BFH zur „finanziellen Eingliederung“ bei qualifizierten Mehrheitserfordernissen

Entscheidungszusammenfassung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 9. August 2023 (I R 50/20) entschieden, dass der Organträger bei einer Organgesellschaft, deren Satzung für Beschlüsse der Gesellschafterversammlung generell eine qualifizierte Mehrheit vorsieht, über eine entsprechend qualifizierte Mehrheit der Stimmrechte verfügen muss, um die Voraussetzung der finanziellen Eingliederung im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zu erfüllen.

Sachverhalt

Die Klägerin war zu 80 % an der Organgesellschaft beteiligt. Die Satzung der Organgesellschaft sah für Beschlüsse der Gesellschafterversammlung eine qualifizierte Mehrheit von 91 % der Stimmen vor. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Klägerin nicht über die erforderliche finanzielle Eingliederung in die Organgesellschaft verfüge und daher keine Organschaft bestehe.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat die Auffassung des Finanzamts bestätigt. Er führte aus, dass die finanzielle Eingliederung eine der drei Voraussetzungen für die Begründung einer Organschaft ist. Sie setzt voraus, dass der Organträger in der Weise an der Organgesellschaft beteiligt ist, dass er seinen Willen in den wesentlichen Angelegenheiten der Organgesellschaft durchsetzen kann. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Organträger über die Mehrheit der Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung der Organgesellschaft verfügt.

Der BFH hat in seiner Entscheidung auch auf die Rechtsprechung des BFH zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft abgestellt. Nach dieser Rechtsprechung ist es für die finanzielle Eingliederung erforderlich, dass der Organträger über eine Mehrheit der Stimmen verfügt, die für die Beschlussfassung in den wesentlichen Angelegenheiten der Organgesellschaft erforderlich ist.

Auswirkungen der Entscheidung

Die Entscheidung des BFH hat zur Folge, dass die finanzielle Eingliederung bei Organgesellschaften, deren Satzung für Beschlüsse der Gesellschafterversammlung generell eine qualifizierte Mehrheit vorsieht, strenger geprüft wird. In diesen Fällen muss der Organträger über eine entsprechend qualifizierte Mehrheit der Stimmrechte verfügen, um die Voraussetzung der finanziellen Eingliederung zu erfüllen.

Praxishinweis

Organträger sollten bei der Gründung oder Änderung der Satzung einer Organgesellschaft darauf achten, dass die Stimmrechtsverteilung so gestaltet ist, dass die finanzielle Eingliederung gewährleistet ist.