Keine Änderung eines Bescheids nach Erledigung der Hauptsache im Klageverfahren

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Thema: Steuern: Alle Steuerzahler

vom: 05.09.2022



Wird ein Klageverfahren vor dem Finanzgericht mit einer beiderseitigen Erledigung der Hauptsache beendet, wird der Rechtsstreit damit abgeschlossen und der Steuerbescheid bestandskräftig. Zudem endet damit die Hemmung des Ablaufs der Festsetzungsverjährung, und der bisher bestehende Vorbehalt der Nachprüfung entfällt aufgrund des Eintritts der Festsetzungsverjährung. Etwas anderes kann aber dann gelten, wenn es sich bei der vor Klageerhebung ergangenen Einspruchsentscheidung nur um eine sog. Teileinspruchsentscheidung handelte.

Hintergrund: Das Finanzamt kann über einen Einspruch durch sog. Teileinspruchsentscheidung und damit zunächst nur über einen Teil des Einspruchs entscheiden. Der Rest des Einspruchs, der i.d.R. eine beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängige verfassungsrechtliche Frage betrifft, bleibt dann weiterhin anhängig und wird entschieden werden, wenn das BVerfG über die verfassungsrechtliche Frage entschieden hat.

Streitfall: Der Kläger war ein Verein, der Verwaltungsaufgaben für das Bundesamt für Zivildienst erledigte. Der Kläger meldete seine Umsätze für das Streitjahr 2008 zunächst mit dem regulären Umsatzsteuersatz an. Gegen die entsprechende Umsatzsteuerfestsetzung legte der Kläger am 22.10.2009 Einspruch ein und machte den ermäßigten Umsatzsteuersatz geltend. Wegen eines anhängigen Revisionsverfahrens zum Umsatzsteuersatz wurde das Ruhen des Einspruchsverfahrens angeordnet. Ein Jahr später änderte das Finanzamt die Umsatzsteuerfestsetzung für 2008 aus einem anderen Grund, nachdem sich herausgestellt hatte, dass der Kläger sein Personal beköstigt hatte. Gegen diesen Änderungsbescheid legte der Kläger am 22.12.2010 ebenfalls Einspruch ein. Am 1.6.2012 wies das Finanzamt den Einspruch zurück. Dabei bezog sich das Finanzamt auf den Einspruch vom 22.12.2010. Hiergegen klagte der Kläger. Im Klageverfahren erkannte das Finanzamt die Beköstigung als umsatzsteuerfrei an, und der Kläger sowie der Beklagte erklärten den Rechtsstreit am 31.7.2013 in der Hauptsache für erledigt. Im Jahr 2014 beantragte der Kläger eine Änderung des Umsatzsteuerbescheids, nachdem das Revisionsverfahren zur Höhe des Umsatzsteuersatzes entschieden worden war; der Kläger machte nun die Umsatzsteuerfreiheit für seine Umsätze geltend. Diesen Antrag lehnte das Finanzamt ab, und der Kläger erhob Klage.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof wies die Klage ab, da für 2008 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war:

  • Die vom Kläger und vom Finanzamt im vorherigen Klageverfahren am 31.7.2013 erklärte Erledigung der Hauptsache führte zur Bestandskraft der Umsatzsteuerfestsetzung 2008 und beendete die Hemmung des Ablaufs der Festsetzungsfrist. Damit trat mit Ablauf des 31.12.2013 Festsetzungsverjährung ein. Hierdurch entfiel auch der Vorbehalt der Nachprüfung. Eine Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung 2008 war verfahrensrechtlich nicht mehr möglich.

  • Die Einspruchsentscheidung vom 1.6.2012 war auch keine Teileinspruchsentscheidung. Bei einer Teileinspruchsentscheidung wäre der noch nicht entschiedene Teil des Einspruchs anhängig geblieben.

  • Zum einen war die Einspruchsentscheidung nicht als „Teileinspruchsentscheidung“ bezeichnet. Zum anderen wurde auch der Einspruch insgesamt zurückgewiesen und nicht nur ein Teil des Einspruchs. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass der Einspruch insgesamt entscheidungsreif gewesen war; der Erlass einer Teileinspruchsentscheidung wäre daher nicht sachdienlich gewesen. Unbeachtlich ist somit, dass in der Einspruchsentscheidung nur der Einspruch vom 22.12.2010 und nicht der Einspruch vom 22.10.2009 genannt wurde.

Hinweise: Der Einspruch vom 22.12.2010 war unzulässig, da der Kläger bereits am 22.10.2009 Einspruch eingelegt hatte. Man kann gegen eine Festsetzung nur einmal zulässig Einspruch einlegen. Dieser Einspruch erfasst dann auch Änderungsbescheide, so dass nicht erneut Einspruch gegen den Änderungsbescheid eingelegt werden muss; ein weiterer Einspruch wäre unzulässig.

Das Urteil macht deutlich, dass man Streitpunkte in einem Einspruchs- und Klageverfahren möglichst umfassend klären und nicht darauf vertrauen sollte, dass diese noch in einem späteren Verfahren geklärt werden können.

Quelle: BFH, Urteil v. 17.3.2022 - XI R 39/19; NWB

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