Bemessungsgrundlage des Solidaritätszuschlags zur Körperschaftsteuer verfassungswidrig?

Bemessungsgrundlage des Solidaritätszuschlags zur Körperschaftsteuer verfassungswidrig?

Kernaussage

Das Solidaritätszuschlagsgesetz regelt unter anderem die Bemessungsgrundlage und die zeitliche
Anwendung für den Solidaritätszuschlag. Der Bundesfinanzhof (BFH) hält die betreffende
Vorschrift für verfassungswidrig, weil die Rückzahlung des Körperschaftsteuerguthabens weder
die jährliche Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag mindert noch eine andere
Vorschrift einen Anspruch auf Auszahlung eines Solidaritätszuschlagguthabens vorsieht. Entsprechend
wurde aktuell das Bundesverfassungsgericht angerufen, um die Verfassungsmäßigkeit
zu klären.

Sachverhalt

Bis zum Jahr 2000 wurde das Einkommen der Körperschaften nach dem Körperschaftsteuer-
Anrechnungsverfahren versteuert. Die thesaurierten Gewinne wurden zuletzt mit 40 % besteuert.
Wurde der Gewinn später ausgeschüttet, reduzierte sich die Körperschaftsteuer auf zuletzt
30 %. Dieser Reduzierungsbetrag wurde an die Gesellschaft durch entsprechende Minderung
der von der Gesellschaft laufend zu entrichtenden Körperschaftsteuer erstattet. Im Jahr 2001
löste das Halbeinkünfteverfahren das Anrechnungsverfahren ab. Zur Sicherstellung der Definitivbesteuerung
der thesaurierten Gewinne mit 30 % wurde das enthaltene Körperschaftsteuer-
Minderungspotenzial in Körperschaftsteuer-Guthaben umgerechnet. Dieses sollte ursprünglich
für 15 Jahre unter grundsätzlicher Beibehaltung des Anrechnungsverfahrens abgebaut werden.
Mit Wirkung ab 2007 wurde die Rückzahlung des Körperschaftsteuer-Guthabens aus dem Veranlagungsverfahren
abgelöst von der ratierlichen Auszahlung in 10 gleichen Jahresbeträgen.
Die Klägerin, eine GmbH, ist der Ansicht, dass zugleich ein Solidaritätszuschlagsguthaben
hätte festgestellt werden müssen.

Entscheidung

Der BFH ist der Überzeugung, dass die entsprechende Vorschrift insoweit verfassungswidrig
ist, als in dieser Regelung keine Berücksichtigung des Körperschaftsteuer-Guthabens mit Minderung
des Solidaritätszuschlags geregelt sei. Insofern verstieße die Norm gegen den verfassungsrechtlichen
Vertrauensschutz sowie den allgemeinen Gleichheitssatz, da diejenigen
Steuerpflichtigen benachteiligt würden, die im Vertrauen auf die ursprüngliche Regelung davon
abgesehen hätten, durch Gewinnausschüttungen ihr Körperschaftsteuer-Guthaben anzufordern.
Zudem habe der Gesetzgeber das Vertrauen in den Fortbestand der befristeten Übergangsregelungen
enttäuscht, indem er diese zu Lasten der Steuerpflichtigen vor Ablauf der
ursprünglich vorgesehenen Frist geändert habe.

Konsequenz

Bei Kapitalgesellschaften mit nennenswertem Körperschaftsteuer-Guthaben sollte beim zuständigen
Finanzamt unter Bezugnahme auf das vorliegende Verfahren bis zum 31.12.2011
ein Antrag auf gesonderte Festsetzung eines Solidaritätszuschlags-Auszahlungsanspruchs auf
das Körperschaftsteuer-Guthaben gestellt werden. Auch kann es sinnvoll sein, die Körperschaftsteuer-
Veranlagungen ab dem Veranlagungszeitraum 2008 (erstmalige Auszahlung des
Körperschaftsteuer-Guthabens) verfahrensrechtlich offen zu halten.