Betriebsausgabenabzug bei Zahlungen an ausländische Briefkastengesellschaft
Thema: Steuern: Unternehmer
vom: 08.11.2022
Der Betriebsausgabenabzug eines Unternehmers für Zahlungen an eine ausländische Briefkastengesellschaft kann nicht aufgrund eines erfolglosen Benennungsverlangens beschränkt werden, wenn die ausländische Briefkastengesellschaft dem Unternehmer Bauleistungen in Rechnung gestellt hat und der Unternehmer hierfür Bauabzugsteuer angemeldet und abgeführt hat. Es kommt dann nämlich zu einer gesetzlichen Sperrwirkung der Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs, und zwar auch dann, wenn die ausländische Briefkastengesellschaft die Bauleistungen nicht erbracht haben sollte.
Hintergrund: Werden an einen Unternehmer Bauleistungen erbracht, muss dieser grundsätzlich eine Bauabzugsteuer von 15 % einbehalten und an das Finanzamt abführen, es sei denn, der leistende Bauunternehmer verfügt über eine Freistellungsbescheinigung, die ihm auf Antrag erteilt wird, nachdem das Finanzamt geprüft hat, ob der Bauunternehmer voraussichtlich seine steuerlichen Pflichten erfüllen wird.
Auf Verlangen des Finanzamts muss der Unternehmer nachweisen, wer der Empfänger der von ihm geltend gemachten Zahlungen ist, sog. Benennungsverlangen. Anderenfalls kann das Finanzamt den Betriebsausgabenabzug versagen oder zumindest beschränken. Dies gilt nach dem Gesetzeswortlaut aber nicht, wenn der Unternehmer Bauleistungen empfangen hat und hierfür die Bauabzugsteuer einbehalten und abgeführt hat.
Streitfall: Die Klägerin war eine GmbH & Co. KG, die im Baubereich tätig war. Sie erhielt Rechnungen von britischen Subunternehmen und leistete im Streitjahr 2002 Zahlungen an diese in Höhe von ca. 950.000 €. Bei allen britischen Subunternehmen handelte es sich um wirtschaftlich nicht aktive Briefkastengesellschaften. Die Klägerin behielt von den Zahlungen die Bauabzugsteuer von 15 % ein und führte diese an das Finanzamt ab. Das Finanzamt richtete an die Klägerin ein Benennungsverlangen und forderte sie auf, den tatsächlichen Empfänger der Zahlungen zu benennen. Nachdem die Klägerin diesem Benennungsverlangen nicht nachgekommen war, kürzte das Finanzamt den Betriebsausgabenabzug in Höhe von 70 %, so dass nur 30 % von 950.000 € als Betriebsausgaben anerkannt wurden.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
Die Kürzung des Betriebsausgabenabzugs aufgrund eines nicht erfüllten Benennungsverlangens ist nach dem Gesetz nicht möglich, wenn der Unternehmer Bauleistungen als Betriebsausgaben geltend macht und auf die Bauleistungen Bauabzugsteuer einbehalten und abgeführt hat.
Dies gilt auch dann, wenn es sich bei demjenigen, der die Bauleistungen in Rechnung gestellt hat, um eine ausländische Briefkastengesellschaft handelt, die wirtschaftlich nicht aktiv ist. Der Gesetzeswortlaut ist insoweit eindeutig.
Der Gesetzgeber hat bei der Einführung der Bauabzugsteuer gesehen, dass Bauleistungen von Scheinunternehmen oder Briefkastengesellschaften in Rechnung gestellt werden könnten, und auch insoweit die Einbehaltung und Abführung der Bauabzugsteuer angeordnet. Zugleich wollte der Gesetzgeber damit aber den Leistungsempfänger aus der Gefahr eines Benennungsverlangens herausnehmen.
Hinweise: Eine einschränkende Auslegung des Gesetzes zulasten der Klägerin hat der BFH abgelehnt, da der Gesetzeswortlaut Folge einer bewussten rechtspolitischen Entscheidung des Gesetzgebers ist. Gleichermaßen hat der BFH einen Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verneint. Empfänger von Bauleistungen werden nicht gleichheitswidrig bevorzugt, da sie die Bauabzugsteuer einbehalten und abführen müssen.
Auf zwei Fragen ist der BFH nicht eingegangen: Wenn die ausländischen Briefkastengesellschaften wirtschaftlich nicht aktiv waren, warum sind dann die Zahlungen an sie betrieblich veranlasst und damit Betriebsausgaben? Sind die in Rechnung gestellten Bauleistungen überhaupt – und zwar von einem anderen Unternehmer – erbracht worden?
Quelle: BFH, Urteil v. 9.6.2022 - IV R 4/20; NWB