Darlehensausfall führt zu Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen
Thema: Steuern
vom: 05.07.2021
Der Ausfall einer zum Privatvermögen und ab dem 1.1.2009 begründeten Darlehensforderung führt zu einem steuerlich zu berücksichtigenden Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Der Zeitpunkt der steuerlichen Berücksichtigung hängt davon ab, wann endgültig feststeht, dass der Darlehensgläubiger keine Tilgungsleistungen mehr erhalten wird. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen worden ist oder wenn die Liquidation der GmbH (Schuldnerin) abgeschlossen ist.
Hintergrund: Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören nicht nur Zinsen oder Dividenden, sondern auch Gewinne und Verluste aus der Veräußerung von Aktien oder Darlehensforderungen.
Sachverhalt: Die Kläger sind Eheleute. Der Ehemann war Alleingesellschafter einer GmbH. Die Eheleute gewährten der GmbH im Zeitraum von 2010 bis 2013 diverse verzinsliche Darlehen. Ende 2012 geriet die GmbH in die Krise. Ende 2014 veräußerte sie ihr Anlagevermögen und leistete keine Zahlungen mehr auf die Darlehensforderungen. Die Kläger fielen mit einem Teil ihrer Darlehensforderungen aus, nämlich mit einem Betrag von ca. 51.000 € aus einem Darlehen vom 10.1.2012. Sie machten diesen Betrag in ihrer Einkommensteuererklärung 2014 als Verlust geltend. Das Finanzamt erkannte den Verlust nicht an, setzte die Einkommensteuer aber aus anderen Gründen auf Null fest. Der Ehemann wollte den Verlust in das Vorjahr 2013 zurücktragen.
Entscheidung: Die Klage der Ehefrau hatte Erfolg, so dass der Darlehensausfall bei ihr zur Hälfte, d.h. in Höhe von ca. 25.500 €, als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen festzustellen ist. Die Klage des Ehemanns war hingegen unzulässig:
Die Klage der Ehefrau war trotz der Festsetzung der Einkommensteuer auf Null zulässig, da sie die Feststellung eines Verlustes aus Kapitalvermögen begehrte, um ihn in Folgejahren mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnen zu können. Ein Verlustrücktrag ist bei Kapitaleinkünften, die grundsätzlich der Abgeltungsteuer von 25 % unterliegen, gesetzlich nicht vorgesehen.
Der Ehefrau war ein Verlust aus Kapitalvermögen in Höhe von 25.500 € entstanden, nämlich in Höhe ihres hälftigen Anteils am Darlehensausfall. Seit Einführung der Abgeltungsteuer zum 1.1.2009 werden auch Gewinne und Verluste aus der Veräußerung von Darlehensforderungen steuerlich berücksichtigt. Ein Darlehensausfall steht einer Veräußerung gleich. Anderenfalls wäre der Steuerpflichtige gezwungen, die Darlehensforderung kurz vor dem Ausfall noch mit Verlust zu verkaufen. Die Darlehensforderung ist am 10.1.2012 und damit ab dem 1.1.2009 gewährt worden, so dass ihr Ausfall steuerlich erfasst wird.
Die Ehefrau hatte auch die für die steuerliche Berücksichtigung erforderliche Einkünfteerzielungsabsicht, da das Darlehen verzinslich gewährt worden war.
Der Darlehensausfall konnte im Jahr 2014 berücksichtigt werden, da im Jahr 2014 endgültig feststand, dass die GmbH keine Tilgungen mehr leisten würde. Die GmbH hatte nämlich im Jahr 2014 ihr Anlagevermögen verkauft und seit November 2014 keine Zahlungen mehr geleistet.
Die Klage des Ehemanns war hingegen wegen der Nullfestsetzung unzulässig. Zwar hätte der Ehemann auch eine Verlustfeststellung erreichen können, um den Verlust in der Zukunft mit positiven Einkünften verrechnen zu können. Er wollte aber einen Rücktrag des Verlustes in das Vorjahr 2013. Über einen solchen Verlustrücktrag ist im Rücktragsjahr, also 2013, zu entscheiden, nicht im Jahr der Entstehung des Verlustes (2014).
Hinweise: Anders als seine Ehefrau unterlag der Ehemann nicht der Abgeltungsteuer, da er zu mindestens 10 % an der GmbH beteiligt war, nämlich zu 100 %. Seine Kapitaleinkünfte werden daher regulär mit seinem individuellen Tarif versteuert und können deshalb auch mit anderen positiven Einkünften als den Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden; zudem ist für den Ehemann auch ein Verlustrücktrag möglich. Für die Ehefrau, die der Abgeltungsteuer unterlag, war der Verlustrücktrag ausgeschlossen.
Der Ehemann kann grundsätzlich einen Änderungsantrag für 2013 stellen. Das Finanzamt muss dann entscheiden, ob der Verlust anzuerkennen ist und ob er bei den Kapitaleinkünften zu berücksichtigen ist oder bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb, zu denen Gewinne und Verluste aus der Veräußerung wesentlicher GmbH-Beteiligungen gehören. Hinsichtlich der Festsetzungsverjährung würde es genügen, wenn der Ehemann seinen Antrag auf Berücksichtigung eines Verlustrücktrags in das Jahr 2013 vor dem Eintritt der Verjährung für das Streitjahr 2014 gestellt hat; ob dies der Fall ist, lässt sich dem Fall nicht entnehmen.
BFH, Urteil vom 27.10.2020 - IX R 5/20; NWB