhöht werden, was die Reform letztlich steuerneutral oder sogar belastender macht.

7. Bodenrichtwerte und Zonenproblematik

Die Einteilung in Bodenrichtwertzonen kann zu erheblichen Verwerfungen führen. Problematisch ist insbesondere:

  • Die teilweise überhöhten Bodenrichtwerte, die nicht dem realen Marktwert entsprechen,
  • Die starre Zuordnung von Grundstücken zu Zonen, auch wenn diese innerhalb eines Stadtteils stark variieren.

Eigentümer sollten daher prüfen, ob die angesetzten Bodenrichtwerte korrekt sind und ggf. Einspruch einlegen.

8. Unterschiedliche Bewertung von Wohn- und Nichtwohngebäuden

Die Zweiteilung der Bewertung in Wohngebäude (die nach dem Ertragswertverfahren bewertet werden) und Nichtwohngebäude (die nach dem Sachwertverfahren bewertet werden) kann zu unfairen Steuerbelastungen führen. Insbesondere bei Mischobjekten (z. B. Wohn- und Geschäftshäusern) ist die Abgrenzung oft problematisch.

9. Verfassungswidrigkeit und gerichtliche Überprüfung

Mehrere Verfassungsbeschwerden gegen die neue Grundsteuer sind bereits anhängig. Streitpunkte sind unter anderem:

  • Die Gleichheitswidrigkeit der pauschalen Bewertung,
  • Die hohe Belastung in bestimmten Regionen trotz niedriger Marktwerte,
  • Die ungleiche Besteuerung durch unterschiedliche Landesmodelle.

Es ist wahrscheinlich, dass das Bundesverfassungsgericht in den kommenden Jahren eine Grundsatzentscheidung treffen wird.

10. Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf Mieter

Die Grundsteuer gehört nach der Betriebskostenverordnung (BetrKV) grundsätzlich zu den umlagefähigen Nebenkosten. Da die Steuerbelastung nach der Reform in einigen Fällen stark steigt, stellt sich die Frage, ob eine Überwälzung auf Mieter weiterhin zulässig ist oder ob hier neue gesetzliche Regelungen notwendig sind.

Fazit

Die Umsetzung der neuen Grundsteuer wirft zahlreiche rechtliche, wirtschaftliche und praktische Fragen auf. Eigentümer sollten ihre Bescheide sorgfältig prüfen, um ggf. Einspruch einzulegen oder einen Antrag auf Erlass oder Reduzierung der Steuer zu stellen. Die aktuelle Rechtslage bleibt dynamisch, insbesondere angesichts laufender Verfassungsbeschwerden und gerichtlicher Überprüfungen.