Der Verein "attac" ist nicht gemeinnützig
Thema: Steuern: Alle Steuerzahler
vom: 17.02.2021
Der Bundesfinanzhof (BFH) hält daran fest, dass die Einflussnahme auf die politische Willensbildung und öffentliche Meinung kein gemeinnütziger Zweck ist. Die aktuelle Entscheidung ist im II. Rechtsgang des Vereins "attac" ergangen.
Hintergrund: Die selbstlose Förderung der Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet wird steuerlich als gemeinnützig anerkannt, wenn dabei bestimmte, vom Gesetzgeber einzeln genannte Bereiche gefördert werden. Hierzu gehören z.B. die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens oder die Förderung der Erziehung, Volks- und Berufsbildung einschließlich der Studentenhilfe.
Streitfall: Der Kläger ist der Trägerverein von "attac", der nach seiner Satzung die Bildung, Wissenschaft und Forschung fördert, insbesondere auch die Solidarität unter besonderer Berücksichtigung der ökonomischen und gesellschaftlichen Auswirkungen der Globalisierung. Außerdem fördert der Kläger die Völkerverständigung und den Frieden. Der Kläger nahm in den Streitjahren 2010 bis 2012 zu zahlreichen politischen Themen Stellung und organisierte Demonstrationen, besetzte symbolisch Banken und sammelte Unterschriften. Das Finanzamt erkannte die Gemeinnützigkeit des Klägers nicht an. Der BFH entschied im I. Rechtsgang zwar im Grundsatz zuungunsten von "attac", verwies die Sache aber an das Finanzgericht (FG) zurück, damit dieses klärt, ob der Kläger selbst als Trägerverein oder ob das sog. attac-Netzwerk tätig geworden ist und ob ggf. die Tätigkeiten des Netzwerks dem Kläger zuzurechnen sind.
Entscheidung: Der BFH hat nun im II. Rechtsgang die Gemeinnützigkeit von "attac" endgültig verneint:
Die Einflussnahme auf die politische Willensbildung und öffentliche Meinung ist kein gemeinnütziger Zweck. Ein Verein darf daher nicht zu allgemeinpolitischen Themen und Fragen Stellung nehmen und politische Forderungen wie z.B. die Abschaffung von Hartz IV, das Austrocknen von Steueroasen oder die Umverteilung von Vermögen fordern.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Einflussnahme auf die politische Willensbildung im Zusammenhang mit dem gemeinnützigen Zweck des Vereins steht, z.B. mit der Förderung des Umweltschutzes. Aber auch in diesem Fall darf die Tagespolitik nicht im Mittelpunkt der Tätigkeit des Vereins stehen, sondern muss im Hintergrund gegenüber dem eigentlich gemeinnützigen Zweck bleiben.
Zwar erkennt der Gesetzgeber auch die Förderung der Volksbildung als gemeinnützig an. Hierbei geht es aber um bildungspolitische Fragen. Außerdem muss sich die politische Bildung in geistiger Offenheit vollziehen.
Die politischen Aktionen in den Streitjahren 2010 bis 2012 waren dem Kläger auch zuzurechnen. Denn "attac" als Kläger hatte sich an den Aktionen finanziell beteiligt und hatte die Aktionen auch in den Geschäftsberichten erwähnt. Der Kläger hat im Finanzgerichtsverfahren zudem ausdrücklich betont, dass er die Kampagnen und Aktionen inhaltlich zu verantworten hat.
Hinweise: Wer sich allgemeinpolitisch betätigen will, sollte eine Partei gründen. Diese ist zwar nicht gemeinnützig, aber steuerlich dennoch begünstigt, weil z.B. die Beiträge zu einer steuerlichen Ermäßigung in Höhe von 50 % führen, maximal aber bis zu 825 € bzw. bei Ehegatten bis zu 1.650 €.
Unschädlich bleibt es auch weiterhin, wenn sich ein Verein, der einen gemeinnützigen Zweck wie z.B. die Förderung des Umweltschutzes verfolgt, in diesem Rahmen auch politisch engagiert. Das politische Engagement muss allerdings im Hintergrund bleiben und politisch neutral sein. Bei der Prüfung, ob dies der Fall ist, können die Finanzbehörden und auch das FG die Internetseite des Vereins auswerten.
Im Streitfall hatte sich "attac" mit der Veröffentlichung seines Namens einverstanden erklärt.
BFH, Beschluss vom 10.12.2020 - V R 14/20; NWB