Entnahme von Wärmeenergie aus einem betrieblichen Blockheizkraftwerk
Thema: Steuern: Unternehmer
vom: 11.08.2020
Verwendet ein Unternehmer Wärmeenergie, die sein betriebliches Blockheizkraftwerk produziert, für private Wohnzwecke, stellt dies die Entnahme eines Wirtschaftsgutes dar; denn Wärmeenergie wird mit dem Inverkehrbringen ein selbständiges Wirtschaftsgut. Diese Entnahme ist grundsätzlich mit den Wiederherstellungskosten zu bewerten, kann aber stattdessen mit dem voraussichtlichen Veräußerungspreis bewertet werden, falls sich ein solcher Preis am Markt bereits gebildet hat und niedriger ist.
Hintergrund: Verwendet ein Unternehmer Geld, Waren, Nutzungen oder Leistungen seines Unternehmens für den privaten Bereich, sind dies Entnahmen, die gewinnerhöhend angesetzt werden. Die Bewertung der Entnahme eines Wirtschaftsguts erfolgt mit dem Teilwert; dies ist der Wert, den ein fremder Dritter beim Erwerb des gesamten Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für die entnommene Leistung bzw. Ware bezahlen würde.
Streitfall: Die Kläger war eine aus Ehegatten bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die ein Blockheizkraftwerk mit Biogasanlage betrieb. Der Ehemann betrieb einen landwirtschaftlichen Hof. In dem Blockheizkraftwerk der GbR wurde die Gülle des Bauernhofs zu Strom verarbeitet und verkauft. Bei der Verarbeitung entstand Abwärme, die vorrangig zum Heizen des privaten Wohnhauses der Eheleute verwendet wurde und im Übrigen an den Cousin des Ehemannes für 3 Cent/kWh brutto verkauft wurde. Die GbR setzte für die Abwärme eine Entnahme von 600 € bzw. 900 € brutto in den Streitjahren 2013 und 2014 an. Dies entsprach Werten von 2 Cent/kWh für 2013 und 3 Cent/kWh für 2014. Das Finanzamt setzte hingegen 7,7 Cent/kWh an; dies sei der fiktive Einkaufspreis.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt und ging von einem Bruttopreis von 3 Cent/kWh, d.h. 2,521 Cent/kWh netto, aus:
Die Verwendung der Abwärme aus dem Blockheizkraftwerk für das Beheizen des privaten Wohnhauses stellt eine Entnahme dar. Die Entnahme eines Wirtschaftsguts ist mit dem Teilwert zu bewerten, während Nutzungs- bzw. Leistungsentnahmen mit den Selbstkosten, also dem entstandenen Aufwand, zu bewerten sind.
Bei der Abwärme handelt es sich um ein Wirtschaftsgut, so dass der Teilwert anzusetzen ist. Zwar ist Wärme an sich nur eine Eigenschaft und damit ein unselbständiger Faktor eines (anderen) Wirtschaftsguts. Wird die Wärme aber in den Verkehr gebracht, indem sie über Wärmemengenzähler bestimmungsgemäß an die Abnehmer geliefert wird oder für private Zwecke verbraucht wird, wird die Wärme zum selbständigen Wirtschaftsgut.
Der somit anzusetzende Teilwert entspricht bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens zwar grundsätzlich den Herstellungskosten, solange die Herstellung noch nicht abgeschlossen ist, und er entspricht nach Abschluss der Herstellung den Wiederbeschaffungskosten. Allerdings hängt der Teilwert nicht nur von den Herstellungs- bzw. Wiederbeschaffungskosten ab, sondern auch vom voraussichtlichen Veräußerungserlös. Liegt der voraussichtliche Veräußerungserlös unter den Herstellungskosten, ist die Entnahme mit dem voraussichtlichen Veräußerungserlös zu bewerten.
Im Streitfall lag der voraussichtliche Veräußerungserlös bei 3 Cent/kWh brutto, d. h. bei 2,521 Cent/kWh netto. Zu diesem Preis verkaufte die GbR die Wärme an den Cousin des Ehemanns. Daher war die Entnahme mit dem Nettowert von 2,521 Cent/kWh zu bewerten.
Hinweise: Auch die Finanzverwaltungen mehrerer Bundesländer gehen davon aus, dass privat verbrauchte Wärme ein Wirtschaftsgut darstellt. Würde es sich hingegen um eine Nutzungsentnahme handeln, wäre die Entnahme mit dem entstandenen Aufwand zu bewerten; im Streitfall war der entstandene Aufwand höher als der Veräußerungserlös, so dass eine Nutzungsentnahme für die Klägerin steuerlich ungünstiger gewesen wäre als die Entnahme eines Wirtschaftsguts.
Nicht zulässig wäre es übrigens, die Entnahme der Abwärme mit dem voraussichtlichen Verkaufspreis für Strom bzw. dem entstandenen Aufwand für die Stromproduktion zu bewerten. Das Blockheizkraftwerk hat nämlich zwei Wirtschaftsgüter produziert: den Strom und die Abwärme. Jedes dieser beiden Wirtschaftsgüter ist gesondert zu bewerten. Werden durch einen Produktionsvorgang zwei Wirtschaftsgüter hergestellt, spricht man von einer sog. Kuppelproduktion.
BFH, Urteil v. 12.3.2020 - IV R 9/17; NWB