Aussetzung von Säumniszuschlägen aufgrund verfassungsrechtlicher Zweifel

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Thema: Steuern: Alle Steuerzahler

vom: 25.01.2022



Der Bundesfinanzhof (BFH) gewährt Aussetzung der Vollziehung von Säumniszuschlägen in Höhe des hälftigen Betrags und begründet dies mit verfassungsrechtlichen Zweifeln an der Höhe der Säumniszuschläge. Die Säumniszuschläge haben nämlich unter anderem auch eine zinsähnliche Funktion, so dass die verfassungsrechtlichen Zweifel, die für die Höhe des Zinssatzes gelten, insoweit auch für Säumniszuschläge gelten.

Hintergrund: Bei einer verspäteten Zahlung werden Säumniszuschläge in Höhe von 1 % monatlich des rückständigen Betrags verwirkt. Sie sind also doppelt so hoch wie Nachzahlungszinsen, die monatlich 0,5 % betragen.

Sachverhalt: Der Antragsteller entrichtete die Umsatzsteuer für August 2018 verspätet, so dass für den Zeitraum vom 11.10.2018 bis 10.11.2018 Säumniszuschläge erhoben wurden. Auf Antrag des Antragstellers erließ das Finanzamt einen Abrechnungsbescheid über die Säumniszuschläge, gegen den der Antragsteller Einspruch einlegte und die Aussetzung der Vollziehung beantragte. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte das Finanzamt ab.

Entscheidung: Der BFH gewährte die Aussetzung der Vollziehung in Höhe der hälftigen Säumniszuschläge:

  • Säumniszuschläge verfolgen mindestens einen doppelten Zweck. Sie stellen zum einen ein Druckmittel dar und sollen den Steuerpflichtigen zur pünktlichen Zahlung anhalten. Zum anderen haben sie einen zinsähnlichen Charakter, weil sie einen Ausgleich für das Hinausschieben der fälligen Steuern darstellen. Außerdem sollen sie den Verwaltungsaufwand des Finanzamts, der aufgrund einer verspäteten Zahlung entsteht, ausgleichen.

  • An der Höhe des Zinssatzes von 6 % jährlich bestehen nach der Rechtsprechung des BFH verfassungsrechtliche Zweifel. Diese Zweifel gelten auch für die Säumniszuschläge, soweit sie einen zinsähnlichen Charakter haben.

  • Da die Säumniszuschläge mindestens einen doppelten Zweck verfolgen – Druckmittel und zinsähnlicher Charakter –, war die Vollziehung der streitigen Säumniszuschläge zur Hälfte auszusetzen. Soweit die Säumniszuschläge ein Druckmittel darstellen, ist keine Aussetzung der Vollziehung zu gewähren.

  • Offenbleiben kann, ob bei der Aussetzung der Vollziehung auch der weitere Zweck der Säumniszuschläge, den Verwaltungsaufwand des Finanzamts auszugleichen, zu berücksichtigen ist.

Hinweise: Der aktuelle, erst jetzt veröffentlichte Beschluss des BFH stammt aus dem Mai 2021, ist also vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Verfassungswidrigkeit des gesetzlichen Zinssatzes von 6 % für Verzinsungszeiträume ab 1.1.2019 ergangen. Für Verzinsungszeiträume vom 1.1.2014 bis 31.12.2018 hält das BVerfG den Zinssatz von 6 % jährlich zwar ebenfalls für verfassungswidrig; es hat insoweit aber die Fortgeltung des an sich verfassungswidrigen Zinssatzes angeordnet, so dass für den hier streitigen Zeitraum Oktober/November 2018 der gesetzliche Zinssatz von 6 % anzuwenden ist. Daher hätte der BFH keine Aussetzung der Vollziehung gewähren dürfen.

Anders ist dies aber für Zeiträume ab 1.1.2019: Hier kann aus dem BFH-Beschluss abgeleitet werden, dass für Säumniszuschläge, die ab dem 1.1.2019 verwirkt werden, in Höhe des hälftigen Betrags Aussetzung der Vollziehung zu gewähren ist. Die Höhe dürfte sich aber noch mindern, sobald der Gesetzgeber mit Wirkung ab 1.1.2019 den neuen Zinssatz verabschiedet. Möglicherweise wird der Gesetzgeber dann auch über eine Minderung der Höhe des Säumniszuschlags nachdenken müssen.

BFH, Beschluss v. 26.5.2021 - VII B 13/21; NWB

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