Eine Einkommensteuererstattung, die aus einer vom Insolvenzverwalter freigegebenen Tätigkeit resultiert, gehört nicht zur Insolvenzmasse!

Der 14. Senat des Finanzgerichts Münster hat in einem am 04.11.2013 veröffentlichten Urteil vom 27. September 2013 (14 K 1917/12 AO) entschieden, dass der durch eine vom Insolvenzverwalter freigegebene Tätigkeit erworbene Einkommensteuererstattungsanspruch nicht in die Insolvenzmasse fällt. Er kann daher vom Finanzamt mit vorinsolvenzrechtlichen Steuerschulden verrechnet werden.

Über das Vermögen des Insolvenzschuldners war im Jahr 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Als Insolvenzverwalter wurde der Kläger bestellt. Der Insolvenzschuldner war weiterhin als gewerblicher Dienstleister selbständig tätig. Diese Tätigkeit hatte der Kläger noch im Jahr 2009 aus der Insolvenzmasse freigegeben (§ 35 Abs. 2 Satz 1 InsO).

Das beklagte Finanzamt setzte für das Jahr 2010 Einkommensteuervorauszahlungen gegenüber dem Insolvenzschuldner fest, der die Vorauszahlungen aus seinem insolvenzfreien Vermögen leistete. Im Jahr 2011 erließ das Finanzamt einen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010. Den sich danach zugunsten des Insolvenzschuldners ergebenden Erstattungsanspruch verrechnete das Finanzamt mit dessen Einkommensteuerrückständen aus dem Jahr 2009. Der Kläger sah dies als unzulässig an und begehrte die Auszahlung des Erstattungsanspruchs zur Insolvenzmasse. Dies lehnte das Finanzamt ab.

Zu Recht, wie jetzt der 14. Senat des Finanzgerichts Münster bestätigt hat. Entgegen der Auffassung des Klägers stehe § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO der Aufrechnung durch das Finanzamt nicht entgegen. Werde eine selbständige Tätigkeit – wie im Streitfall – vom Insolvenzverwalter ohne Einschränkung freigegeben, gehörten die Forderungen und Verbindlichkeiten, die hierdurch veranlasst seien, nicht zur Insolvenzmasse, sondern zum insolvenzfreien Vermögen. Dies gelte auch für Steuerschulden und Steuererstattungsansprüche. Der Insolvenzschuldner müsse nicht nur die im Zusammenhang mit der freigegebenen Tätigkeit entstehenden Steuern zahlen, sondern habe konsequenterweise auch einen Anspruch auf Erstattung überzahlter Beträge. Die vom Bundesfinanzhof für Umsatzsteuervergütungsansprüche entwickelte Rechtsprechung sei auf Einkommensteuererstattungsansprüche zu übertragen.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat der Senat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: FG Münster, Pressemitteilung vom 04.11.2013 zum Urteil 14 K 1917/12 vom 27.09.2013

Finanzgericht Münster, 14 K 1917/12 AO

Datum:
27.09.2013
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
14. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
14 K 1917/12 AO
Sachgebiet:
Finanz- und Abgaberecht
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

1Tatbestand:

2Streitig ist, ob ein Einkommensteuer(ESt)-Erstattungsanspruch zur Insolvenzmasse gehört.

3Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn X   K   (K   ) bestellt. Das Insolvenzverfahren wurde am 21.12.2009 eröffnet. K   betrieb sowohl vor als auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen gewerblichen Dienstleistungsbetrieb. Mit Schreiben vom 22.12.2009 gab der Kläger die vorgenannte selbstständige Tätigkeit nach § 35 Abs. 2 Satz 1, 2 InsO aus der Insolvenzmasse frei. Das Schreiben hat folgenden Wortlaut:

4″Insolvenzverfahren über das Vermögen des …

5hier: Freigabe selbstständige Tätigkeit

6Sehr geehrter Herr K   ,

7in der vorgenannten Angelegenheit sind Sie unter der Anschrift … selbstständig tätig. Geschäftsgegenstand sind Montagearbeiten, Sonstige Tätigkeiten und Arbeiten für andere Unternehmen. Diese selbstständige Tätigkeit gebe ich hiermit gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO aus der Insolzvenzmasse zu Ihren Gunsten frei. Auf § 295 Abs. 2 InsO weise ich vorsorglich hin.“

8Die Freigabe wurde vom Insolvenzgericht am 23.12.2009 veröffentlicht. Das Unternehmen wurde zum 30.06.2010 abgemeldet.

9Unter Berücksichtigung der zu erwartenden Einkünfte aus der freigegebenen gewerblichen Tätigkeit setzte der Beklagte mit Bescheid vom 09.12.2009, zuletzt geändert am 15.02.2011, für das I. bis III. Quartal 2010 jeweils ESt-Vorauszahlungen i.H.v. 278 € gegenüber K   und seiner mit ihm zusammen zur ESt veranlagten Ehefrau fest. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Vorauszahlungen von dem Girokonto des K   aus dessen insolvenzfreien Vermögen bezahlt wurden.

10Die ESt 2010 für die Eheleute K   wurde mit Bescheid vom 05.05.2011 auf null festgesetzt. Hierbei wurden Einkünfte des K   aus Gewerbebetrieb i.H.v. 10.796 € und aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. 8.880 € berücksichtigt. Für die Ehefrau des K    wurden keine Einkünfte angesetzt.

11Unter Berücksichtigung der Vorauszahlungen i.H.v. 834 € und Säumniszuschlägen i.H.v. 18 € ergab sich ein Steuererstattungsanspruch i.H.v. 816 €. Mit Schreiben vom 09.06.2011, gerichtet an die Eheleute K   , rechnete der Beklagte den Erstattungsanspruch in voller Höhe gegen Einkommensteuerrückstände 2009 auf.

12Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 11.07.2011 die Auszahlung des ESt-Guthabens 2010 begehrt hatte, wurde am 07.03.2012 der streitgegenständliche Abrechnungsbescheid erlassen. Der Beklagte stellte hierin im Ergebnis fest, dass dem Kläger kein Erstattungsanspruch zustehe. Der sich aus der ESt-Veranlagung 2010 ergebende Erstattungsanspruch sei in Höhe von 18 € durch Umbuchung auf Säumniszuschläge zur ESt-Vorauszahlung IV. Quartal 2010 und in Höhe von 816 € durch Aufrechnung mit ESt-Schulden 2009 der Eheleute K   erloschen. Zur Begründung heißt es weiter, der Erstattungsanspruch sei dem insolvenzfreien Vermögen zugerechnet worden, weil aus diesem auch die zur Erstattung führenden Vorauszahlungen geleistet worden seien. Dementsprechend stehe das Guthaben zur Verrechnung mit Insolvenzforderungen zur Verfügung, zumal Aufrechnungsverbote – insbesondere § 96 Abs. 1 Nr. 1-4 InsO – nicht einschlägig seien.

13Der hiergegen eingelegte Einspruch des Klägers wurde mit Einspruchsentscheidung vom 22.05.2012 als unbegründet zurückgewiesen.

14Der Kläger wandte sich sodann an das Gericht und beantragte Prozesskostenhilfe (PKH) für eine gegen den Abrechnungsbescheid noch zu erhebende Klage, die sich auf die Feststellung eines Erstattungsanspruch i.H.v. 834 € richten sollte. Der Senat gewährte dem Kläger mit Beschluss vom 08.10.2012 lediglich PKH, soweit sich die beabsichtigte Klage auf die Feststellung eines Erstattungsanspruch i.H.v. 417 € beziehen würde. Begründet wurde dies damit, dass der Erstattungsanspruch auf beide Ehegatten je zur Hälfte entfalle und der Kläger allenfalls hinsichtlich der Hälfte des K    anspruchsberechtigt sein könne.

15Der Kläger hat sodann mit dem Ziel der Feststellung eines Erstattungsanspruch von 417 € Klage erhoben und Wiedereinsetzung in die Klagefrist beantragt.

16Er ist der Auffassung, dass der Erstattungsanspruch zur Insolvenzmasse gehöre. Nach § 35 InsO erfasse das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Folglich würden auch Steueransprüche, die ein Insolvenzschuldner während des Insolvenzverfahrens erlange, in die Insolvenzmasse fallen. Zu betonen sei in diesem Zusammenhang, dass etwaige Steuererstattungsansprüche von ihm – dem Kläger – auch nicht freigegeben worden seien. Nach dem Wortlaut des § 35 Abs. 2 InsO könne der Insolvenzverwalter lediglich Vermögen aus einer Tätigkeit freigegeben. Bei dem ESt-Erstattungsanspruch handele es sich nicht um Vermögen aus einer Tätigkeit des Schuldners, sondern um einen Anspruch aus einem Steuerschuldverhältnis.

17Der Kläger beantragt,

18den Abrechnungsbescheid vom 07.03.2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.05.2012 dahingehend zu ändern, dass festgestellt wird, dass er Anspruch auf Erstattung der ESt 2010 in Höhe von 417 € hat,

19hilfsweise, die Revision zuzulassen.

20Der Beklagte beantragt,

21die Klage abzuweisen,

22hilfsweise, die Revision zuzulassen.

23Er verweist darauf, dass die ESt-Vorauszahlungen in keinerlei Zusammenhang mit der „insolvenzverursachenden bisherigen Tätigkeit“ stehen würden. In dem Vorauszahlungsbescheid sei nur der aus der freigegebenen Tätigkeit zu erwartende Gewinn berücksichtigt worden, nicht aber etwaige Gewinne/Verluste aus der insolvenzbehafteten Tätigkeit. Auch habe K   die Vorauszahlungen aus seinem insolvenzfreien Vermögen bezahlt. Würde man den Erstattungsanspruch dennoch der Insolvenzmasse zurechnen, würde sich der Steuerpflichtige schlechter stellen, als wenn er die ESt-Vorauszahlungen gar nicht entrichtete hätte.

24Der Einwand des Klägers, dass keine Freigabe vorliege, weil es sich bei einem ESt-Erstattungsanspruch nicht um „Vermögen aus einer Tätigkeit“ handele, überzeuge nicht. Denn zum einen seien die aufgrund der aufgenommenen gewerblichen Tätigkeit erworbenen Ansprüche aus dem Insolvenzbeschlag vorbehaltlos freigegeben worden und zum anderen handele es sich auch bei ESt-Erstattungsansprüchen um Forderungen, die auf Geld gerichtet seien und damit Vermögen darstellen würden. Sei dieser Vermögensgegenstand, wie z.B. ein USt-Erstattungsanspruch, eindeutig auf die freigegebene Tätigkeit zurückzuführen, dann gehöre er nicht zur Insolvenzmasse.

25Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die vorgelegte Finanzamtsakte sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

26Entscheidungsgründe:

271. Die Klage ist zulässig.

28Insbesondere ist die Klagefrist gewahrt.

29Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist in den Fällen, in denen ein isolierter Antrag auf PKH gestellt worden ist, dem Kläger Wiedereinsetzung in die Klagefrist zu gewähren, wenn dieser bis zum Ablauf der Klagefrist alle Voraussetzungen für die Bewilligung der PKH zur Erhebung der Klage geschaffen hat und er nach der –stattgebenden oder ablehnenden– Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag innerhalb der Frist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Rechtsbehelfsfrist stellt (vgl. BFH, Beschluss vom 09.04.2013 – III B 247/11, BFH/NV 2013, 1112 m.w.N).

30So verhält es sich auch hier. Der Kläger hat innerhalb der Klagefrist das PKH-Gesuch zusammen mit der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst den entsprechenden Belegen eingereicht und die Gründe für die beabsichtigte Klage dargelegt. Außerdem hat er innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des PKH-Beschlusses vom 08.10.2012 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

312. Die Klage ist jedoch nicht begründet.

32Der Abrechnungsbescheid vom 07.03.2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.05.2012 ist rechtmäßig.

33Streitgegenstand sind dabei lediglich die Feststellungen des Abrechnungsbescheids, die sich auf die auf K   entfallende Hälfte des Erstattungsanspruchs beziehen. Der Beklagte hat insoweit zu Recht festgestellt, dass dieser Erstattungsanspruch zum insolvenzfreien Vermögen gehört und durch Aufrechnung mit Steuerschulden des K    erloschen ist.

34Dass K   ein ESt-Erstattungsanspruch für 2010 i.H.v. 417 € zustand, dass diesem Anspruch Steuerforderungen des Beklagten für ESt 2009 und Säumniszuschläge zur ESt IV. Quartal 2010 gegenüberstanden und dass die allgemeinen Voraussetzungen der Aufrechnung (§ 226 Abs. 1 AO, §§ 387 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs) vorlagen, ist weder fraglich noch streitig. Streitig ist vielmehr im Wesentlichen, ob der Erstattungsanspruch zur Insolvenzmasse gehört, mit der Folge, dass das Aufrechnungsverbot des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO zur Anwendung kommt. Dies ist zu verneinen.

35Gem. § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Aufrechnung unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist. Zur Insolvenzmasse gehört nach § 35 Abs. 1 InsO das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt, also auch eine nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldner erworbene Forderung.

36Von der Insolvenzmasse ist zum einen der vorinsolvenzrechtliche Vermögensteil abzugrenzen und zum anderen das nicht zur Insolvenzmasse gehörende insolvenzfreie Vermögen. Letzteres entsteht dann, wenn der Insolvenzverwalter einen zur Masse gehörenden bzw. künftig in diese fallenden Vermögensgegenstand freigibt. In diesem Zusammenhang ist insbesondere § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO zu beachten, wonach der Insolvenzverwalter in den Fällen, in denen der Schuldner eine selbständige Tätigkeit ausübt oder auszuüben beabsichtigt, dem Schuldner gegenüber zu erklären hat, ob Vermögen aus der selbständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können.

37Im Streitfall hat der Kläger die gewerbliche Tätigkeit des K   unmittelbar nach Insolvenzeröffnung, nämlich am 22.12.2009, freigegeben. Wird eine selbständige Tätigkeit freigegeben, gehören die Forderungen und Verbindlichkeiten, die durch die selbständige Tätigkeit veranlasst sind, nicht zur Insolvenzmasse, sondern zum insolvenzfreien Vermögen. Dies gilt auch für die Steuerschulden und Steuererstattungsansprüche, die in Zusammenhang mit der freigegebenen Tätigkeit stehen. Soweit der Kläger insoweit vorträgt, dass ein Insolvenzverwalter nach dem Wortlaut des § 35 Abs. 2 InsO lediglich „Vermögen aus einer Tätigkeit“ freigeben könne und es sich bei einem ESt-Erstattungsanspruch nicht um „Vermögen aus einer Tätigkeit des Schuldners“ handele, sondern um einen Anspruch aus einem Steuerschuldverhältnis, welchen er – der Kläger – gerade nicht frei gegeben habe, verkennt er die Reichweite der Freigabe. Wird die Freigabe – wie hier mit Schreiben vom 22.12.2009 – ohne Einschränkungen ausgesprochen, sind alle Forderungen und Verbindlichkeiten, die durch die selbständige Tätigkeit veranlasst sind, freigegeben. Hierzu gehören zweifelsohne auch die Steuern, die auf die durch eine freigegebene Tätigkeit erzielten Umsätze und Gewinne entfallen, und daher – im Gegenzug – zugleich auch die Steuererstattungsansprüche, die sich durch eine Überzahlung der durch die insolvenzfreie Tätigkeit ausgelösten Steuern ergeben.

38Für den Bereich der Umsatzsteuer hat der BFH bereits mehrfach entschieden, dass ein durch eine freigegebene Tätigkeit erworbener Umsatzsteuervergütungsanspruch nicht in die Insolvenzmasse fällt und vom Finanzamt mit vorinsolvenzlichen Steuerschulden verrechnet werden kann (BFH, Beschluss vom 01.09.2010 – VII R 35/08, BStBl II 2011, 336; Beschluss vom 23.08.2011 – VII B 8/11, BFH/NV 2011, 2115). Daran, dass diese Grundsätze auch für sonstige Steuerarten – insbesondere für die ESt – gelten, hat der Senat keinen Zweifel. Zu beachten ist in Bezug auf die ESt lediglich, dass der Erstattungsanspruch – je nach der Art der erzielten Einkünfte – ggfs. aufzuteilen ist in einen Teil, der zum insolvenzfreien Vermögen gehört, und einen Teil, der in die  Insolvenzmasse fällt.

39Der ESt-Erstattungsanspruch des K   für das Jahr 2010 gehört in voller Höhe zum insolvenzfreien Vermögen, und zwar schon deshalb, weil die ESt auf null festgesetzt worden ist und die Überzahlung von insgesamt 834 € (davon 417 € für K   ) ausschließlich auf den mit Bescheid vom 09.12.2009 angeforderten Vorauszahlungen zur ESt 2010 beruht, bei deren Berechnung nur die Einkünfte des K   aus Gewerbebetrieb zu Grunde gelegt worden sind. Auf die im ESt-Bescheid 2010 vom 05.05.2011 ebenfalls angesetzten Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit des K    sind dagegen keine Vorauszahlungen geleistet worden und es sind insoweit auch keine Steuern vom Lohn einbehalten worden.

40Davon abgesehen wurden die Vorauszahlungen auch aus dem insolvenzfreien Vermögen des K   bezahlt. Hier zeigt sich letztlich auch die Widersprüchlichkeit der Argumentation des Klägers. Denn dieser will nur in den Genuss der mit der freigegebenen Tätigkeit in Zusammenhang stehenden Steuererstattungsansprüche kommen, nicht aber zugleich auch die durch die freigegebene Tätigkeit ausgelösten Steuern zahlen. Es kann jedoch nicht richtig sein, dass der Insolvenzschuldner die in Zusammenhang mit der freigegebenen Tätigkeit festgesetzten Steuern aus seinem eigenen (insolvenzfreien) Vermögen bezahlen muss, er diese im Fall einer Überzahlung jedoch nicht wieder zurückerhält, sondern die überzahlten Beträge der Insolvenzmasse zu Gute kommen. Denn dies würde letztlich bedeuten, dass sich der Steuerpflichtige, der die durch die freigegebene Tätigkeit veranlassten Steuervorauszahlungen pflichtwidrig nicht begleicht (und infolgedessen auch nichts überzahlt), sich im Ergebnis besser stellt als derjenige, der seine Steuerpflichten ordnungsgemäß erfüllt.

41Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Eine ausdrückliche höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage, ob ein ESt-Erstattungsanspruch, der in Zusammenhang mit einer aus dem Insolvenzbeschlag freigegebenen Tätigkeit des Insolvenzschuldners steht, zum insolvenzfreien Vermögen gehört, liegt – soweit ersichtlich – bislang nicht vor.